laut.de-Kritik

Untertourig fahrende Boliden von Songs mit grobkörnigen Texten.

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Während in so manchem Wohnzimmer weiter darüber gestritten wird, was denn nun als großer Sport zu gelten habe (Frauenfußball/Formel 1/Dart), zäumt man das Pferd in Bezug auf das vierte Album dieser Hamburg-Berliner Band am besten von hinten auf. Denn Sport spielen keinen gnadenlos elaborierten Diskurs-Indierock, keinen schwungvollen oder humorvollen Agenda-Pop, und auch keinen soziologisierenden bis melancholisierenden Kneipen-Folk.

Tocotronic, Blumfeld, Die Sterne etc. sind keine Konkurrenz für die zweite Band (und nicht einfach nur das Nebenprojekt) von Kante-Gitarrist Felix Müller. Hört man die herumstreunenden Gitarren, die physische Präsenz des Schlagzeugs und die massiv gemauerten Songs auf "Aus der Asche, aus dem Staub" fällt einem erst mal keine deutsche Referenz aus dem weiterhin omnipräsenten Dunstkreis der Hamburger Schule ein.

Bei Sport, mittlerweile zum Quartett gewachsen, denkt man zunächst an alle die handwerkenden Bands aus der deutschen Provinz, die nach einer hoffentlich doch wilden Jugend in den 90er-Jahren mit Riff-Rock ganz in einer romantisierenden Retrospektive verhaftet bleiben. Darauf ein Bier - warum auch nicht? Auch Sport mögen die alten Schallplatten ihrer amerikanischen Jugendhelden noch bedingungslos, das hört man den elf Songs deutlich an.

Sie zeichnen sich zu gleichen Teilen durch den Hymnos des Grunge, die gezähmte Wucht, die eigentlich aus dem Hardcore-Punk kommt, und die vertrackten Gitarrengeflechte des Post-Hardcore aus. Nur der TÜV-Stempel, der kommt aus Deutschland. Felix Müller kombiniert diese oft untertourig fahrenden Boliden von Songs in seinen eher grobkörnigen Texten mit einer universellen, wortspielerischen Poesie zwischen etwas unbedarftem Kaldenderspruch, kleiner Lebensphilosophie und alltäglichem Ach und Weh.

Die Erzählweise Müllers wirkt schon wie beim Vorgänger "Unter den Wolken" anfänglich etwas gewöhnungsbedürftig, entwickelt jedoch in seinem beiläufigen, prekären Existenzialismus schnell einen ganz eigenen Charme. "Wir sind wohl noch leider immer noch beinah so dumm wie die Dinos/ die Erde wird uns schon überstehn", singt Müller beispielsweise im kernigen Evolutions-Rock von "In einem Land nach unserer Zeit".

An anderer Stelle hat Müller als der Tod den Blues und mag seiner Profession nicht mehr nachkommen. In seinem Phlegma findet er die Lebenden ganz okay - wer versteht das nicht?

In "Dünnes Eis" wiederum singt Müller mit der Berliner Indie-Songwriterin Masha Qrella ein lakonisches Pop-Duett über die Risiken des Lebens, ehe Sport das Lied nach dreieinhalb Minuten zum großen Rock-Epos aufreißen. Überhaupt brechen Sport auf dem Album etwas trockene Melodien und melancholisierende Kante-Momente gerne zwischendurch mit satten Rock-Crescendi wieder auf. Besser hat es tatsächlich noch kein Albumtitel von Sport getroffen: "Aus der Asche, aus dem Staub".

Trackliste

  1. 1. Wer führt Dein Leben
  2. 2. In einem Land nach unserer Zeit
  3. 3. Dünnes Eis
  4. 4. Eldorado ruft uns
  5. 5. Wir wollten nur mal hören
  6. 6. Sattelt die Hühner, wir reiten nach El Paso
  7. 7. Der Tanz
  8. 8. Was Du suchst
  9. 9. Der Tod singt den Blues
  10. 10. Trotzdem
  11. 11. Den Fluss hinab

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