laut.de-Kritik

Metalcore aus München, reif fürs internationale Geschäft.

Review von

Ich muss gestehen, dass ich die zweite Scheibe von Silent Decay beinahe aussortiert hätte, denn beim ersten kurzen anchecken hat mich der Opener "Keep It Real" nicht sonderlich aus den Socken gehauen. Doch irgendwie haben es die fünf Münchner raus, Songs zu schreiben, die sich nach und nach zu kleinen aber feinen Perlen entwickeln.

Kaum hat man Besagtem ein wenig mehr Aufmerksamkeit gewidmet, drückt er den geneigten Hörer spätestens beim zweiten Durchlauf ordentlich in den Sitz. Auch das folgende "Good As Drinks" macht ordentlich Dampf. Auch wenn sie hier wirklich alle typischen Metalcore-Elemente verwursten, macht die Nummer einfach tierisch Spaß. In Sachen Gesang geht Shouter Tobi nicht ganz so melodisch und variabel wie beim Opener vor, passt sich aber gut den Tracks an.

Fette Grooves dominieren "Of Good And Bad" und manch Soulfly-Einfluss macht sich bemerkbar. Doch auch hier ist der Sänger der große Trumpf und streut immer wieder ein paar großartige Gesangslinien ein, die sich direkt im Gehör festsetzen. Das folgende "What A Shame" hebt er aber auch nicht aus der Mittelmäßigkeit, denn dazu ist der Nu Metal-Track einfach nicht spannend genug. Wem das nicht schmeckt, der kann sich ja vom Thrasher "Love But Hated Dreams" kurzerhand die Rübe amputieren lassen.

Als geschickten Kontrast positionieren sie danach das ruhige "Believe Vs. Experience", in dem Tobi erst so richtig zur Hochform aufläuft und zeigt, dass seine Singstimme auch ohne die große Gitarrenmacht im Rücken bestehen kann. Das beweist er auch im mit einer Akustikgitarre beginnenden "Strong Like This", das im weiteren Verlauf noch kräftig die Gitarren sprechen lässt. Dass die beiden Herren an den Klampfen durchaus ein Händchen für gute Melodien haben, lassen sie in "Ghost" durchschimmern.

Frauengesang läutet "Open Your Eyes" ein. Tribalartige Riffs und Drums folgen. Die Sprachsamples haben ein etwas von 'Viva la revolution'. Der Sprechgesang klingt sehr eindringlich und die Namen Soulfly und Ektomorf wabern erneut durch den Hinterkopf. Ebenfalls mit Akustikgitarren (ein Aufgreifen des Intros) und einer ruhigen, melancholischen Stimmung geht das abschließende "My Jesus Mercy" los, bei dem Tobis Stimme am wandlungsfähigsten tönt und stellenweise sogar an John Bush erinnert.

Mit Silent Decay hat sich in München ein Gewächs entwickelt, dass sich im internationalen Geschäft zu keiner Zeit verstecken muss. Wenn sie nun noch eine ordentliche Tourethik an den Tag legen, darf man wirklich gespannt sein, was man von der Band noch hören wird.

Trackliste

  1. 1. Keep It Real
  2. 2. Good As Drink Is
  3. 3. Of Good And Bad
  4. 4. What A Shame
  5. 5. Loved But Hated Dreams
  6. 6. Believe Vs Experience
  7. 7. Ghost
  8. 8. Open Your Eyes
  9. 9. Strong Like This
  10. 10. My Jesus Mercy

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