laut.de-Kritik

Zwischen Chanson, Klassik, Barock und Minimalismus.

Review von

An was der kauzige Schlaks mit dem Vollbart bei den Arbeiten zu "Confection" wohl gedacht hat? Irgendwo zwischen Chanson und Klassik, Barock und Minimalismus ordnet sich das Album ein. Und erinnert dabei streckenweise gewaltig an "La Ritournelle", den Track von Telliers 2004er-LP "Politics". Kein Wunder, denn – so war es groß angekündigt worden – an den Aufnahmen zu "Confection" sind die Musiker von damals beteiligt.

Unter anderem Afrobeat- und Ex-Fela Kuti-Drummer Tony Allen oder der Phoenix-Tourkeyboarder Robin Coudert. So leicht zugänglich wie das letzte Aufeinandertreffen der Musiker dürfte das neue Tellier-Produkt jedoch nicht sein. Vor allem Kälte und Melodramatik mischen sich beim Hören ins Gemüt. Viele der 14 Titel auf "Confection" begnügen sich mit ein oder zwei Minuten Spielzeit. Streicher schaffen oft das Grundgerüst, bestimmen Form und Laune der Stücke.

Sie taugen mehr als Hintergrundmusik und machen das Album zu einem, bei dem es schwer fällt, es bewusst in voller Länge anzuhören. Der Pressetext spricht von einem "Liebesbrief für einem Film, der noch nicht existiert". Da kommt sofort die Assoziation eines Schwarz-weiß-Liebesdramas in den Sinn. Die Handlung plätschert lange, dazwischen kann man, wenn man nur genau aufpasst, die ein oder andere Perle entdecken. Doch zuerst gilt es, sich durch anfänglichen Nebel zu kämpfen ("Adieu", mit sachten, trägen Klavierakkorden und Opernstimme.

Schlagartig löst sich die Dunstsuppe dann auf, eine Rockgitarre spielt ihr langsames Solo. Stopp. Verdammt kitschig oder einfühlsam, wie nur ein französischer Liebhaber sein könnte? Letzterer setzt sich jedenfalls in "Coco" ans Bett, packt seine Akustikgitarre aus und zupft eine nachdenklichen Melodien. Ebenso dezent drückt der zentrale Track des Albums anschließend seine verworrenen Klänge und äußerst erfrischende Drum- bzw. Bassline ins Ohr.

Sebastien Tellier scheint "L'Amour Naissant" dabei so zu feiern, dass er das zentrale Motiv in zwei weiteren Stücken ("L'Amour Naissant II", "L'Amour Naissant III") erneut aufgreift. Synths hingegen kommen äußerst dezent zum Einsatz, wobei der triefende Kitsch-Waltzer "Waltz" die große Ausnahme darstellt.

Das größte Rätsel gibt "Confection" jedoch zum Schluss auf: Wann bitte soll man diese Musik hören? Ich persönlich habe die Antwort darauf jedenfalls gefunden. Es braucht keinen Film zum Album: An einem grauen Sonntagmorgen, dösend im Bett, zaubert Sebastien Telliers Musik allein genügen Botschaften und Bilder in den Kopf.

Trackliste

  1. 1. Adieu
  2. 2. Coco
  3. 3. L'Amour Naissant
  4. 4. Adieu Mes Amours
  5. 5. Hypnose
  6. 6. Waltz
  7. 7. Adieu Comme Un Jeu
  8. 8. Delta Romantica
  9. 9. Curiosa
  10. 10. L'Amour Naissant II
  11. 11. Coco Et Le Labyrinthe
  12. 12. L'Amour Naissant III
  13. 13. Curiosa II
  14. 14. Le Delta Des Amours

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