laut.de-Kritik

Keine Mogelpackung: Drin ist, was drauf steht.

Review von

Um Summer Cem Vorwürfe zu machen, bieten sich einige Punkte an. Sein Faible für (zudem meist autogetuneten) Gesang zum Beispiel. Die gähnende Inhaltsleere. Die penetrant geschmacklose Gestaltung seiner Cover. Etikettenschwindel allerdings gehört ganz sicher nicht dazu.

Wer zu "Babas, Barbies & Bargeld" greift, bekommt genau das: gefühlskalt posierende Machos der ganz alten Schule ohne jeden Hang zur Romantik, hohle Hupen, die dieses Gebaren für den Inbegriff von Männlichkeit halten (oder aus anderen Gründen blöd genug sind, darauf reinzufallen), und ausgiebige Wedelei mit dicken Scheinbündeln. Ob man sich die redlich, auf die linke Tour oder per Kreditkarte des Vaters der aktuell ausgeführten Barbie verschafft hat: egal. Hauptsache, es gibt dafür "Neue Bugatti". Wer zudem einen intensiven Blick aufs Artwork riskiert (mutig, das!), weiß auch gleich ziemlich genau, wie "BBB" klingt.

Man kann es nicht einmal wirklich blöd oder bedauerlich finden, so exakt erfüllt Summer Cem alle Erwartungen. Zumal der gar nicht unsympathische Typ zwar nicht überragend, aber solide flowt, seine leicht angeschabte Stimme (solange er nicht singt) durchaus gut ins Ohr geht, und man ihm bei aller Großkotzerei die zugrunde liegende Bodenständigkeit - "nur noch Kebap, immer noch keine Jakobsmuscheln" - problemlos abkauft.

Wenn überhaupt, dann reflektiert Summer Cem seinen eigenen Werdegang, der kleine Kanacke auf der Welle des Erfolgs. "Slumdog Millionaire" beschreibt seinen Aufstieg, von seinen Anfängen mit Eko Fresh zu "Sucuk & Champagner" in den Hallen von Sony Music und immer "Weiter". Unterwegs noch fix an "Das Erste Mal", respektive diverse erste Male, zurück gedacht und ein paar Hater abgewatscht, dann richtet sich der Blick wieder auf die Gegenwart und nach vorn.

Die Träume, die Summer Cem skizziert, fallen nicht gerade bescheiden, aber auch kein Stück komplex strukturiert aus: Er will es sich und allen anderen beweisen. Das geht offenbar immer noch am besten mit schnellen Autos und willigen Weibern. Alles klar.

Alles? Halt, nein. Noch nicht ganz. Ein paar Fragen hätte ich da doch noch. Seit wann langweilt MoTrip so? Wenn man in einer Nummer ("Dieser Beat") dem Beat huldigt: Warum sucht man sich ausgerechnet dafür nicht einen halbwegs originellen aus, der wenigstens ein bisschen plättet? Vielleicht den aus "Neue Bugatti" mit seinem Bollywood-Twist, das hätte ich eher verstanden. Oder den witzigen Dreivierteltakt, mit dem Illkan "Epilepsie" unterlegt. Nächster Punkt, hier: Was hat das Anmelden des Besitzanspruchs auf die Rap-Krone mit dem Tracktitel zu tun?

Wer kann, ohne Blutgerinnungsstörungen zu entwickeln, das in Komplizenschaft mit KC Rebell eingeheulte Gejaule aus "Deine Ex" anhören? Zwei Drittel der Spielzeit muss überstehen, wer einen halbwegs amtlichen Rappart hören will. Stand für den Text von "Gottlos" Klaus Lages "Tatort"-Nummer "Faust Auf Faust" Pate? So oder so: hart, nicht nur für Schimmi.

