laut.de-Kritik
Verschwende dein Geld für eine wiedererblühte NDW-Jugend!
Review von Jasmin LützNeben dem ganzen Retro-Schwachsinn und Reunion-Quatsch (müssen The Doors wirklich noch mal auf Tour gehen?) gedeiht der Wiederveröffentlichungswahn oller Platten. Das kann einem schon mal sehr auf die Titten gehen.
Das kann aber auch sehr unterhaltsam sein. Es gibt Bands, denen ich die Wiederaufmerksamkeit gönne. Palais Schaumburg ist eine Formation, die ihrer Kultplatte "Lupa" noch einmal eine Chance geben. Besser gesagt gibt das Hamburger Label Tapete den Jungs eine günstige Gelegenheit, nicht in Vergessenheit zu geraten. Verschwende dein Geld für eine wiedererblühte Jugend. Eine erneute Entdeckung durch die NDW-Historie, jenseits von Nerv-Töle Nena und Höllenboje Joachim Witt.
Palais Schaumburg mit Thomas Fehlmann, Ralf Hertwig, Timo Blunck, Stefan Bauer und Walter Thielsch, der den ersten nicht ersetzbaren Mentor Holger Hiller ablöste und somit seine eigenen Texte in die Band brachte. Das war anfangs gar nicht mal so einfach und sorgte für große Verwirrung, sowohl innerhalb der Band, als auch bei den Pressemenschen. Es kann nur einen wahren Palais Schaumburg-Frontmann geben. Und das ist und war bis heute Holger Hiller.
Dennoch erscheint ein zweites Album. "Lupa" sorgt 1982 für abwechslungsreiches Aufsehen in New York, Schweiz, Niederlande, England und Deutschland. Ohne Gitarrensound und fachmännische musikalische Ausbildung gelten die Schaumburgs heute als anerkannte Band, die sich an die Spitze der NDW-Elite rockte. Unter Brian Ferry auf dem Titelblatt des NME stehend, Starfotograf Anton Corbijn dabei stets mit Kamera im Nacken, entsteht eine neue Zicken-Punk-Popper-Generation.
Mit Funk-Pop-Rhythmen tanzten wir uns damals und heute durch die lustige Neue Deutsche Welle-Unterhaltung. Wer erinnert sich nicht an die Klamotte "Hockey" (hier als Bonus-Track wiederbelebt), für die Mr. Corbijn eigens ein Video produzierte. Oder die internationale Hymne "Europa heißt Amerika" und das künstlerische "Stich auf Stich". Die romantische Liebeserklärung wurde von Walter Thielsch geschickt in Rosennamen eingebettet, und mit "Rosen" kann man heute noch seine Angebetete entzücken. Neben den elf Klassikern findet der Wiederentdecker drei Extra-Songs vor und ein ewig langes Booklet mit allen Informationen, die das wiedervereinigte Herz braucht.
Palais Schaumburg mögen schon damals für feuchte Hände gesorgt haben und lassen heute erneut einige Augen tüchtig glänzen. Die Wurzel ist der Punk, die Blüte die rockende NDW-Knospe. Ein bunter Strauß, der jeder Zeit wiedergehört werden darf und aufs neue erblüht.
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