laut.de-Kritik
Kosmische Folkrock-Meditation über Leben, Liebe und Tod.
Review von Alexander Kroll"I just want it to be alright" sang der schicksalgeplagte Indiana-Folkrocker Timothy Showalter von Strand of Oaks immer wieder am Ende seines zweiten Albums "Pope Killdragon", nachdem seine Ehe gescheitert und sein Haus niedergebrannt war. "I wait for love here" bekräftigte er dann im Finale seines vierten Albums "HEAL" nach einem lebensgefährlichen Autounfall. Inzwischen sind neue Schicksalsschläge hinzugekommen – die Mutter seiner Frau Sue ist tödlich verunglückt, sein Kater Stan musste eingeschläfert werden – doch statt zu hadern, pointiert Showalter im meisterlich andächtigen Piano-Outro seines achten Albums "In Heaven" die werkübergreifende Vision einer kosmischen Versöhnung.
Nach Showalters introspektiv melancholischen Frühwerken "Leave Ruin", "Pope Killdragon" und "Dark Shores" und den bandrocklastigen Heilungsversuchen "HEAL", "Hard Love" und "Eraserland" liefert "In Heaven" eine eindrucksvoll erhebende Folkrock-Meditation über Leben, Liebe und Tod. "Es ist eine glückliche Platte", betont Showalter in einem Interview mit dem Magazin Stereogum, "Ich musste einfach diejenigen feiern, die ich lieben durfte. Feiern, dass ich nicht tot bin, sondern, dass ich leben will. Trauer bringt sehr schwere Assoziationen mit sich, doch wie bei den meisten Dingen im Leben ist es kein isoliertes Gefühl. Trauer konnte in meinem Leben auch feierlich sein".
Strand of Oaks läuten eine neue Ära ein. Angefacht durch Showalters Umzug ins texanische Austin und seine Abkehr vom Alkohol, perfektioniert die Band ihre charakteristische Klangvielfalt zu einer ekstatischen Balance und Klarheit. Zusammen mit den My Morning Jacket-Kollegen Carl Broemel an der Gitarre und Bo Koster am Keyboard überführt der 39-jährige Bandleader traditionelle Heartland-Muster in eine kosmische Reflexion zwischen Philosophie, Fantasie und Verrücktheit, in der Elemente über die Zeiten hinweg miteinander kommunizieren und der Sänger als Medium dient. "Galacticana" nennt Showalter sein astronomisches Americana-Programm, das mit Feel-Good-Mantra ("I don’t wanna drag you down") und verzerrten Dinosaur Jr.-Intermezzi eine euphorische Gemeinschaftsutopie entwirft.
Berauschend entfaltet sich das "In Heaven"-Universum über drei Glanzlichter. Mit Smashing Pumpkins-Gitarrist James Iha bringt die melodisch packende Rockhymne "Easter" planetarische und religiöse Motive in Stellung. In einer sechseinhalbminütigen Verschiebung der Elemente wechselt "Hurry" von sanft gehauchtem Soul-Pop ("I’m dissolving into the fog") zu einer psychedelischen Beschwörung ("Till our bodies go back to the water / Till the fire burns to the sea"). Im Kreislauf der Urkräfte öffnet "Horses At Night" den Bezug zu verstorbenen Legenden der Musikgeschichte: Über elegische Harmonien bewegt sich die Space-Odyssee ("We’re just movement in the dark / Lonely fragments made of stars") zu einer abgedrehten Wiederaufführung von Jimi Hendrix’ letztem Konzert ("September 6, 1970 / Was Jimi’s last show in Germany / Fifty years of refracting light / Lonely aliens might hear him in the night").
Natürlich kann ein so kühner Balanceakt nicht immer perfekt funktionieren ("Somewhere In Chicago", "Sister Saturn", "Slipstream"), doch er gelingt tatsächlich öfter als erwartet. "Carbon" brilliert als chemische Formel mit keltischer Violine und Elvis-Hook. Mit eindringlich spürbarem Zugrhythmus ("They say the train leaves at night") bewegt sich "Sunbathers" über alltägliche und absurde Bilder des Landlebens in die Gospel-Fantasie einer Taufe.
Als Höhepunkt der kosmischen Reise glänzt "Jimi & Stan": In einer herrlich verrückten Rock-Träumerei feiert hier Showalters verstorbener Kater im Himmel mit Gitarrengott Jimi Hendrix ("Jimi and Stan in heaven / Making friends going to shows / In my dreams I just hope / they’re having a blast"). Spätestens hier versteht man, was Showalter mit feierlicher Trauer meint.
2 Kommentare
Halt doof, wenn man das Leben, die Liebe und den Tod für arschlangweilig hält.
Respekt für das lebensbejahende Setup, das Showalter hier auf die Rille bringt. Sein bisher bestes Werk. 4 von 5