laut.de-Kritik

Ich bin ein armes Schwein, holt mich hier raus.

Review von

Was mag in Slash vorgegangen sein, als er im Frühjahr 2008 die Trennung seiner Velvet Revolver von Scott Weiland bekannt gab? Er musste ein ungutes Déjà Vu-Gefühl haben, denn das unschöne Ende einer erfolgreichen Geschichte erinnerte doch stark an die Implosion von Guns N'Roses im Jahrzehnt zuvor, inklusive Nachtreten und dem Abfackeln aller Brücken.

Für Weiland selbst war es ein Befreiungsschlag. "Libertad" (2007), das zweite Album von Velvet Revolver, war ein Rohrkrepierer gewesen, die Luft aus der Superband damit endgültig raus. Gleichzeitig kämpfte er mit Alkoholproblemen und dem Ende seiner turbulenten Ehe. Um sich den angestauten Frust vom Leib zu musizieren, begab er sich im November 2007 ins Studio.

Der Schlussstrich unter sein damaliges Lebens, so lässt sich "'Happy' In Galoshes" wohl am Besten beschreiben. Eine klare Ausrichtung lässt sich allerdings nicht finden, nur die Botschaft: "Mein Leben ist ziemlich scheiße". "This is a concept Album – not of the high minded, heavy ended sort – instead it is a conglomeration of every dedication that I have ever written and sung for a particularly someone who destroyed me", erklärt der Sänger bezeichnenderweise im Booklet.

Bietet der Opener "Missing In Cleveland" radiotauglichen Hardrock, der an Stone Temple Pilots erinnert, ist "Tangle With Your Mind" Folkpop im Stile der Waterboys. "Blind Confusion" erinnert zu Beginn schon fast an Simple Minds, "Paralysis" könnte aus David Bowies Feder Anno 1974 stammen. Ebenso eklektisch, um nicht zu sagen konfus, geht es weiter: "She Sold Her System" besitzt Elemente von Pink Floyd, durch "Blister on My Soul" weht ein Hauch von Reggae, das abschließende "Beautiful Day" mischt Boyband mit Beatles und Beach Boys.

Einzig "Fame", in Zusammenarbeit mit Paul Oakenfold, lässt aufhorchen, weil es fast genauso klingt wie das Original von Bowie und John Lennon. Auf der zweiten CD ist ein solches Stück nicht zu finden, wohl aber ein musikalischer Mischmasch, der noch ein paar neue Elemente mit einknetet.

Eher als um ein Konzeptalbum handelt es sich also um ein konzeptloses. Weiland deshalb an den Pranger zu stellen wäre dennoch ungerecht, handelt es sich um sein bislang persönlichstes Werk. Antun muss man es sich aber nicht – es sei denn, man ist an Weilands Botschaft interessiert: "Ich bin ein armes Schwein, holt mich hier raus".

Letztendlich hat er sich am eigenen Schopf aus der Scheiße gezogen, mit der erzwungenen Trennung von Velvet Revolver und der unverzüglichen Reunion der Stone Temple Pilots. Bleibt zu hoffen, dass er es in Zukunft nicht mehr nötig haben wird, in Galoschen "glücklich" zu sein. Das gilt für ihn wie für uns.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Missing Cleveland
  2. 2. Tangle With Your Mind
  3. 3. Blind Confusion
  4. 4. Paralysis
  5. 5. She Sold Her System
  6. 6. Blister On My Soul
  7. 7. Fame (feat. Paul Oakenfold)
  8. 8. Killing Me Sweetly
  9. 9. Big Black Monster
  10. 10. Beautiful Day

CD 2

  1. 1. Crash
  2. 2. Hyper-Fuzz-Funny-Car
  3. 3. The Man I Didn't Know
  4. 4. Sometimes Chicken Soup (Dig My Way To China To Find You)
  5. 5. Somethings Must Go This Way
  6. 6. Pictures And Computers (I'm Not Superman)
  7. 7. Sentimental Halos
  8. 8. Reel Around The Fountain
  9. 9. Arch Angel

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