laut.de-Kritik
Hier wurde an Herz gespart.
Review von Paula FetzerKalte, regnerische Tage sind der perfekte Anlass, zuhause in die Welten von The Cure, Nick Cave & Co. zu versinken. Auch Metalheads lechzen nach neuer Musik, zu der sie in den Herbstmonaten ihrer Melancholie freien Lauf lassen können. Da kommt das neue Werk von Swallow The Sun genau richtig – eigentlich. Die Finnen sind zwar nicht gerade für ihre Heiterkeit bekannt, auf "Shining" probieren sie es dennoch mit versöhnlicheren Tönen. Sie hätten dieses Mal nach "etwas Neuem" und "etwas Hellem" gesucht, heißt es in einem Pressetext. Wie verträgt sich das bitte mit einer Melodic Death-/Doom Metal-Band? Leider gar nicht. Doch an einer womöglich ungewohnten Leichtigkeit liegt es nicht, sondern an dem künstlichen Sound, der so gar nichts mit Swallow The Sun zu tun hat.
Schon in den ersten Sekunden wundert man sich, wessen Musik gerade auf den Kopfhörern läuft. Sofort fällt auf, dass es an Atmosphäre fehlt, die Swallow The Sun sonst so schön aufbauen. Stattdessen geht es gleich zur Sache, ein simpler Beat folgt auf ein einleitendes Riff. Beides wirkt für die Band genauso konstruiert und unnatürlich wie die cleanen Vocals von Mikko Kotamäki, auf die ordentlich Hall gehauen wurde. Damit tut Dan Lancaster der Band keinen Gefallen. Sowieso ist fraglich, wieso das Quintett den Produzenten von Bring Me The Horizon und Muse auswählte.
Dieser begräbt auch auf "What I Have Become" den essenziellen Sound der Formation. Während ein grollendes Intro noch Hoffnung verspricht, ist der in Sachen Kitsch nicht zu übertreffende Refrain nur schwer zu ertragen. "MelancHoly" wirkt ähnlich konfus und befremdlich. Immer wieder fragt man sich, warum die Finnen ihr acht Studioalben lang funktionierendes Rezept für solch beliebige Songs eintauschen. Ein überproduzierter, kalter Sound erstickt den Langspieler und tritt an die Stelle der launigen, düsteren Klänge der Vorgänger-Alben. Außer Kopfschütteln bleibt hier wenig zu ergänzen.
Das Klavierintro von "Velvet Chains" bringt erstmals Charakter in die Platte. Wer die Gastsängerin auf dem Track ist, unterschlagen Swallow The Sun aber. Auf "Charcoal Sky" zaubert Juha Raivio ein schönes Gitarrensolo hin, der auch auf anderen Tracks positiv auffällt. Ein Negativbeispiel in Bezug auf das Songwriting stellt "Tonight Pain Believes" dar. Der Übergang von Strophe zu Refrain kommt so abrupt, dass man ihn fälschlicherweise für einen Fehler bzw. Sprung in der Platte hält. Zum Abschluss gibt es mit dem Titeltrack zumindest im Hinblick auf die Länge das Grande Finale, das alle Facetten des neuen Sounds zusammenfasst.
Nach einem Durchgang von "Shining" ist klar: Wer sich den dunklen Tagen hingeben möchte, ist mit dem Vorgänger "Moonflowers" deutlich besser bedient. Auf "Shining" spielen Swallow The Sun an ihrer Hörerschaft vorbei. Sound und Texte sind plump und kitschig und sie schaffen es nicht, eine musikalische Connection herzustellen. Die Schwermütigkeit ist trotz Wortlaut des Promotextes noch da, allerdings klingt es so, als wurde an Herz gespart.
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