Wann kommen endlich, endlich die geschmachteten R'n'B-Hooklines aus der Mode? Onichiwa und, schlimmer noch, Zemine führen vor, wie ausgelutscht das klingt. Um Welten besser macht das RAF Camora mit seinem auf Französisch getoasteten Refrain in "Katapult 2". Dafür verzichte ich auch gerne auf jeden inhaltlichen Zusammenhang zwischen seiner, des Bosses und Summer Cems Strophen.

Warum eigentlich nicht die eine oder andere Geschichte erzählen? "Junkielove" zeigt doch, dass das drin gewesen wäre. Nö, statt dessen will Summer mit "Stress Ohne Grund 2" wohl ein Stückchen im Bushido-Shindy-Skandal-Express mitfahren, wo nicht nur Farid Bang (von dem kennt man es ja kaum anders), sondern gleich auch noch er selbst einen auf Kollegah zu machen versuchen.

Immerhin, am Ende war der Konsum von "Babas, Barbies & Bargeld" nicht ganz vergebens. Ich habe ein weiteres türkisches Wort gelernt: "Halay" bezeichnet einen unter anderem von Türken, Kurden und Aramäern gepflegten Volkstanz. Wer weiß? Irgendwann hilft einem dieses Wissen vielleicht noch weiter.

Trackliste

  1. 1. Doowayst
  2. 2. Slumdog Millionaire
  3. 3. Neue Bugatti
  4. 4. Dieser Beat ft. MoTrip
  5. 5. Dein Ex ft. KC Rebell
  6. 6. Epilepsie
  7. 7. Weiter ft. Eko Fresh
  8. 8. Das Erste Mal ft. Onichiwa
  9. 9. Halay
  10. 10. Junkielove
  11. 11. Gottlos
  12. 12. Katapult 2 ft. Kollegah & RAF Camora
  13. 13. Babas Barbies Bargeld
  14. 14. Diskostoff
  15. 15. Stress Ohne Grund 2 ft. Farid Bang
  16. 16. One Night Cem
  17. 17. Herbst Winter Frühling ft. Zemine

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3 Kommentare mit 15 Antworten

  • Vor 11 Jahren

    "Seit wann langweilt MoTrip so?"

    Schon seit geraumer Zeit, finde ich.

    Mag den Summer prinzipiell, ein ganzes Album mit ihm ist mir dann aber doch too much.

    • Vor 11 Jahren

      absolut richtig. hab auch das embryo.album nicht feiern können. motrip textet gut, das ist sicher. aber seine stimme ist mir zu monoton. auch nur ein feature-rapper wie ich finde. zu summer: der typ war zu egj.zeit echt gut. auch hier und da kam danach was gutes, aber die alben sind schrott. leider...

    • Vor 11 Jahren

      Ich finde.. Mo textet gut, hat eine gute heisere Stimmlage, flowt wie der Teufel und bei embryo passt alles zusammen - der Titeltrack ist eine emotionale Bombe für immer!

    • Vor 11 Jahren

      Das kann nur von einem Trottel kommen, der keinen Plan von Rap hat. MoTrip braucht kein mensch, zumindest nicht auf Albumlänge.

  • Vor 11 Jahren

    hauptproblem von summer cem, einem von mir sehr geschätzten rapper: auf albumlänge funktioniert das nicht. typscher feature-rapper

  • Vor 11 Jahren

    Insgesamt kann ich der Review nur zustimmen. Mehr als 2/5 ist für so eine schwache bis durchwachsene Veranstaltung nicht drin. Ich mag Summer schon seit seinen ersten GD-Sachen, aber Solo klappt's einfach nicht. Ich denke, ich habe ihn da etwas überschätzt. Oder er hat einfach zu lange damit gewartet und es nun nicht mehr drauf... Seinen Charme und Witz hat er jedenfalls irgendwo zwischen seinen Gastparts und dem ersten Solo verloren und stellt - nicht nur bei diesem Cover - immer wieder seine Geschmacklosigkeit unter Beweis. Einige der abartigsten Hooks des Jahres. Kollegah hat aber auf dem Teil mit Raf wieder einen schönen Part, wie ich finde.

