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Rassismus auf Bayern 3?

Wir müssen noch einmal über Mathias Matuschik sprechen:

Heilige Scheiße, der Mann hatte eine schlechte Woche. Nachdem er dachte, er mache ein paar polemische Späße gegen Boyband-Darling BTS, glühten erst die Beschwerdehotlines bei seinem Sender. Vielleicht dachten sie, das Schlimmste wäre damit ausgestanden, aber weit gefehlt: An Tag zwei ging die Geschichte durch die koreanische Presse. An Tag drei dann durch die weltweite. Sogar US-Megastars haben sich für die Boyband in die Bresche geworfen. Wer hätte gedacht, dass Bayern 3 so viel Reichweite entfalten kann?

Um noch einmal unseren Text von letzter Woche zu ergänzen: Es ist ein kompliziertes Phänomen, denn die Antwort auf sein Bit ist gleichzeitig eine Überreaktion und doch ein wichtiges Happening. In seiner Sendung warf er BTS wegen eines Coldplay-Covers vor, so schlimm wie der Corona-Virus zu sein, wünschte sich eine Impfung für ebenjene und sprach sich schließlich von Rassismus frei, weil er ja ein südkoreanisches Auto besitze. Wir erinnern uns: Das war ein ziemlich großes yikes.

Das Ding ist: Anti-Asiatische Witze sind in deutschem Kabarett so gängig, man könnte sich erschrecken. Erst kürzlich ging ein Image-Makro durch die sozialen Medien, das alle Plattwitze in Heute Show und Extra 3 sammelte, die plumpste Asiaten-Klischees bis in die letzten Jahre für Comedy-Gold hielten. Und auch das sind Institutionen, die sich eigentlich klar als Antirassisten positionieren. Die Gesellschaft wird eben die Witze machen, die sie für machbar hält - und weil wir in Deutschland bis unlängst quasi gestern und wahrscheinlich auch noch morgen dachten, Asiaten sind Freiwild für stupideste Witze, hat sich auch Kollege Matuschik sehr frei gefühlt, so richtig übel die Stammtisch-Flautze herauszulassen.

Ist er ein schlechter Mensch? Vermutlich nicht. Aber er zeigt schonungslos, dass wir uns alle nicht zu sicher fühlen sollten, unproblematisch und egalitär zu denken. Alte, schmerzhafte Stereotypen durchseuchen unser aller Kopf - und nur, weil es bisher weniger Pushback bei Rassimus gegen Asiaten gab, sollte es nicht immer noch quasi komplett gesellschaftsfähig sein, eben den herauszulassen. So leid es mir tut, dass Matuschik nun mit sehr vielen sehr bösen Nachrichten und globalem Gegrilltwerden klarkommen muss, vielleicht tut es Deutschland gut, zu sehen, dass Rassismus nicht nur dann schlimm ist, wenn dafür Gegenwind zu erwarten ist. Eigentlich sollte unser aller Anspruch sein, dass Antirassismus nicht nur da stattfindet, wo er gerade politisch brisant ist. Er sollte vielmehr eine generelle Haltung sein, die wir aktiv produzieren. Immer.

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