laut.de-Kritik
Der poröse Poet lässt sogar Miautotune-Gary glänzen.
Review von Gil BielerEin Schwamm, ein Wort: Wenn Bikini Bottoms berühmtester Sohn ein "Schwammoses Album" verspricht, dann kommt dabei auch keine Algengrütze heraus. Auf seiner bereits sechsten Platte tobt sich Spongebob erneut zwischen Pop und elektronischer Tanzmusik aus, schwimmt auf der Höhe der Zeit und bleibt sich dabei stets selber treu.
Schon im Intro kündigt der A-cappella-Biberchor "Biberbobmusik mit Seele und Humor" an. Mit diesem augenzwinkernden Selbstzitat stellt Spongebob nicht nur klar, dass sich "Das Schwammose Album" an den populären Vorgängern messen lassen muss, sondern legt zugleich ein Qualitätsversprechen ab, das er in den 15 Songs auch größtenteils einlöst.
Es fällt aber auch leicht, dem Charme des kleinen quadratischen Kerls zu erliegen. Doch Spongebob punktet nicht nur mit seiner flamboyanten Art und glockenklarer Stimme, sondern auch mit scharfer Beobachtungsgabe: Im relaxten "Cheerleader (Ski-Lieder)" wundert er sich etwa: "Hey, wo kommt denn die Musik her? Kommt sie von nirgends, was ein Wunder der Physik wär? Nee, nee!" Dass unter Wasser paradoxerweise munter dem Skisport gefrönt wird, wird dagegen einfach als eine jener physikalischen Anomalien hingenommen, über die sich Nörgler schon seit dem ersten besungenen Lagerfeuer echauffieren. Lässiger kann man Hitzköpfe nicht ins Leere laufen lassen.
Etwas weniger kopflastig ist da schon "Ich Bin Ein Schwamm (Und Kein Fisch)", das eine klassische Coming-Of-Age-Story erzählt, die dank flottem Mitklatsch-Beat die Massen auf den Dancefloor treiben wird. Doch auch wenn Spongebob hier beteuert, er habe sein Außenseiter-Dasein als einziger Schwamm unter Fischen akzeptiert, keimen später bei "Ich Brat Für Sie Den Fisch An" Zweifel an der Aufrichtigkeit dieser Aussage auf: Immerhin singt der Burgerbrater in dieser Ballade davon, dass er sogar einen Fisch in die Pfanne hauen würde, wenn der Preis stimmt. Kannibalismus als Metapher für die knallharte kapitalistische Arbeitswelt? Das Werk eines Künstlers vom quadratischen Format eines Spongebob zeichnet sich eben auch durch solchen Interpretationsspielraum aus.
Man nehme nur das Album-Highlight "Ich Will Sofort Ein Eis", das dem Sänger mit doo-woppender Wonne auf den Leib geschneidert ist. Man kann diese Gute-Laune-Nummer völlig unbeschwert genießen und mit Spongebob und Patrick schon beim ersten Durchlauf mitsingen: "Ich will sofort ein Eis, so ein Eis! Mit Sahne! Ein riesengroßes Eis, Erdbeer-Nuss! Banane!" Wer aber um Spongebobs Kampf mit der heimtückischen Eiscreme-Sucht weiß (dokumentiert im ersten Kinofilm), hört auch Anklänge beunruhigenden Rauschschlemmens heraus.
Dabei scheint Spongebob die düsteren Tage endgültig hinter sich gelassen zu haben: Der Kerl sprüht auf dem neuen Longplayer nur so vor Energie, Scharfsinn und schwammigem Swagger. Wenn man ihm überhaupt etwas vorwerfen kann, dann, dass er sich teilweise zu sehr zurücknimmt: "Witzig Witzig" etwa bestreiten Sandy und Patrick im Duett, wodurch die Nummer prompt zu platt ausfällt. Und in "Als Ich Noch Ein Kleiner Schwamm War" rächt es sich, dass der Refrain einer penetranten Synthie-Hook überlassen wird. Das wären dann aber die einzigen Enttäuschungen – neben der unerklärten Abwesenheit von Thaddäus.
Warum der olle Taddel wohl nicht wollte? Spongebob gelingt es jedenfalls einmal mehr, seine Duettpartner glänzen zu lassen – ob Mr. Krabs in "Der Mund Ist Aufgegangen" oder Hausschnecke Gary, die sich smooth durch den Refrain in "König Neptuns Schloss" miautotuned.
Auch sein eigenes Licht stellt er nicht unter den Scheffel: In "Lagerfeuerliedliedlied" etwa brilliert er mit einem Flow, der selbst jenen von Eminem schnarchig erscheinen lässt. Und mit der "Der Postfisch", einer schrulligen Hymne auf den Briefträger, treibt er Alltagsbeobachtungen zur Perfektion: Über den "Weihnachtsmann in blauer Uniform" singt er da: "Er hat tatsächlich ein Paket, das übergibt er mir diskret. Ich nehm es zärtlich in den Arm, ich glaub es ist sogar noch warm." Wahrlich der poröseste Poet unserer Gezeiten!
11 Kommentare mit 9 Antworten
Ungehört 5/5 * !
Heiliger Klabautermann wieder ein Geniestreich des Allroundschwamms
Ja. Ich gehe mit. Das hat nicht mehr diese zappaesken Ausbrüche wie früher, klingt aber wunderbar geerdet in der Tradition eines Bob Dylan oder Tim Buckley. Auch nette psychedelische Spielereien wie bei Jefferson Airplane und fröhliche Tunes wie auf Pet Sounds vernehme ich. Herrlich! 5/5
Habe mir gerade seinen neuen Meilenstein angehört. Wie jedes Album davor Top.
Seitdem er sich von seinen Industrialwurzeln abgenabelt hat, ist seine Musik ziemlich belanglos geworden.
Ja, ist schon sehr Kommerzlastig. Aber gut !
Ich kann damit nichts mehr anfangen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass der nur noch Kindergartenmusik aufnimmt.