laut.de-Kritik
Die perfekte Rock-One-Woman-Show: einfach Sex pur.
Review von Jasmin LützAlso eins muss man Peaches, bürgerlich Merrill Nisker, lassen: Sie liefert die perfekte Rock-One-Woman-Show ab. Mit viel Selbstironie und schmutzigen Gedanken. Sie animiert, provoziert und explodiert. Ohne Band, ohne Backline, ohne Mann! Nur mit einer Groovebox bekleidet und zwei Tänzerinnen schreit sie ihre Lyrics dem vorwiegend begeisterten Publikum entgegen. Zu Beginn erscheint sie mit langer, blonder Perücke, Glitter-Gitarre und einem knappen Outfit, dass sich während der Live-Performance zu mindestens sechs verschiedenen Kostümen verwandelt.
Mal lasziv-mädchenhaft im rosa Latex-Höschen, mal sadomaso-mäßig rebellisch in schwarzem Lack. Und einfach nur Sex pur. Allerdings sollte man auf Pudelfrisuren stehen! Peaches ist mit Bands wie The Cramps groß geworden. Das merkt man, wobei sie bisher noch keine Anti-Faltencreme benötigt. Auch mit Cellulite scheint sie keine Probleme zu haben. Möglichst knapp und eng muss die Reizwäsche anliegen. Mal auf dem Boden liegend, mal in der Masse des Publikums untergehend, präsentiert die pralle Pfirsichfrucht vorwiegend ihr neues Album "Fatherfucker".
Schlüpfrige Elektro-Girl-Sounds, die man auch schon von ihrem Debüt "The Teaches Of Peaches" bejubeln oder beklagen konnte. Sie schreit alles raus, was viele nur denken. Ein Blatt vor den Mund existiert nicht. Emanzipation hin oder her. Homosexuell oder Hetero. Amüsant ist, dass ich vorwiegend Frauen treffe, die von der Show fasziniert und voller Freude sind. Die männliche, homophobe Fraktion, die ja eher nur zufällig hier im Gebäude steht, ist doch eher ängstlich und weiß nicht so recht, wie sie reagieren soll. Die einen sprechen es so aus: "Ich find die ja nicht so erotisch und dann noch diese Haare unter den Armen. Igitt." Andere meinen, doch lieber den Proll raushängen zu lassen und schreien wie immer "Ausziehen"! Gähn.
Ich konzentriere mich wie der Hauptteil des Publikums lieber weiter auf die Bühne, denn da wird wenigstens für Abwechslung gesorgt. Sieht man mal vom Sound ihrer Musik ab, für meine Nerven auf Dauer doch zu aufdringlich, steigert sich die Kanadierin von Minute zu Minute. Es wird keinmal langweilig. Man muss nur am richtigen Ort stehen, um die ganze Show mit den Augen verfolgen zu können. Dies erweist sich als ein wenig beschwerlich, da das Konzert ausverkauft ist und die Frau nicht einmal länger als zwei Minuten an einem Punkt stehen bleibt. Das kleine Früchtchen strotzt nur so vor Energie und flippt wie wild auf der Bühne herum. Dabei immer wilde und obszöne Gesten in Richtung Zuschauerkulisse, die selbst das immer wieder lauthals bejubelt. Die Parole lautet wiederholt an diesem Abend: "Shake Your Titts, Shake Your Dicks"! Gemeinsam mit ihren beiden Tänzerinnen, deren 'beste Stücke' wie wild durch die Gegend wirbeln, lässt sie das Publikum kochen und an der Show auch aktiv teilhaben. Ein weiblicher Fan darf auf die Bühne und mitrocken!
Iggy Pop outete sich schon nach dem überraschenden Debüt der Ex-Wahl-Berlinerin als totaler Peaches-Fan. Da darf ein Battle-Duett auf dem neuen Album natürlich nicht fehlen. Als Bonbon rollt sich fast am Endes des musikalischen Theaterstücks eine Leinwand von der Decke und Iggy himself gibt sich die Ehre. "Kick It", baby! Nach soviel Power und Tanzerei hat das luftige Energiebündel dann Hunger und fragt das Publikum nach Food. Außer Zigaretten und Kaugummis nimmt sie alles. Da gibt es dann noch mal eine lockere Tutti-Frutti-Schau mit Apfel- und Bananengeschmack. Ein doch ziemlich verstrahlter junger Mann wird von Peaches gefüttert und möchte am liebsten gar nicht mehr von ihrer Seite weichen. Dann noch eine Gesangsdarbietung mit vollem Mund und die Lichter gehen an. Respekt! Keine Ahnung was Peaches von Robbie Williams hält, aber "Let Me Entertain You" könnte sie demnächst ruhig als fetzigen Opener zum Besten geben. Vielleicht dann auch mit Bart!
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