laut.de-Kritik
Reichlich Fanfaren und große Gesten.
Review von Sven KabelitzDer Soundtrack zu "Arcane League of Legends: Season 2" ist dumm. Er ist übertrieben, unnachgiebig und hyperdramatisch. Mit jedem erdenklichen Klischee vollgepackt, kennt er kaum Nuancen, bleibt so subtil wie ein The Prodigy-Auftritt in einer Schweigeminute. In den besten Momenten ist all dies genau der Grund, warum er funktioniert. In den schlechten der, warum er scheitert.
Diese Welt aus Fanfaren und großen Gesten, in der jeder Refrain doppelt so laut wie der Rest der Songs schreit, fasst Marcus King in "Sucker" tatsächlich mit den Worten "Good luck killing me 'cause I'm already / Already dead inside" zusammen. Teenagerherzen seufzen auf und fühlen sich zutiefst verstanden.
Der von Showrunner Christian Linke zusammengestellte Soundtrack beinhaltet zum großen Teil extra für diesen entstandenen Stücke. Diese fügen sich so perfekt in die bildgewaltige Sprache der im League-of-Legends-Universum spielenden Netflix-Serie ("No Spoilers"), dass sie einem im Zusammenspiel viel größer erscheinen, als in dem Moment, in dem man sie von ihnen trennt. Funktionieren andere Soundtracks auch abseits von Film und Serie, stolpert "Arcane League of Legends: Season 2" immer wieder über den eigenen Größenwahn. Oft fällt es schwer ohne die Bilder einen emotionalen Bezug zu den Stücken zu finden. Erscheint etwa Eason Chans (陳奕迅) "這樣很好 (Isha's Song)" in einer der emotionalsten Szenen überlebensgroß, bleibt er ohne diese seltsam blass.
Dabei verfügt der Soundtrack über eine seltsame Dynamik, kommt erst langsam in die Gänge. Zu Beginn steht mit "Heavy Is The Crown" eine Erinnerung an das diesjährige Linkin Park-Comeback. Das Stück bekommen hier aber nur Mike Shinoda und Emily Armstrong gutgeschrieben. Die langsam beginnende, dann derb vor sich hin schleppende Version wirkt wie ein Outro, das noch einmal den "From Zero"-Track aufgreift und nach gerade einmal 1:41 Minuten endet.
Andere Acts wie Fever 333 ("Hellfire") oder Zang knüppeln einfach munter drauf los. Wobei Zang den Titel des garstigen "Cocktail Molotov" nahezu wörtlich meint. Der auch schon auf dem ersten Soundtrack vertretene Woodkid gibt sich da deutlich vielschichtiger. Hinter dem bockalbernen Titel "To Ashes And Blood" (jesses) versteckt sich ein atmosphärischer Track mit pochenden Percussions, Bassgewummer und bulgarischen Gesängen.
Komplett aus der Reihe fällt Mick Wingerts Country-Titel "Spin The Wheel". "Wasteland" klingt so, als hätte man trotz des 250 Millionen Dollar Budgets am Ende kein Geld mehr für Billie Eilish gehabt. Also heuerte man am Ende Royal & The Serpent an und bat die Sängerin darum, diese ein wenig zu kopieren und so etwas ähnliches wie "No Time To Die" zu schreiben. Es hätte deutlich schlimmer enden können.
In "Come Play" kommen Stray Kids (für die Älteren: Das ist K-Pop) und Tom Morello (für die Jüngeren: So ein amerikanischer Gitarren-Opa) zusammen. Hinzu kommt mit Young Miko Rap aus Puerto Rico. Würde man mehr von Morello hören, man könnte von einem Aufeinandertreffen von Generationen, Kulturen und Genres schreiben. Tut man aber nicht. Die Hook bleibt dennoch einprägsam.
Zuletzt plustern Imagine Dragons und J.I.D "Enemy" aus der ersten Season noch einmal auf und schenken ihm ein neues Gefieder, so dass der Song zwischen den anderen nicht ganz so verstaubt wirkt. Besser macht es das Ding auch nicht.
Wie immer bei einer Fortsetzung - außer "Joker: Folie à Deux" - gilt: Mehr Explosionen. Ein Motto, an das sich auch "Arcane League of Legends: Season 2" hält. Kam Staffel eins noch mit elf Liedern aus, verdoppelt die zweite die Anzahl. Dabei hätte manch ein Rohrkrepierer gerne daheim bleiben können. Dennoch gelingt es in Teilen, die Energie der Serie einzufangen.
Noch keine Kommentare