laut.de-Kritik
Der Folk-Rock erzählt von zwielichtigen Gestalten.
Review von Giuliano BenassiEin billig aussehendes Cover mit einem noch billiger klingenden Bandnamen - die Vorzeichen stehen bei diesem Album nicht gut. Allerdings grinst einem bei Öffnen der Hülle eine Braunhaarige frech entgegen, ohne dabei direkt in die Kamera zu schauen. Diese Überraschung reicht mit den ersten Noten der CD aus, um ein anderswo eher unglückliches Händchen vergessen zu machen.
"Carrie Lee, Carrie Lee, are you gonna dance with me?" fragt ein abgewiesener Liebhaber nach 40 Jahren die einst wunderschöne Angebetene. Oder handelt es sich eher um einen Wüstling? "Dein Vater versuchte dich zu warnen, 'du bist noch ein Mädchen'", singt Suzie Ungerleider mit süßer, aber fester Stimme. Eine Behauptung, die sich nicht so einfach belegen lassen dürfte, schließlich hat die Kanadierin schon in ihren vorausgegangenen Alben mit zwielichtigen Gestalten gespielt und sie besungen.
"Right By Your Side" handelt von einer Frau, die mit "billigem Fusel und blindem Glauben" seit "22 Stunden und 45 Tagen" nach ihrem verlorenen Liebhaber sucht. "Mama" dagegen von einer abgehauenen Tochter, die die Gewalttaten des Schwiegervaters gegenüber ihrer Mutter nicht mehr ertragen konnte. Die achtjährige Zoe klatscht ihren Geburtstagskuchen an die Wand, weil der "Tortenguss so schön die Wand runtertropft". Es ist ein recht buntes Universum, dem Ungerleider in ihren Liedern Leben einhaucht.
Zwischen Folk und ruhigem Rock mit einer Prise Country angesiedelt, besingt sie mit einfühlsamer Stimme die Schönheiten einer Liebesbeziehung ("The One", "Down By The Quarry", "The Fall"), aber auch mögliche Schattenseiten ("Little White Lies", den Junkie "Billy"). Eher aus der Reihe tanzt "Cain Is Rising", eine Abrechnung mit der US-amerikanischen Politik der letzten Jahre ("Herr Politiker, du sagst, es sei Zeit, einen heiligen Krieg zu führen. Ich aber brauche keinen Fernseher um festzustellen, dass schon einer hinter meiner Tür tobt"). Mit seinen funkigen Gitarren ist es auch das fetzigste Stück des Albums.
Künstlername hin oder her - der Besuch eines ihrer Deutschlandkonzerte im Herbst dürfte genauso wenig enttäuschen wie das Anhören dieses Albums.
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