laut.de-Kritik
Gitarrensoli zur Verjüngungskur?
Review von Vicky ButscherIst eine Band, die anfängt, ihre Songs "Lolita" zu nennen, zu alt? Eine Band, die im ersten Song mit einem Gitarrensolo durch die Gegend wichst, was einfach nur überflüssig ist? Eine Band, die im Albumtitel mit Reizwörtern um sich wirft?
All das fragt man sich, während sich Stereophonics-Sänger Kelly Jones mehr denn je dem Aussehen eines Models annähert. Ob er sich liften lässt? Oder entzieht er die Frische seiner Musik? Nein, so schlimm ist es ja gar nicht. Viel mehr sind die Stücke immer noch sehr kompakt und druckvoll (bestes Beispiel: "Doorman"), was an der hohen Versiertheit der drei Musiker liegt. Und an der klaren und pompösen Eigenproduktion. Die steht den Songs der Stereophonics, die sich durchweg eher einfachen Melodien bedienen.
Der an die hallende Leere mancher Placebo-Intros erinnernde, gesprochene Einstieg und die Einwürfe in "Devil" bringen dem Hörer die Welt des Verlassens und Verlassenwerdens näher. "So be my devil, angel/Be my shootingstar", singt Jones über das Thema, das ihn das komplette Album über beschäftigt. Wieso welche Freundin, wann und warum dann doch nicht mehr? Dabei klingt der Song wie eine Stadion-Rock-Version der weit verfrickelteren Cooper Temple Cause.
Der Opener klingt zunächst schillernd, wie eine Diskokugel. Doch dass die Band ihre Jugend hinter sich gelassen hat, hört man an der Gelassenheit die manchen Songs innewohnt. Etwa die beruhigend und sanft wirkenden "Rewind" und "Lolita" oder das pathetische "Feel". An anderen Stellen wiederum packen die Stereophonics ihre Gitarren-Soli aus (z.B. in "Doorman"), wie sie alte Männer gerne zur Verjüngungskur nutzen.
In ihrer Heimat Großbritannien schnellte die brit-rockige Single "Dakota" von Null auf Platz eins. Die hohe Chartsplatzierung kommt nicht von ungefähr. Das Intro fällt eher elektronisch aus, bevor geschmeidige Gitarren sich Engelsstimmen gleich über den Hörer ausbreiten. Das gegensätzliche Pendant bildet die raue, volle und doch etwas hohl klingende Stimme des Sängers Kelly Jones. Diese Gegensätze finden sich auch in den vom Himmlischen zum harten Riff umschwenkenden Gitarren wieder. Eine wundervolle Kombination.
Die Stereophonics liefern mit "Language. Sex. Violence. Other?" ein reifes, ausgewachsenes Album gestandener Musiker. Kramt man alte Stereophonics-Alben aus dem Regal, muss man sich allerdings fragen: Haben die Stereophonics jemals jung geklungen? Ach ja, die Tochter des Sängers heißt Lolita.
1 Kommentar
Also für mich ist das Album das Beste der Band. Songs Wie Dakota, Pedalpusher und Superman rocken einfach und machen Spass... TOP!