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Mit:
Datum: 30. November 2001
Location: Razzle Dazzle
Berlin
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Ausverkauftes Bandjubiläum in Berlins glühendster Rockerscheune.

Review von Michael Schuh

Als Nicht-Berliner ist man erstmal sprachlos. Zwar ist bekannt, dass Pothead aus Berlin kommen und dass das Trio seit mittlerweile acht Alben verlässlich rockt wie Angus. Doch rechnet man deshalb nicht gleich mit 800 Leuten, die stolze 39 DM im Vorverkauf für ein Ticket hinblättern und den Gig ausverkaufen. Um dem großen Andrang gerecht zu werden, wurde sogar ein Zusatzkonzert angesetzt. Überzeugender Heimspiel-Bonus. Erst später sollte ich erfahren, dass die Band im Oktober 1991 ihre erste Berlin-Show absolvierte. Happy Birthday!

So ist es wohl auch kein Zufall, dass mit dem Razzle Dazzle der Laden mit der vielleicht längsten Theke Berlins ausgewählt wurde. Dickes Leder, lange Haare und Bikerstiefel drängen zum Bierausschank, der von tätowierten Bardamen in Schach gehalten wird. Wenn solche Klischees der Wahrheit jemals nahe kamen, dann an diesem Abend. Denn das Razzle Dazzle ist eine glühende Rockerscheune im Western-Style und die Pothead-Fans entpuppen sich als durstige Krieger auf der Suche nach Häuptling Lautstärke.

Jener kommt in Gestalt der Herren Brad, Jeff und Sebastian Punkt Zehn auf die Bühne. Natürlich ist erstmal Gaspedal angesagt, in den vorderen Reihen fliegen Arme in die Luft, vereinzelt wird mitgesungen. Für die Mehrzahl ist aber der Flüssigkeitsnachschub zentraler Bestandteil des Abends. Selig liegen sich Menschen in den Armen, nicht ohne mit dem Bierbecher der Hallendecke zuzuprosten. Um solch tief liegende Gefühlserzeugungen wachzurufen, müssen sich Pothead nicht sonderlich anstrengen. Profihaft klotzen sie Riff an Riff, lassen die Wah Wahs quietschen und überzeugen mit solider Rhythmusarbeit. Brad und Jeff sehen in ihren Anzügen und den schwingenden Matten ein wenig aus wie ZZ Top, obwohl bei denen natürlich die Bärte kreisen. Artig bedankt sich Sänger Brad nach jedem Song und grinst seine Kameraden an, als wollte er sagen: "Oh Mann, wenn wir nur im Rest der Republik auch so treue Fans hätten."

Das ist den Deutsch-Amis für die nächsten zehn Jahre eigentlich zu wünschen, denn ihre Zwei-Stunden-Show lässt beim Fan ungestümer Rockmusik wenig Wünsche offen. Der wuchtige Bassburner-Hit "Indian Song" wurde natürlich euphorisch bejubelt und auch die neuen "Grassroots"-Sachen dampften ordentlich aus den Boxen. A propos, Hanf dampfen war im Razzle Dazzle strikt verboten. Das passt natürlich überhaupt nicht zu einer Jubiläumsparty, schon gar nicht zu Pothead. Wahrscheinlich haben sich deshalb so wenige daran gehalten.

Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Pothead

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