laut.de-Kritik
Die Flensburger bleiben brav in Hafennähe.
Review von Manuel BergerHisst die Segel, ihr Kielratten! Joho und 'ne Buddel voll Rum! Abgedroschene Einleitungsworte. Passend zur Musik. Im Grunde ist bei Santiano längst alles gesagt. Abgesehen von einem Ausflug ins Plattdeutsche bietet "Von Liebe, Tod und Freiheit" weniger Neuland als vielmehr gut gemachte Imagepflege.
Fans können dementsprechend auch mit dem dritten Album der Seemänner absolut nichts falsch machen. Ohrwürmer von vorne bis hinten. Torfrock meets In Extremo meets Dropkick Murphys meets Helene Fischer. Hymne über Hymne, Pathos an Shanty.
Das ist technisch hervorragend umgesetzt und in punkto Massentauglichkeit verdammt clever. Im Gegensatz zu vielen Kollegen aus dem Schlagerlager besitzen Santiano zweifelsohne Authentizität. Dabei sammeln sie vom feiernden Wackinger bis zum heimatliebenden Flori-Freund tatsächlich jeden ein. Nur haftet trotzdem (oder wahrscheinlich besser: genau deswegen) allen Songs dieser gewisse Dudelfaktor an, der ein Anhören um der Musik willen beinahe unweigerlich zur Nervenprobe macht.
Als Partymusik funktioniert "Von Liebe, Tod Und Freiheit" prächtig – gar keine Frage. Und angesichts der mauen hiesigen Konkurrenz ist man gar geneigt, einen geografisch begrenzten Presseinfosatz wie "Soviel Tiefgang und Intensität hat deutscher Pop schon lange nicht mehr erlebt" abzunicken. Nur ist deutscher Pop glücklicherweise kein Geltungsmaßstab. Wirklichen "Tiefgang" weisen Zeilen à la "Denn seine Heimat war die See / In der weiten Ferne / Unterm Licht der Sterne / Sah man ihn einsam untergeh'n / Er war unser Kapitän" auch nur inhaltlich auf.
Angedeutete Tempowechsel wie in "Joho Und Ne Buddel Voll Rum" und einige nette Fidelsoli reichen nicht für echte Abwechslung. In munterem Gallierfetentakt schippern die meisten Lieder angetüdelt durch ruhige See. Stürme wehen allerhöchstens textlich. Die eingestreuten Balladen gaukeln oben genannten Tiefgang zwar vor. Die Fassade verbirgt dann aber doch nur eher dürftig das darunter liegende Wagnisleck.
Stellt man die Musik an sich hinten an und konzentriert sich auf Attitüde und Festival-Ruderboot, sind Santiano auch mit "Von Liebe, Tod Und Freiheit" ganz groß. Nur leider (?) soll die Wertung hier ja die Musik widerspiegeln. Und dabei kommen die immer brav in Hafennähe segelnden Stücke einfach nicht über zwei Punkte hinaus. Was nicht heißen soll, dass man nicht auch mal Spaß haben und fröhlich "Kinder Des Kolumbus" grölen darf. Denn dafür ist es gemacht.
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