laut.de-Kritik
Böse wütender Funk, nur leider mit zu viel Füllstoff.
Review von Sven KabelitzPharrell Williams geht mir gehörig auf den Senkel! Auf gefühlt jedem zweiten Album, das momentan in der Redaktion hereinschneit, findet sich sein Name. Letzte Woche erst verewigte sich Williams mit "I Was Gonna Cancel" auf Kylies "Kiss Me Once". In seiner Logik ein nur all zu konsequenter Auftritt, da er sich mittlerweile mitsamt seiner Neptunes-Zweitstelle längst zu einer Art Stock Aitken Waterman der Neuzeit entwickelt hat. Eben jenem ehemaligen britischen Produzententeam für den schnellen Wegwerf-Hit, bei dem die Karriere von Frau Minogue begann.
Doch während Pharrell glücklich durch die Gegend hüpft oder Robin Thickes großen Penis zelebriert, findet er tatsächlich noch Zeit, mit der wunderbar schrägen Paloma Faith den böse wütenden Funk "Can't Rely On You" zu produzieren. In diesem dringlichen Opener, der die Seele von Kelis' "Caught Out There" in sich trägt, schreit und geifert die Londonerin zu Kuhglocken und satten Bläsern. Da fängt der kleine Prince, der in den letzten Jahrzehnten nach und nach seinen Groove verloren hat, bitterlich an zu weinen und möchte bitte aus dem Kinderparadies abgeholt werden.
Auch mit dem folgenden zusammen mit Raphael Saadiq geschriebenen "Mouth To Mouth" macht Paloma Faith noch alles richtig. Ihre Stimme verpasst diesem kühlen 1980er-Vintage-Funk zwischen, die Älteren unter uns erinnern sich, Taylor Dayne, der S.O.S. Band und der jungen Whitney Houston ordentlich Feuer unter dem Hintern.
In jedem Moment merkt man "A Perfect Contradiction" an, dass es die Engländerin mit ihrem dritten Album nun wirklich wissen möchte. Die sympathisch verstrahlte Sängerin, die in Interviews gerne wirkt, als habe man ihr eben noch schnell eine Bratpfanne übergezogen, versammelt neben Williams und Saadiq noch einige weitere Hochkaräter um sich. John Legend hilft ihr beim pompösen, von schweren Bläsern getragenen Soul-Track "Take Me". Die herausragende Ballade "Only Love Can Hurt Like This" aus der Feder der amerikanischen Hitmaschine Diana Warrens bietet ganz großes Drama und verteilt ihre emotionale Klarheit über mehrere Oktaven.
Leider geht Paloma Faith im weiteren Verlauf die Dynamik flöten. Erschreckend austauschbar kämpft sie sich durch zu viel Füllstoff. Zusammen mit Plan B kopiert sie in "Other Woman" dessen "The Defamation Of Strickland Banks"-Stil. "Taste My Own Tears" und "Trouble With My Baby" zeigen sie als uninspiriertes Amy Winehouse-Abbild. Wenn sie schließlich mit dem Fremdkörper "Impossible Heart" am Tiefpunkt anlangt, begibt sie sich auf viel zu schnödes 1980er-Pop-Niveau hinab. So hält "A Perfect Contradiction" summa summarum nicht ganz, was Verpackung und ein furioser Beginn versprechen.
6 Kommentare mit 2 Antworten
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.
werd ich definitiv mal reinhören,mal gespannt ob sich da wieder so perlen wie stone cold sobber oder freedom drauf befinden.
mal ne frage an die entsprechenden laut.de redakteure. gibt es da eigentlich ähnlich gelagerte interpretinnen die ihr guten gewissens empfehlen könnt ?
Prince soll seinen Groove verloren haben? Was für ein Quatsch. Er hat höchstens das Talent verloren, sich gut zu vermarkten und bessere Verträge an Land zu ziehen.
Dieser Kommentar wurde vor 10 Jahren durch den Autor entfernt.
Stimme mit der Review überein, ein paar Knaller nach gewohnter Manier und toller Stimme und ein wenig zu viel Füllstoff auf Albumlänge. "Can´t rely on you" zündet super! Insgesamt auch 3/5 von mir.
Seit bald 2 Jahren mein absolutes Lieblingsalbum von Paloma. Meine lieblings Songs sind: Trouble with my Baby; Mouth to Mouth; Can't Rely on you und Impossible Heart. Kann das Album jedem empfehlen!
PS: Ready for the good life ist auch Klasse!