laut.de-Kritik
Es rauscht, es wabert, es fuzzt.
Review von Dominik KalusDie Story von Slowdive ist schnell rekapituliert: 1989 von fünf englischen Jungspunden gegründet, in den frühen 90ern als "Shoegazing" etikettiert und von der britischen Musikpresse zerrissen worden, kurz bevor der Britpop-Hypetrain das Land überrollt (berühmtes Pressezitat: "Ich würde lieber in einer Badewanne voller Porridge ertrinken, als mir nochmal was von dieser Band anzuhören").
Nach Problemen mit dem Label und ausbleibendem Erfolg lösten sich Slowdive wenig später auf. Erst über die Jahre erhielt ihr Werk Würdigung und die Band in manchen Kreisen Legendenstatus. 2014 dann die Reunion für eine Festivaltour, und nun nach 22 Jahren die erste Platte. "Wir wollten keinesfalls nur unsere alten Songs vor Leuten in unserem Alter spielen", hieß es im Vorfeld. "Es ging von Anfang an darum, neue Songs zu schreiben. Die Frage war nur, ob wir auch den Vibe spüren und etwas kreieren können, das es wert ist, veröffentlicht zu werden."
Das ist ihnen allemal gelungen. Das selbstbetitelte Album bietet acht Tracks mit einer sehr gesunden Mischung aus Shoegaze und Dreampop mit 80er-Jahre-Flair. Der Album-Opener "Slomo" fadet langsam ein und es ist wie wenn sich eine Wolke langsam nähert, man von ihr einverleibt wird und sich mitnehmen lässt in einer Wolke aus effektbeladenen Gitarrensounds, elektronischen Backgroundspuren und verträumten Melodien. Es rauscht, es wabert, es fuzzt, oftmals sind die Geräuschquellen den Instrumenten gar nicht genau zuzuordnen. Teils mittendrin, teils oben drüber schweben die charmanten Doppelstimmen von Rachel Goswell und Neil Halstead.
Die Songs sind abwechslungsreich geraten, vor allem weil die Soundwolke sich immer wieder auflöst und den klaren Himmel sichtbar macht. "Star Roving" kannte man bereits, ein The Cure-artiges Riff leitet den tanzbaren Song ein, dessen einprägsame Akkordfolge sich bis zum Ende durchzieht. "Don't Know Why" und "Sugar For The Pill" bestechen mit markanten Hooks und Gitarrenlicks im Intro. "Go Get It" ist eine langsamere Nummer mit Ambient-Charakter, durch das achtminütige "Falling Ashes" zieht sich ein melodramatisches Piano-Motiv.
So ist "Slowdive" ein vielschichtiges Album zum Tagträumen geworden, perfekt um mit dem Kopf in den Wolken auf seine Schuhe zu starren.
10 Kommentare mit einer Antwort
Jemand hat die Platte zuletzt als stilverwandt zu Beach House beschrieben, das hat mich erstmal vom Blindkauf abgehalten. Kann das jemand bestätigen?
Ich mag Beach House und das Album hier erinnert m. E. tatsächlich daran, daher gefällt es mir bislang auch echt gut. Sind zwar einzelne Songs dabei mit denen ich noch nicht warm geworden bin, aber das wird vllt. noch. Ich finde 3/5 jedenfalls zu wenig und ich sehe die Begründung für diese Wertung nicht in der Rezi. Dann kann man sich den Text auch gleich sparen und einfach ne Wertung hinknallen. Plattentests gibt übrigens 8/10 und Pitchfork 8.6.
Also ich feier die drei alten Platten und die sonstigen früheren Releases schon sehr. Auch mit Mojave 3 kann ich was anfangen. Werde auf jeden Fall reinhören, bin echt gespannt!
"No Longer Making Time" ist vielleicht ihr bestes Lied überhaupt
Das meine ich auch!! Könnte flennen.verliebt wie vor 20 jahren und alles ist wieder da...starte hier gerade ein emotionales spiritulized ride konzert und durchwühle meine Platten
Tendenz geht mindestens zur 4, eher schon zur 5/5. Großartiges Album
Oh, nur 3 Sterne? Hatte ich in meiner langen Abwesenheit gar nicht mitgekriegt. Schade, finde, dass das hier ihr bestes Album sein könnte. Souvlaki hat bei mir nie hundertprozentig gezündet...