laut.de-Kritik
Bei uns ein Exot, in England ein hofierter Star.
Review von Daniel StraubMan unterstellt den Deutschen im Allgemeinen ja einen Hang zur Prinzipientreue mitunter gar zur Prinzipienreiterei. Auch die Musik bleibt davon natürlich nicht verschont. Im Durchexerzieren von Konventionen sind Musiker hierzulande besonders gut.
Das zeigt sich insbesondere in der elektronischen Musik, wo ein wichtiger Trend wie Minimal seit Jahren in unzähligen Variationen zur Veröffentlichung kommt. Dem Berliner DJ und Produzent Shir Khan fällt im Bereich elektronischer Clubmusik die Rolle des exotischen Paradiesvogels zu - ganz anders auf der anderen Seite des Ärmelkanals, wo er ein gern gesehener Gast ist.
Shir Khan liebt den lockeren Crossover, den bewussten Bruch mit allzu festgefahrenen Hörgewohnheiten, das Aufeinandertreffen von scheinbaren Gegensätzen. Wie sich das anhört, demonstriert Jan Simon Spielberger, einmal mehr mit seiner zweiten Label-Compilation "Exploited".
Das ist auch der Name des Labels, mit dem Shir Khan seit 2006 regelmäßig seine Musikphilosophie in Vinyl gießt. Die einzigen beiden Ausnahmen im Backkatalog sind die Label-Compilations "Maximize" aus dem Jahr 2007 und die aktuelle Veröffentlichung "Exploited".
Sie nimmt den Faden genau dort auf, wo "Maximize" im Spätsommer 2007 aufhörte. Alle seither auf Exploited erschienen Maxis - mit Ausnahme der Eintagsfliegen Audioporno und Bugati Force - sind auf der gleichnamigen Compilation zu finden.
Zu den prominentesten Namen gehören Adam Sky, den die älteren Semester noch unter seinem Alias Adamski kennen dürften. Das englische Rave-Urgestein gehört seit 2007 zum festen Produzentenstamm auf Shir Khans Imprint und ist hier sowohl mit bereits veröffentlichten Tracks als auch exklusivem Studiomaterial zu hören.
Der andere große Name im Artistroster von Exploited ist Christoph Göttsch alias Malente. Der umtriebige Produzent gab hierzulande 2008 mit der Maxi "Hyperactive" sein Stelldichein. Ein passender Schritt, schließlich pflegt Malente bei seinen DJ-Sets wie auch seinen Produktionen eine ähnliche Philosophie wie Labelhead Shir Khan selbst.
Seine Verbundenheit demonstriert der weltweit erfolgreiche Produzent Malente, indem er ebenfalls einen exklusiven Studiotrack zum insgesamt 18 Stücke umfassenden zweiten Teil von "Exploited" beisteuert.
Der wendet sich mit seinen in voller Länge ausgespielten Tracks eher an die DJ-Fraktion, während das Set auf der ersten CD größeres Unterhaltungspotenzial besitzt. Großen Anteil daran besitzen die technischen Fertigkeiten, mit denen Shir Khan nicht weniger als 32 Tracks im Mix verbindet.
Trotz der Vielzahl der Stücke und der unterschiedlichen Genres, die von House über Electro und Breaks bis hin zu Minimal reicht, versteht es der Berliner seinem eklektizistischen Set einen durchgängigen Groove beizugeben.
Wer nichts dagegen hat den Comblestone Jazz-Track "Dumb Truck" in einer Reihe mit Jan Drivers "The Meat For Speed" zu hören, der bekommt auf "Exploited" eine unterhaltsame DJ-Darbietung präsentiert. Die tröstet auch darüber hinweg, dass die zweite CD für den Genusshörer weniger zu bieten hat und sich in erster Linie an Leute wendet, die selbst gerne am Mixer mit den Knöpfchen drehen.
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