laut.de-Kritik
Hilfe, was tut der Mann?
Review von Yannik GölzSnoop Doggs Karriere ist voll mit Momenten, bei denen man "Hilfe, was tut der Mann?" schreien möchte. Aber auch am Ende eines Jahrzehnts voller Reggae-Personas, Gospel-Alben sowie Features mit Nickelodeon-Boybands und K-Pop-Stars waren diese "Hilfe, was tut der Mann?"-Momente eigentlich nie langweilig. "I Wanna Thank Me" ändert das. Trotz einem spürbaren Komfort als Elder Statesman der Kultur gerät Snoops neuestes Album kopflos chaotisch und dabei zum Wegnicken langweilig.
Es sind gleich drei große Stränge, die sich hier in feinster, zusammengewürfelter Mixtape-Manier aneinanderdrängen. Zum einen führt Snoop den roughen West Coast-Gangster-Film seines "Neva Left"-Projektes weiter. Dann gibt es eine paar anbiedernde Flirts mit Latin Pop, Emphasis auf Pop. Und zuletzt ein paar irritierende und ziemlich oberflächliche Versuche, intellektuellen Conscious-Rap aufzutischen.
Man fragt sich nun, wie das zusammenhängen soll. Und die Antwort ist: Tut es nicht. Nicht im geringsten. Das zeigt schon der Einstieg mit absurder Klarheit. Opener "What U Talkin 'Bout" ist ein stabiler Westcoast-Kracher, auf dem Snoop ein bisschen zeitgemäße Crip-Romantik auf 808-Bässen fabriziert. Das wird gefolgt von einem Vorlesungs-Skit über die Leiden des schwarzen Amerikas, auf dem Snoop mit fragwürdigem Fokus ein wenig Frieden mitsamt Plattitüden-Hook von Slick Rick einfordert. Dieses Friedensgesuch rundet er mit einem Song mit der Prämisse "Mensch, dieser Suge Knight ist eigentlich schon ein feiner Kerl" ab.
Viel zusammenhängender wird es später auch nicht. In einem Moment huldigt Snoop der Gangkultur und zollt ein halbes Dutzend Mal dem kürzlich verstorbenen Nipsey Hussle Respekt, als wolle er ein Scheibchen von dessen musikalischer Integrität abgraben. Einen Moment später macht er feuchtfröhlich schamlosen Sellout-Pop-Rap, der aber nicht mal als Sellout-Pop-Rap funktioniert, egal, ob man sich Anitta oder Frauenschläger Chris Brown auf den Song holt.
Genauso wirken Kollaborationen mit Rae Sremmurds Slim Jxmmi oder Russ wahllos und tragen wenig zum Gesamtbild des Albums bei. Viel schlimmer, es stellt sich kaum ein Gesamtbild ein. Es fühlt sich an, als würde Snoop von Track zu Track das gesamte Reißbrett umwerfen und noch einmal von vorne planen, wie er den Vibe von damals denn nun wiederfinden könnte. Er findet ihn aber nicht. Bestenfalls gibt es eine Referenz, ein Zitat oder alte Bekannte – so dass zumindest die Nate Dogg-Hook auf "Wintertime In June" ein Highlight setzt.
Das ist, was dieses Projekt insgesamt so langweilig macht: Man fühlt sich, als würde man Snoop über erschlagende 22 Tracks in der skizzenhaften Selbstfindungsphase beiwohnen. Wäre sein Charisma nicht ungetrübt und er als Performer nicht Veteran genug, um selbst in unspannenden Songs zumindest ein Mindestlevel an Kompetenz herauszuschlagen, wäre "I Wanna Thank Me" ein absolutes Brachland. Er möchte sich selbst danken, aber mit dieser Danksagung gibt er nur mehr Grund, sich auf das Erbe zu konzentrieren. Denn hier gibt es nichts Interessantes, Innovatives oder auch nur besonders Eingängiges zum Erbe Snoop Doggs hinzuzufügen.
2 Kommentare
Foshizzle ma nizzle
Wow, ganze 5 von 22 Songs ohne Feature...