laut.de-Kritik
Triumphale Rückkehr nach einer Pause, die länger war als die Karriere anderer Bands.
Review von Josef GasteigerDie Lücke war groß, die Sleater-Kinney im August 2006 hinterließen, als sie als eine der wichtigsten Rockbands aus dem amerikanischen Nordwesten auf Pause drückten. Bis heute brachte die Musiklandschaft keine wahren Nachfolger der Riot Grrrl-Legenden hervor, nicht einmal Nachahmer.
Aber die Geschichte lehrt: Irgendwann kommen sie alle zurück. Zehn Jahre, zwei Soloprojekte und 37 Episoden von Gitarristin Brownsteins TV-Hit "Portlandia" später tauchen Sleater-Kinney wieder aus der Versenkung auf. Ohne monatelanges Hinhalten und Marketingfirlefanz klatscht Studioalbum Nummer acht weltweit auf, große Tour im Schlepptau. Here we are now, entertain us.
Kein Song über vier Minuten, nach einer guten halben Stunde haben Corin Tucker (Vocals, Gitarre), Carrie Brownstein (Vocals, Gitarre) und Janet Weiss (Drums) wieder genug. Aber das reicht vollkommen, den "No Cities To Love" rockt. Ohne Anzeichen, dass die Pause das Trio auch nur eine Winzigkeit langsamer, leiser oder bequemer gemacht hätte. Ohne Blatt vor dem Mund, ohne Anbiederung an Szene, Trends oder Industrie.
So eliminieren sie auf "Price Tag" und "Fangless" zu Beginn mit einem Doppelschlag aus kratziger Unbequemlichkeit und Gitarrenfeedback eventuellen Nostalgiestaub in Windeseile und schließen quasi lückenlos, nur etwas fokussierter, an das 2005er-Album "The Woods" an. Weiss an den Drums liefert einen soliden Rückhalt für die verzweigten Gitarrenwege, für den rundherum ausgeglichenen und unvermittelten Sound sorgt Sleater-Kinney-Veteran John Goodmanson an den Reglern.
Unmittelbar und direkt zeigt sich auch das Songwriting. Von "Surface Envy" bis "Hey Darling" legt das Trio eine unvergleichliche Serie an klassischen Rock'n'Roll-Songs hin, jeder davon gespickt mit treibenden catchy Refrains und immer genug Impulsivität, um nicht in allzu gefällige Soundbreiten abzudriften.
Wo Brownstein vor zehn Jahren noch vielen Songs ein ausladendes Gitarrensolo verpasste, brüsten sich Nummern wie "A New Wave" und "No Anthems" mit kurzen und umso explosiveren Gitarrensalven. Das macht Platz für diese sagenhaften Refrains, in denen Brownstein und Tucker gesanglich ungemein songdienlich harmonieren.
Die Texte drehen sich um Liebe, Macht und Gesellschaftskritik (der beißende Konsumabgesang "Price Tag".) Und natürlich um das Erwachsenwerden und den Zusammenhalt der Band. Schönster Moment dabei: Das erste große Aufeinandertreffen der Stimmen im Chorus von "Surface Envy": "We win, we lose / only together do we break the rules".
Mit einem krachenden Schlepper "Fade" schließt die triumphale Rückkehr von Sleater-Kinney anno 2015. Balladen haben keinen Platz auf "No Cities To Love", müssen sie auch nicht. Denn – und dafür steht der Name Sleater-Kinney nach einer Pause, die länger war als Karrieren anderen Bands – hier handelt es sich einfach um ein richtig gutes Rockalbum.
3 Kommentare mit einer Antwort
nie was von gehört.aber chicks die krach machen,auch wenn sie mittlerweile wohl scho schwer milfig sind, gehen eigentlich immer bei mir.werde ich beizeiten mal einer genaueren anhörung unterziehen.
Das Problem bei Sleater-Kinney ist allerdings, das die 20 Jahre jünger klingen wollen auf die alten Tage und mir das zu aufgesetzt wirkt.
the Woods läuft seit 9 jahren auf dauer Rotation bei mir
super album. war mir beim hoeren klar dass pitchfork es feiert, wenn es rezensiert wird. kann man echt nur empfehlen das ding. hatte mich beim anhoeren vom schoenen cover leiten lassen. ich kannte die vorher auch gar nicht.