laut.de-Kritik
Jetzt hat auch der Jazzrock seine Supergroup.
Review von Kai ButterweckJack Bruce weiß wie kaum ein zweiter, wie eine Supergroup funktionieren kann; schließlich gilt der gebürtige Schotte und Co-Founder der legendären Cream als Pionier, wenn es darum geht, Großes noch größer zu machen. Mit Eric Clapton und Ginger Baker an seiner Seite bewies er bereits vor fast vierzig Jahren, dass einzelne Hochkaräter im Verbund zu noch größeren musikalischen Taten in der Lage sind als jeder für sich allein. Kein Wunder also, dass Living Colour-Mariachi Vernon Reid, Ausnahme-Keyboarder John Medeski sowie Santana-Ehefrau und Ex-Lenny Kravitz-Schlagzeugerin Cindy Blackman-Santana sich nicht zweimal bitten ließen, als der Maestro rief.
Von erwartetem Fusion- oder Psychedelic-Rock ist das Debütalbum der Allstar-Truppe aber weit entfernt. Stattdessen werden all diejenigen mit der Zunge schnalzen, die auf frickeligen Modern-Jazz mit reichlich Rock-Einschub stehen.
Fernab vom Airplay-Gedanken und kommerziellem Kalkül tauchen die vier Protagonisten ein in die tiefsten Tiefen ihres musikalischen Innern. Dort wohnt der Free Jazz. Zappelig und draufgängerisch bearbeiten die vier insgesamt zehn Songs von Lifetime, der legendären Jazz-Rock-Fusion Band um den Jazz-Drummer Tony Williams und werkeln an ihren Instrumenten auf der stetigen Suche nach Neuem und Unberührtem.
Heraus kommt ein wildes Jam-Inferno vierer Individualisten, die ihr Handwerk verstehen und keinen Millimeter ihres jeweiligen Instrumentes unangetastet lassen. Nur sporadisch ("There Comes A Time", "T-Eilan Muileach", "One Word") wagt sich Jack Bruce mit seinem zittrigen und eindringlichen Organ ans Mikrofon. Gesang ist hier sekundär. "Spectrum Road" lebt von den beeindruckenden Fingerfertigkeiten der Verantwortlichen.
Alleine Reids virtuoses Gitarrenspiel lässt jeden Sechssaiter-Solisten vor Neid erblassen. Die Arbeit des Living Colour-Gitarristen bildet auch das Fundament auf einem Album, dem wahrscheinlich nur Eingefleischte folgen werden können. Wahlweise rockig und krachend ("Vashkar", "One Word") oder entspannt und nuanciert ("Blues For Tillmon"): "Spectrum Road" bieten Jazzrock-Feinkost für Kenner und Liebhaber. Detailverliebt und frei von Konventionen toben sich hier vier musikalische Persönlichkeiten aus und hinterlassen dabei lächelnde Gesichter bei Szene-Freunden und Kopfschmerzen bei Liebhabern standardisierter und eingängiger Klänge.
Noch keine Kommentare