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Dickmove von Marathonmann

Wir kommen von der noblen Geste zu einem ziemlichen Dickmove.
Täter: Marathonmann
Opfer: Kind Kaputt
Ausgangslage: Die beiden Bands hatten eine gemeinsame Tour geplant; Marathonmann als Headliner, Kind Kaputt im Supportslot.

Die Konzertreise hätte ursprünglich schon im September 2020 stattfinden sollen, wurde aber aus bekannten Gründen mehrfach verschoben. Beide Seiten gaben zunächst ihr Möglichstes, das Package aufrechtzuerhalten. Im März 2023 schienen nun endlich Termine gefunden, um die Shows spielen zu können. Kind Kaputt hielten diesen Zeitraum eigener Aussage zufolge bereits seit etwa einem Jahr frei von anderen Verpflichtungen, um die Tour spielen zu können. Anfang Dezember offenbarten Marathonmann ihnen jedoch plötzlich einen Change-of-plans. Aufgrund eines stilistischen Wandels in den vergangenen Monaten hielten die es nun nicht mehr für passend, am Package mit Kind Kaputt festzuhalten und buchten stattdessen lieber einen anderen Supportact. Kind Kaputt stehen nun mit einem umsonst freigehaltenen Frühjahr 2023 ohne Konzerte, unnötig nachproduziertem Merch, zwei Jahre vergeblichen Promotion-Aufwands für die Tour und entsprechenden Kosten sowie Einnahmensausfällen da.

"Wir haben die Absage erst vor einer Woche erhalten und sind bis dahin davon ausgegangen, dass wir spielen werden", schreiben Kind Kaputt in einem Statement auf Instagram. "Erst vor zwei Wochen haben wir Merch nachproduzieren lassen, um auch für die Support-Tour genügend Vorräte zu haben und werden auf den Kosten dafür jetzt deutlich länger sitzen bleiben als geplant. [...] Wir halten diese 5 Wochen Tourzeitraum seit einem Jahr frei und haben deshalb keine weiteren Konzerte für Anfang des nächsten Jahres gebucht. Zur Einordnung: In der aktuellen Situation wollen alle Bands und Künstler:innen natürlich so viel wie möglich spielen. Es wird für uns deshalb sehr schwer, so kurzfristig noch weitere Shows in dem Zeitraum zu buchen. Vor allem Support-Slots, die für das Wachstum einer Band von enormer Bedeutung sind."

Am Tag des Statements hatten Marathonmann gerade die neuen Tourtermine für 2023 offiziell angekündigt und dabei den Lineup-Wechsel nicht groß thematisiert. "Neue Musik, neues Motto, neuer Look, quasi neue Tour", schrieben sie. Nach der Erklärung von Kind Kaputt dauerte es nicht lange, bis zahlreiche wütende Fans einen kleinen Shitstorm auf die Münchener Post Hardcore-Kapelle losließ. Von "Punkverrat" ist dort die Rede, vor allem sei es "unkollegial". Viele drohten mit der Rückgabe ihrer Tickets und äußerten Unverständnis angesichts der fadenscheinigen Stil-Begründung. Schließlich sei die zweite Supportband Sperling nach wie vor mit an Bord und nicht so sehr anders geartet. Ganz abgesehen davon, dass viele Ticketinhaber:innen ihre Karten ohnehin bereits gekauft hatten, als Marathonmann ihren Stilwandel in poppigere Gefilde noch nicht vollzogen hatten.

Nach einer Weile reagierten Marathonmann dann doch mit einem Statement auf die Vorwürfe. Man habe so "richtig reingeschissen", heißt es dort. "Unsere heutige Art und Weise der Kommunikation nach außen war falsch. Das geht zu 100 Prozent auf unser Konto, und dafür möchten wir uns entschuldigen. In Anbetracht unserer musikalischen Veränderung, die wir vor über drei Jahren, als die Tour ursprünglich mal angekündigt wurde, noch nicht absehen konnten, dachten wir nun, es wäre eine gute Idee, einen Support-Act auf die Tour mitzunehmen, der musikalisch in eine etwas andere Richtung geht und kamen deswegen zu dieser Entscheidung. Direkt nachdem diese getroffen wurde, haben wir im Hintergrund natürlich mit Kind Kaputt gesprochen, uns erklärt und uns auch für diese Entscheidung entschuldigt. Dass wir damit allerdings so viele Fans, auch die, die nur für Kind Kaputt kommen wollten, vor den Kopf stoßen, haben wir nicht bedacht, und für diese Fehleinschätzung möchten wir uns aufrichtig entschuldigen!"

Bevor man den Schwarzen Peter alleine Marathonmann zuschiebt, lohnt allerdings ein genauerer Blick auf das neue Line-up. Für Kind Kaputt rückte Bobby Lies nach – der ebenso wie Sperling und Marathonmann von Kingstar Music im Booking vertreten wird. Nicht in deren Roster finden sich dagegen Kind Kaputt. Nicht unwahrscheinlich also, dass von dieser Seite Hebel in Bewegung gesetzt wurden, um einem weiteren Act aus dem eigenen Stall eine gute Auftrittsmöglichkeit zu verschaffen. Je nach Absprachen und vertraglicher Situation wäre das eine durchaus legitime und nachvollziehbare Aktion, gerade angesichts der nach wie vor schwierigen Livelage. Ein Dickmove gegenüber Kind Kaputt bleibts trotzdem.

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