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Datum: 17. Juli 2003
Location: Hohentwiel
Singen
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Review

laut.de-Kritik

Die schottischen Urgesteine der 80er Poprock-Ära live auf einer deutschen Burgruine.

Review von Linus Schwanke

"Schaut euch das an" rief Jim Kerr von der Bühne in die Menge, "dieser einmalige Ausblick in die Landschaft, und dort unten der Bodensee". Es hat wohl auch die Schotten begeistert, vor solch einer Kulisse in fast 700 Metern Höhe auf einer Burgruine aufzutreten. Um die 3.500 Menschen waren auf die Burg gepilgert, um die Simple Minds zu hören und zu spüren. Der Abend ging fast lauschig an, man war beeindruckt von der Arena, die sich wie eine schützende Muschel um einen schloss. Das Publikum und die schottische Band wuchsen schon optisch zu einer Einheit zusammen.

Nach erstem, ja fast verhaltenen Anfang kam die ewig junge Band zur Sache. Alles lauerte auf die bekannten Songs - wie soll es anders sein - auf Burner wie "Don't you", "Belfast Child" und Co. Als dieser Bann gebrochen war, gab es kein Halten mehr. Die Stimmung hätte perfekter nicht sein können, und sie wurde auch dem Alter der Urgesteine der 80er Poprock-Ära gerecht: keine peinliche Euphorie, sondern respektvolles Jubeln. Es passte einfach alles. Den Schotten merkte man an, dass sie Spaß an der Sache hatten. Bei den Fans konnte man beobachten, dass ihre Erwartungen erfüllt wurden.

Dabei tischten die simplen Gemüter nicht nur die besten Häppchen aus dem Füllhorn ihres Schaffens auf, sondern sie interpretierten sich selber immer wieder neu. Schließlich ist nichts langweiliger, als live Playbacks zu wähnen. Stellenweise war es aber ein wenig zu live, das Konzert: am Keyboard gab es immer wieder Probleme, die seltsamsten Kakophonien drangen durch, und selbst während echter Suchtnummern wuselten Techniker im Hintergrund und gestikulierten megawichtig herum. Leute, Soundcheck macht man vorher! Argh.

Die Mischung aus bekannten Nummern und seltener gespielten Songs war erfreulich ausgewogen. Ein dickes Lob auch an den Drummer - mit druckvollen Rhythmen veredelte er schnellere Tracks nochmals, und die Audience ging mit. Dass dieses Prinzip nicht immer funktioniert, zeigte sich jedoch bei Titeln wie "Somewhere ...", deren Reiz stets im synchronen Einklang der Instrumente lag. Zu prominente und punktierte Percussions verwirrte nicht nur, sondern zerhackte das Stück regelrecht. Das war aber eine Ausnahme, denn unter dem Strich übertraf das Gastspiel auf dem Hohentwiel die Erwartungen der meisten. Wer fürchtete, die Simple Minds seien seit dem Hype der 80er müde geworden, sah sich angenehm getäuscht.

Phänomenal wie immer Jim Kerr: über die gesamte Strecke des Gigs keinerlei Schwächen in Gesang und Show. Wobei es ein Rätsel bleibt, wie er es fertig bringt, seinen Bewegungsapparat so völlig neben die Rhythmusschiene zu stellen und trotzdem eine frappant perfekte Einheit mit der Truppe zu bilden. Während um ihn herum gedroschen wird, schwebt er auf Zehenspitzen förmlich losgelöst und trifft dennoch jeden Ton exakt. Mit Routine lässt sich dies wohl kaum noch erklären - dazu bedarf es schon einer gewissen Genialität.

Artistinfo

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