laut.de-Kritik

Nach der funkensprühenden Single erlischt das Feuer.

Review von

Als Hayley Williams im vergangenen Sommer zusammen mit Billie Eilish auf der Coachella-Bühne stand, riss sie das Publikum mit ihren sicheren Belting-Vocals und funkensprühender Ausstrahlung vom Hocker. Neben dem zaghaft-flüsternden Gesang von Eilish wirkte Williams wie eine große Rock'n'Roll-Schwester, die wertvolle Ratschläge in Sachen Bühnenpräsenz zu verteilen hat.

Hayley Williams ist nicht mehr der Teenager, der vor allem wegen dem Soundtrack der "Twilight"-Filme bekannt wurde. Sie wirkt reifer und um einiges gelassener als noch vor ein paar Jahren. Nachdem sie mit ihrem Soloalbum "Petals For Armor" (2020) einen Abstecher in die musikalische Selbstständigkeit gemacht hat, ist sie seit 2022 wieder mit Paramore unterwegs. Die Band wechselte bislang öfter die Besetzung. Aktuell zählen außer Williams noch Drummer Zac Farro und Gitarrist Taylor York zu Paramore.

Nach einer über fünfjährigen Pause meldete sich die Band mit ihrer Single "This Is Why" zurück. Der funkige, energiegeladene Song ist schon beim ersten Hören ein absoluter Ohrwurm. Die Entscheidung, den Track zum Aushängeschild des Albums zu machen, muss sich von alleine getroffen haben. Der freche Text fordert dazu auf, die Meinung manchmal einfach für sich zu behalten: "If you have an opinion, maybe you should shove it" Den Refrain singen alle Bandmitglieder zusammen und man möchte am liebsten gleich mit einstimmen. Der Song erinnert in seiner Eingängigkeit an den Track "Hard Times" des Vorgänger-Albums "After Laughter" (2017).

Leider kann der Rest der Platte nicht mit der herausragenden Single mithalten. Insgesamt klingt es eher nach gelangweiltem Synth-Pop als nach dem freigeistigen Paramore-Sound von einst. York verstreut überall ein paar milde, post-punkige Gitarrenriffs, die sich oft wiederholen und selten im Ohr bleiben. Viele Songs weisen sphärische Akkorde und experimentelle Dissonanzen auf, die Hayleys gesangliche Interjektionen gelegentlich aufmischen.

Ein paar handfestere Rock-Songs sind dennoch dabei, zum Beispiel "The News" und "Figure Eight", dessen Zeile "I don't know how to stop" ein wenig an die Sounds der Riot Grrrls erinnert. Das zähe "Thick Skull" ist hingegen so ruhig, dass sich die Länge von gut vier Minuten fast doppelt so lang anfühlt. Die repetitive Zeile "C'est Comme Ça" des gleichnamigen Songs wäre bestens geeignet, als Soundtrack einer neuen Folge von "Emily in Paris" zu dienen. Positiv sticht der Pop-Song "Crave" hervor, dessen Refrain Williams' gesangliche Leichtfüßigkeit hervorragend zur Geltung bringt.

Inhaltlich befassen sich Paramore mit dem altbekannten Thema Trennungsschmerz, dem Älterwerden und dem alltäglichen Chaos. Im Song "You First" verarbeitet Williams ihre Trennung von Ex-Mann Chat Gilbert, Gitarrist der Band New Found Glory. Der Text dreht sich um Rachefantasien à la "Ich hoffe, das Karma trifft dich zuerst". "The News" handelt von der täglichen Informationsflut, der ein Mensch in der modernen Gesellschaft ausgesetzt ist und merkt an, dass es vor dem Leiden in der Welt kein Entkommen gibt. Denn alle Menschen sind miteinander verbunden: "Every second, our collective heart breaks / All together, every single head shakes / Shut your eyes, but it won't go away." Der nachdenkliche Text bildet eine Ausnahme auf dem Album, das sonst eher trivial daherkommt.

Vielleicht muss man Paramore einfach live erleben. Ein gutes Beispiel für die feurige Bühnenpräsenz der Band ist ihr kürzlicher "Tonight Show"-Auftritt bei Jimmy Fallon. Hayleys ausdrucksstarke Performance wirkt selbstbewusster und kraftvoller denn je und auch die Ausstrahlung von Farro und York reißt einfach mit. Möge diese unbändige Leidenschaft auf einem Folgealbum wieder mehr zur Geltung kommen.

Trackliste

  1. 1. This Is Why
  2. 2. The News
  3. 3. Running Out Of Time
  4. 4. C'est Comme Ca
  5. 5. Big Man, Little Dignity
  6. 6. You First
  7. 7. Figure 8
  8. 8. Liar
  9. 9. Crave
  10. 10. Thick Skull

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