laut.de-Kritik
Hervorragende Beats, aber keine echten Top Stories.
Review von Philipp GässleinVorsicht: Wer beim Albentitel "Topstory" etwa an Storytelling in meisterhafter Manier denkt, könnte falscher nicht liegen. Mit dergleichen hat der junge Rapper herzlich wenig an der Bandana, sieht man von dem schönen Diss in Richtung Ex-Kollege Michael Mic ("Mein Mic") auf dem letzten Album ab. Vielmehr konzentriert sich Taichi auf Berliner Originale: Battlerap, immer wieder mit vertonter Verzweiflung gepaart, wenn der Blick über Vergangenheit und Zukunftsperspektive schweift. Nicht gerade der Gipfel der Innovation, zugegebenermaßen.
Was Taichi, wenn man ein solches Resümee bereits ziehen kann, von der Armee der Berliner Hip Hop-Partisanen unterscheidet, sind im Wesentlichen zwei Punkte. Zum einen packt er seine Texte nicht mit hysterischen Gewaltandrohungen zu. Die Stimme alleine transportiert geballte Aggression, eine Form von Hass auf die Welt und das eigene Dasein, die auf gruselige Art und Weise ans Herz geht. Das bringt den Berliner in die günstige Lage, seinen zweiten Trumpf so wirksam wie nur irgend möglich ausspielen zu können: Das meisterhafte Spiel mit den Worten, das er beim Titeltrack des Vorgängeralbums schon unter Beweis stellte.
Die Beats konturieren diesen frischen Wind angemessen. Ob extreme Synthesizerentladungen oder Gitarrenriffe im Van Halen-Stil, ob bis zur völligen Entstellung gepitchte Soulsamples oder Pianogeklimper in düsterstem Moll wie bei "Königreich" – Taichi hat definitiv die richtigen Produzenten in der Hinterhand. Dazu gibt es mit Jaime, Sentino, Tefla, Manuellsen, Kobra und Robird Stylez auch eine stattliche Featureliste, von den Sängern und Sängerinnen ganz zu schweigen. Ungekrönte Königin der Scheibe bleibt jedoch Bahar. Die gute Frau zieht dem Gastgeber in "Ich Denk An Dich" mit Charme und unzweifelhaft großem Talent beinahe die Hosen aus. Langfristig hat der Track kaum eine Chance, im Gedächtnis zu bleiben, aber für den Moment hinterlässt er ein fettes Grinsen.
Diese Phrase lässt sich übrigens auf beinahe jedes Stück des Albums anwenden. So oft die Brillanz des Berliners auch überall aufblitzt, so sehr mangelt es an Bomben. Bleibenden Eindruck hinterlassen in erster Linie Tracks wie "Königreich", "Leb Deinen Traum", "Stück Vom Glück", allesamt Ergebnisse einer intensiven Reise in sich selbst verbunden mit entsprechend heftigem Auskotzen.
Auf seinem aktuellen Album steigert sich Taichi noch einmal deutlich, das ist zweifellos zu konstatieren. Er hat Ideen, er hat eine gute Technik und hervorragende Beats. Was ihm fehlt, ist die richtige Nase, um richtig große Tracks, eben Topstories, zu kreieren. Sicherlich kann sich der Berliner bereits zurecht als eines der größten Talente der heimischen Rapszene rühmen – aber auf diesen Lorbeeren auszuruhen wäre falsch. Außerdem gehen die beim Waschen nicht aus der Baggie.
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