    "Stress ohne Grund 2" ist aber keine Fortsetzung des Bushido/Shindy-Teils, sondern eine von "Stress ohne Grund" (in der gleichen Besetzung wie hier) auf "Asphalt Massaka 2" (2010). Das wiederum allerdings natürlich nicht nur vom Beat her an den Titelsong vom ersten "Carlo Cokxxx Nutten" ("Isch komm' auf die Party und mach' Stress ohne Grund!!!") angelehnt ist. Vielleicht ist dir das eh klar, fand es nur etwas verkürzt dargestellt! ;-)

    • Vor 11 Jahren

      das wollt ich auch grad schreiben. fast 1:1 :koks: außer das mit kolle. als feat. schätz ich summer sehr. und er ist -handwerklich- gesehen auf dem level von "kartoffel-rappern" also technisch kann man ihm nix vorwerfen. aber yngwie zündet es nich mehr so =/

    • Vor 11 Jahren

      Du scheinst halt auch Ahnung zu haben. :D

      Was ich in letzter Zeit irgendwie immer öfter denke: Hengzt soll mal endlich sein Album raushauen! Der ist der einzige, dem ich noch zutrauen würde, sein Pöbeln, Protzen und Prollen mit ein wenig Inhalt, Charisma und Humor zu verbinden - und das auch noch in einer raptechnisch und musikalisch ansprechenden Verpackung. Dieses Land wird mit viel zu vielen (unter)durchschnittlichen und schlichtweg langweiligen Tonträgern überschwemmt. Als ob in ein paar Jahren noch irgendjemand z.B. diese ganzen lahmen GD- und Banger-Releases hören wird.

    • Vor 11 Jahren

      Dieser Kommentar wurde vor 11 Jahren durch den Autor entfernt.

    • Vor 11 Jahren

      zuviel masse statt klasse

    • Vor 11 Jahren

      Jepp, das Paradebeispiel ist wohl Farid Bang: Neben all den Features, Freetracks, JBGs etc. schon 4 Solos, das 5. in der Mache - und dabei wohl nicht mal genug gutes Song-Material für ein ordentliches Solo. Naja, die Fans und Farids Portemonnaie freut es vielleicht, ich verzichte dann aber auf den Kauf. Wobei auch Hengzt natürlich nicht ganz freiwillig à la Michael Jackson so lange mit dem Release wartet und daran rumfeilt.

    • Vor 11 Jahren

      hengzt hat es drauf, keine frage. von seinen die letzten monate releasten solotracks bin ich aber eher enttäuscht. liegt aber nur an den beats und nicht an seiner darbietung

    • Vor 11 Jahren

      Joa, die Überbretter waren da nicht unbedingt dabei, aber ich bin trotzdem zuversichtlich, dass es nach so langer Pause was mehr als nur Ordentliches wird. Ballohengzti, übernehmen Sie!

    • Vor 11 Jahren

      ne mischung aus schmetterlingseffekt (das album hatte eine eigene, wirkende "atmosphäre" die man schwer beschreiben) und zahltag (schön hart und direkter hengzt-stil) wäre wunderbar, gerne auch garniert mit versatzstücken der älteren alben wie BS oder den abiturteilen.
      bitte keine oder zumindest wenige partysongs und dergleichen

    • Vor 11 Jahren

      Ja, Party- oder Clubsongs brauche ich auch nicht, das soll er mal den anderen überlassen. Und da ich das hochmusikalische SE-Album und den Auf-die-Fresse-Stil bei Zahltag beide gefeiert habe, würde ich mich über eine Synthese natürlich sehr freuen. Wäre auch ungefähr das, was ich mir erhoffe. Nach seinem ganzen Ärger mit der BPJM könnte man natürlich nur befürchten, dass es textlich Sido-mäßig weichgespült wird, aber mal sehen.

    • Vor 11 Jahren

      Am Hengzt-Release bin ich auch interessiert.

    • Vor 11 Jahren

      Packste das dann in die Herre/Fettes Brot/Deichkind-Playlist?