laut.de-Kritik

Für Tori Amos-Fans eine Alternative.

Review von

Wo "Soviet Kitsch" draufsteht, muss nicht unbedingt welcher drin sein. Der Albumtitel samt Cover mit den bunt bemalten russischen Holzpuppen ist wohl ein PR-Gag, denn mit den Liedern selbst hat er herzlich wenig zu tun (T-Shirts mit der Aufschrift "CCCP" verkaufen sich in letzter Zeit ja nicht gerade schlecht...). Komplett aus der Luft gegriffen ist er im Fall von Regina Spektor jedoch auch wieder nicht. Schließlich stammt die junge New Yorkerin selbst aus der ehemaligen UdSSR.

"Soviet Kitsch" ist bereits das dritte Album der ausgebildeten Konzertpianistin, und einstmals eingefleischte Fans von Tori Amos, die sich angesichts deren musikalischen Dahinsiechens neu orientieren möchten, sei die Dame wärmstens ans Herz gelegt.

In knapp 40 konzentrierten Minuten passiert viel, denn Regina ist großzügig mit ihrem beeindruckenden Talent. Ihr Stil ist individualistisch, die Musikrichtung - ja, doch - Alternative. Wenn schon "girl on the piano", dann wenigstens kein 08/15-Ding, scheint sie sich zu denken. Also baut sie in die ohnehin schon einfallsreichen Songs immer wieder kleine Spielereien ein. Und zwar auch an Stellen, wo es überhaupt nicht notwendig scheint, fast so als würde sie ein Foto von sich "verunstalten", indem sie sich eine Zahnlücke und Bartstoppeln verpasst.

In dem Fall tut sie es mit der Stimme. Sie tobt sich aus, was das Zeug hält und manchmal hat man fast Angst, dass sie irgendwie "übersteuert". Nach solchen Ausbrüchen besinnt sie sich aber Gott sei Dank wieder und in den ruhigen Momenten wird umso deutlicher, was für eine großartige Stimme sie hat.

Regina begleitet sich selbst am Klavier. Man wird hier zwar nicht mit Virtuositäten überfordert, die Finger sorgen auf den Tasten aber für einen stetigen Drive. Die Harmonien sind schlicht, gehen aber unter die Haut. Immer wieder gibt es überraschende, aber nachvollziehbare Wendungen, beispielseise im durchaus tragischen "Chemo Limo", dem vielleicht besten Song des Albums.

Im lauten und punkigen "Your Honor" zeigt Regina, dass sie auch bei einer Band wie Sleater Kinney gut aufgehoben wäre, während man in der Einleitung zu "***" Regina und einen gewissen Bear (eine Kinderstimme) darüber flüstern hört, wann denn der nächste Song beginnen soll. In "The Flowers" gibt es nach Song-Ende noch eine Zugabe in Form einer Improvisation auf eine jüdische Melodie, bevor das inspirierende Album mit "Somedays" sehr abrupt endet.

Trackliste

  1. 1. Ode To Divorce
  2. 2. Poor Little Rich Boy
  3. 3. Carbon Monoxide
  4. 4. Flowers
  5. 5. Us
  6. 6. Sailor Song
  7. 7. ***
  8. 8. Your Honor
  9. 9. Ghost Of Corporate Future
  10. 10. Chemo Limo
  11. 11. Somedays

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LAUT.DE-PORTRÄT Regina Spektor

"To me, the mentality was you sit at the piano and play Bach or Mozart or Chopin. You didn't ever improvise, so the idea of writing my own music was an …

8 Kommentare

  • Vor 17 Jahren

    Kennt jemand hier Regina Spektor? Ich bin durch diverese andere Foren auf sie aufmerksam geworden. Ihr aktuelles Album heißt SOVIET KITSCH und ist sehr sehr empfehlenswert!
    Ihre Musik ist rau, nicht übermäßig produziert (zumindest die älteren Lieder), viele vergleichen sie mit Tori Amos, aber ich pers. finde, dass sie doch recht anders klingt als Tori. Das Klavier haben beide gemeinsam...
    Im Juni erscheint ihr neues Album "Begin to Hope".

    Ihr Stil - schwer zu beschreiben. Am besten mal reinhören -
    http://www.reginaspektor.com/index2.html
    und unter
    http://www.myspace.com/reginaspektor
    wobei es sich bei BETTER und FIDELITY um 2 neue Songs handelt ;)

  • Vor 17 Jahren

    Sönes Album, aber mein Favcorit von ihr ist "Samson" von ihrem zweiten Album "Songs".

  • Vor 17 Jahren

    Hab auch die Soviet Kitsch. Tolles Zeugs ... und "Us" ist einer meiner liebsten Songs von meiner England-Zeit (war da auch in dieser tollen Sky-Werbung mit dem sagenhaften Skateoarder, so kennengelernt), zuhause hat mein Bruder dann die Platte zufälliger- und schönerweise gekauft.

    Mein Fave ist und bleibt "Us" und dann "Flowers"

  • Vor 17 Jahren

    @venom: Dank für den Tip per last.fm-Message. Da habe ich lange nicht mehr reingeschaut.... Was ich von Regina Spektor gerade auf myspace gehört habe, klingt in der Tat sehr schön und vielversprechend. Dieser Gordon Raphael hat offenbar einen exzellenten Musikgeschmack. Wie auch das von ihm produzierte Debüt-Album (http://forum.laut.de/showthread.php?p=1386…) der Berliner Super700 mir unlängst bewiesen hat ...

    Was die Female-Kunst-Pop-Schiene anbelangt, bin ich mal gespannt, ob es tatsächlich - wie in einem Interview angekündigt - bereits innerhalb der nächsten Jahre wieder ein neues Album von Kate Bush geben wird. "Aerial" hat bei mir seine Zeit gebraucht, sich aber als stetiger Grower erwiesen.

    Die "Soviet Kitsch" - wie auch die demnächst erscheinende "Begin To Hope" - will ich mir jedenfalls besorgen (... so es mein bereits arg überzogenes Juli-Musik-Budget noch erlaubt :o )

  • Vor 17 Jahren

    Gern geschehen:) Die jüngste Kate Bush habe ich mir noch nie wirklich angehört, befindet sich aber in der CD-Sammlung meines Dads. Wollt' ich mir schon lange mal geben ... und die Worte im Super 700-Thread machen auch zu viel Lust auf mehr um sie einfach so zu ignorieren. aah... ich hab keine Zeit!

    Und bereuen würdest du zumindest den Kauf von "Soviet Kitsch" bestimmt nicht... auf's neue bin ich auch mal gespannt :trusty:

  • Vor 16 Jahren

    also ich hab zufällig in die begin to hope reingehört und ich find die echt klasse. better, samson, summer in the city,....

    nee wirklich, ne wunderschöne stimme und sooo :)