laut.de-Kritik
Klaustrophobe Ghetto-Tales eines Ausnahmerappers.
Review von Alexander EngelenZugegeben, "Ultimate P" könnte als schamlose Resteverwertung postwendend in den Papierkorb verschoben werden. Immerhin sitzt Prodigy zurzeit für dreieinhalb Jahre wegen illegalem Waffenbesitz im Knast und kann nicht viel an der Karriere arbeiten. Die perfekte Möglichkeit also, um mit einer Compilation mit der Halbwertszeit einer Rosine in der Mittagssonne Frau und Kinder daheim mit ein paar Extradollars zu versorgen.
Aber Obacht! Denn für diejenigen, die eine Schwäche dafür haben, wie Prodigy mit nonchalanten Raps und nölender Stimme Gesichtskochen zertrümmert respektive Rapkarrieren beendet, ist "Ultimate P" die erlösende Verkürzung der Wartezeit auf neuen Hardcore Rap-Wahnsinn aus dem Hirn des Imfamous Mobb Deep-Masterminds.
Prodigy bleibt der unbestrittene Held der Ghetto-Reportage in Rapformat. Weshalb? Weil er nicht nur einen feuchten Dreck darauf gibt, ob es dich interessiert, was er zu erzählen hat, sondern als ehrenwerter Hood-Reporter die wichtigste Spielregel wie ein Profi befolgt: Keep it simple!
Im Prodigy-Jargon heißt das: "I've seen all the shit there is to see. I've been through all the things there is to be!" Und weiter: "When you dying, you don't give a fuck about no money or nothing. You fade into black, homeboy, cause you got got" Das sind Worte, die jede Ghetto-Jungfrau aus der Klosterschule Wald versteht, besonders wenn die Raps punktgenau auf einer Bassline und einem göttlichen Gitarrenloop vorgetragen werden ("Got Got").
Bei Prodigy braucht der Hörer keinen persönlichen Zugang zur (möglichen) Lebensrealität des Protagonisten. Prodigy bringt die Queensbridge Housing Projects ins Kinderzimmer – roh, dreckig, wahrscheinlich überzogen, aber dennoch so subkutan wie jeder Stephen King-Roman. Gänsehaut mit Waffengewalt quasi.
Im fast vollendeten Maße gelang ihm das auf den letzten drei Alben "Return Of The Mac", "H.N.I.C. 2" und "Product Of The 80s", die alle nicht aufgrund von herkömmlichen Rapkriterien glänzten, sondern vielmehr durch Atmosphäre punkteten. Auf "Mac 10 Handle" etwa, das Prodigy von seiner besten (lies: krankesten) Seite zeigte: Conga Drums, ein tiefer Magenbass und
Wem es nach klaustrophoben Ghetto-Tales eines Ausnahmerappers mit Verfolgungswahn dünkt, der wird auch bei "Ultimate P" fündig. Zwar nicht ganz auf dem Level von "Mac 10 Handle", dennoch über weite Strecken auf amtlichem Elternschreck-Niveau. Die Komponenten dafür sind so vielfätig wie einfach: Ein höllisches Fiepen auf Belzebub-Beat bringt Prodigy zur bösen Beichte - "Lord, give us forgiveness. I feel I sold my soul to the devil".
Mit asiatischen Gebetsglöckchen wird düster 50 Cents "It's Your Birthday" neu aufgelegt, auf dem G-funkigen "Serial Killer" kommt der G-Unit-Chef selbst zu Wort (natürlich stielt ihm Prodigy die Show!). Im Zusammenspiel mit Young Buck und Choral-Gesängen klingt sogar die abgedroschenste Ghettophrase ("You can take me out the hood, but the hood's still in me!") wie eine neue Rapoffenbarung.
Natürlich wird die Selbstüberschätzung zur Lachnummer, wenn Prodigy nicht nur behauptet, er habe mehr Geld auf dem Konto als Jay-Z ("People Talking"), sondern kurz darauf noch in ermüdenden Interludes die Kunst des Dissens erklärt. Leider konnte man Gastbeiträge auch schon einmal mehr genießen als auf der ganzen Länge dieser Doppel-CD.
Dennoch bleibt Prodigy weiterhin der unberechenbarste Gangsterrapper jenseits von Aggro Berlin. Oder wann hat gleich noch mal dein favorisierter Ghetto-Kapitän auf einen A Tribe Called Quest-Beat ("Luck Of Lucien") gerappt? Eben!
5 Kommentare
Geht eigentlich ganz ordentlich nach vorne. Straighter, atmosphärischer Rap aus Queens, da weiss man einfach was kommt - negativ und positiv.
3/5 weil mir irgendwie die Instant Classics fehlen...
Ich bin raus...
Nettes Teil...mit Sicherheit nicht die beste Scheibe, aber Mobb Depp bleiben Ihrem Stil auch hier wieder treu...Fine!
Neue Platte von The Prodigy? Hab ich gar nicht mitbekommen.
Prodigy ist ein Rapper aus den USA und hat rein garnichts mit der Oldraveband "The Prodigy" zu tun!
aber man findet ihn trotzdem in der diskographie von "THE prodigy" ;D
außerdem heißt es in der review "iNfamous" und nicht "iMfamous"..