laut.de-Kritik

Rock'n'Roll-Traumpaar? Junge Leute mit Energieüberschuss!

Review von

Sonny und Cher haben es getan, Ike und Tina, Stuart und Isobel (naja, so halbwegs zumindest), auch June und Johnny haben es gewagt. Sie waren alle ein Paar und haben zusammen gesungen. Jana und Paul tun es auch. Sind sie das neue Rock'n'Roll-Traumpärchen? Das werden sie gar nicht gerne hören, denn zu ihrer Band gehören noch drei weitere Jungs, Gregor, André und Niels. Und die Fünf sind fünf, das betonen Jana und Paul immer wieder. Sie sind Spitting Off Tall Buildings. Das Debütalbum der Berliner Punkrocker hat es in sich, musikalisch ebenso wie in der Beziehungsproblematik: Eine explosive Mischung.

Der ungestüme Anfang verrät: Hier haben eine Hand voll junger Leute eine ganze Menge Energieüberschuss, den sie über die Instrumente in die geeigneten Bahnen kanalisieren. Kaum unterdrücken lässt sich "Come On", schon nach wenigen Sekunden bricht es hervor wie ein eruptierender Geysir. Ob das lange gut geht, wenn die Rock'n'Roll-Hitzköpfe sich miteinander einlassen? Offensichtlich nicht, denn schon bei "Mc Noise" fliegen die Fetzen, und Jana fragt sich: "Would I look desperate if I killed myself?" Nicht unbedingt, aber schade wär's trotzdem. Denn Talent hat die Band auf jeden Fall. Der etwas ungezügelte Anfang gipfelt erstmals im tollen Pop-Punker "This Boy". Ab hier macht die Platte Spaß.

Spitting Off Tall Buildings haben mit Produzent Moses Schneider (Beatsteaks, Tocotronic) ein fettes und vor allem sehr rotziges, dreckiges Brett aufgenommen Es spielt zwar nicht immer in der Rock'n'Roll Hall of Fame-Liga, geht aber über weite Strecken doch anständig rein. Vor allem, wenn die beiden Frontpersonen gegeneinander ansingen, oder noch besser, wie bei "Nowhere" wirklich zusammen singen. Jana Pallaske und Paul Radermacher treffen nicht immer den Ton, eine Tatsache, die nicht weiter stört, am wenigsten die Künstler selbst: "Man ist verletzlich mit Gesang, aber jetzt traue ich mich, auch im Proberaum mal was auszuprobieren, oder ein bisschen schief zu singen." Recht so, Jana, auch wenn Paul dabei mit den Augen rollt. So lange ich das nicht mit anhören muss.

So verausgabt sie sich am Ende des lärmigen "You Want Some" fast ein wenig, aber grade hier zeigt sich, dass bei Spitting Off Tall Buildings, die sich als Live-Band schon ein gewisses Standing erspielt haben, noch einiges geht. Mitunter durchaus ansprechend arrangiert und umgesetzt, gleichen solide Nummern wie "Something New" solch kleine Fehltritte wie "Fuck Ups" versöhnlich aus und retten einen guten Gesamteindruck. Spätestens bei "In Love & Rockin'" - ein derbe rockender Song, den Paul und Jana im gemeinsamen Urlaub schrieben - haben sich auch die beiden Fronthelden wieder zusammengerauft.

Ganz am Ende untermalen sie mit "Yuppie Scum" die Börsennachrichten mit einem wüsten Brecher, ein attitüdenreicher Ausklang des Albums. Alles in allem eine Platte, auf dem nicht jeder Song ein Hit ist, auf der aber immer wieder Potenzial aufblitzt, das auch auf der nächsten Platte zu hören sein wird. Die ist schon in Arbeit, wie Paul versichert: "Es ist noch nicht alles gesagt!" Wir hören gerne wieder zu.

Trackliste

  1. 1. Come On
  2. 2. Mc Noise
  3. 3. This Boy
  4. 4. Nowhere
  5. 5. Gotta Hey
  6. 6. You Want Some
  7. 7. Fuck Ups
  8. 8. Something New
  9. 9. Hey John
  10. 10. In Love & Rockin'
  11. 11. Questions & Answers
  12. 12. Sometimes I Just Wanna
  13. 13. Yuppie Scum

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