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Ritual Ambient

Was ist das? Ritual Ambient bezeichnet die Strömung von Ambient-Musik, die sich in jedweder Kapazität mit dem Rituellen, Übernatürlichen oder Okkulten beschäftigt. Das bedeutet, dass natürlicherweise sehr viel Überschneidung mit Dark Ambient und Tribal Ambient stattfindet und auch eine Menge Alben von Gruppen oder Künstlerinnen und Künstlern nachträglich in den Kanon eingetragen wurden, die sich ihrerzeit als Noise- oder Electronica-Musiker verstanden haben. Trotzdem kann man einen Trend festmachen, der nach den 80ern mit den Alister Crowley-Faszinationen der Band Psychic TV losgetreten war und in alle Richtungen der spirituellen Welt ausgeschwärmt ist. Projekte wie Lustmord, Nocturnal Emissions, SPK oder Coil sind dem Subgenre zugeschrieben und vertreten den Spirit passend, ziehen Inspirationen aus dem damaligen Begriff der Weltmusik und kombinieren es spürbar mit einem Zeitgeist, der noch nah an Acts wie Throbbing Gristle, John Cage oder der Kraut Rock-Bewegung stattfand. Es ist Ambient im Geiste, ja, aber im Vergleich zu Budd, Eno oder Yoshimura geht auf diesen Alben überraschend viel ab.

Wie war das Album? Angehört habe ich mir zuerst "Daughters Of Darkness" von Natural Snow Buildings, bin dann aber vor den siebeneinhalb Stunden Laufzeit zurückgeschreckt und habe nach Disc 1 mit "Zamia Lehmanni: Songs Of Byzantine Flowers" von SPK weitergemacht. Dieses 1987 erschiene Album der australischen Band SPK teilt trotz 20 Jahren Zeitunterschied ein paar musikalische Elemente, die ich dann auch in Singles von Lustmord und Coil wiedergefunden habe. Ich würde es als andächtige Filmmusik beschreiben, die großflächige Ambience-Drones mit Kathedralen-Potential mit diesen dick aufgetragenen Samples aus dem nahen Osten, Zentralasien oder Indien anreichern. Es ist evokativ, aber mir persönlich ein Mü zu dramatisch und ich bin ehrlicherweise nicht ganz happy mit dem sehr exotisierenden Modus des Schauens, den diese Alben auf andere Kulturen haben. Es hat ein bisschen diese Energie des einen Stoner-Kumpels, der sich seit seinem LSD-Trip verdammt krass für Tibet interessiert, aber neben YouTube-Musik-Compilations bestenfalls einen Wikipedia-Artikel darüber gelesen hat. Vielleicht tue ich den Gruppen damit unrecht, aber mir persönlich taugt der subtilere Ambient mehr.

Genre-Rating: Es hat eine Stimmung und ein Gefühl, das bestimmt seinen Ort und seine Zeit hat. Der Sound ist interessant. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass die Ritual-Zuschreibung des Genres eher eine Suche nach Platten ist, die einer Funktion dienen als eine wirkliche musikalische Bewegung.

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