4. November 2016

"In einer Stunde wird das Gras geliefert"

Interview geführt von

Alle vier Jahre erscheint ein neues Testament-Album, alle vier Jahre zeigen die Thrash-Metaller aus San Francisco dem Nachwuchs, was eine Harke ist. Mit dem starken "Brotherhood Of The Snake" im Gepäck geht wiederum nichts schief. Zeit für ein Pläuschchen mit Frontschrank Chuck Billy in professioneller Business-Atmosphäre, Aliens und uralte Geheimbünde inklusive.

Einer der Orte, die man als normalsterblicher Mensch selten betritt, sind Flughafen-Hotels. Zumal, wenn sie in einer gewissen Preisklasse liegen. Während man also noch das käuflich zu erwerbende Geschmeide in einer der Vitrinen studiert, wird man alsbald in den kleinen Konferenzsaal zu Schnittchen und Getränken gebeten - und zu Chuck Billy. Die imposante Gestalt wirkt gut ausgeruht und nippt entspannt an einem Wasserglas.

Gibst du eigentlich gerne Interviews?

Es gehört halt dazu. Aber es ist eine Menge Arbeit. Wir geben heute den ganzen Tag Interviews, gestern waren wir in Paris, morgen dann in Stockholm und so weiter. Es gibt ja auch einiges zu bereden. Die Platte ist endlich fertig, wir sind stolz drauf. Sie hat uns einiges an Kopfzerbrechen bereitet, es war teilweise sehr nervig.

Ihr habt euch wieder vier Jahre Zeit gelassen.

Ja, aber wir haben vor zwei Jahren mit der Arbeit begonnen. Als wir dann endlich ins Studio gingen, war immer noch nicht alles fertig.

Wie schreibt ihr denn eure Songs? Trefft ihr euch zum Jammen?

Normalerweise schon, ja. Wir schmeißen eine Drum Machine an und spielen rum. Später machen wir daraus ein richtiges Demo. Dieses Mal hat Eric aber für Spannungen gesorgt. Er hatte einige Riffs schon eineinhalb Jahre und hat sie einfach nicht fertiggestellt. Eric und ich waren die einzigen, die wirklich was für die Platte geschrieben haben. Also musste ich ihn immer drängen, jetzt mal in die Gänge zu kommen und die Songs zu beenden. Ich lege meine Texte dann auf die bestehende Songstruktur drauf. Aber wenn ich nicht weiß, für welchen Teil ich gerade ein paar Zeilen schreiben soll, dann klappt es nicht. Dementsprechend hatten wir etwas Stress zwischen uns. Die Platte sollte zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig sein, da wir schon Tourdaten gebucht hatten. Wurde natürlich nix und wir dachten, gut, machen wir den Rest eben auf Tour. Denkste. Und Gene (Hoglan, Schlagzeuger - Anm. d. Red.) war nur begrenzt verfügbar. Daher war klar: Wenn wir nicht bald mit den Aufnahmen anfangen, gibt es dieses Jahr kein neues Album.

Versteh ich das richtig? Alex (Skolnick) war gar nicht ins Songwriting eingebunden?

War er nicht. Und dann saßen wir alle im Studio und hatten keine fertigen Songs. Ich machte mir da echt Sorgen. Waren wir zu früh ins Studio gegangen? Würde das Ergebnis furchtbar werden? War es eine riesige Zeitverschwendung für alle, sollten wir die Teile wegschmeißen und komplett neu anfangen? Das führte jedenfalls zu einigen Spannungen zwischen uns. Aber: Das hat sich bei den Songs bezahlt gemacht, die Frustration floss direkt ins Schreiben ein. Als wir erstmal konsequent anfingen, die Einzelteile zusammenzubauen und Texte draufzulegen, wurde plötzlich ein Ganzes draus. Der Druck hat dazu geführt, dass wir unsere Komfortzone verlassen haben.

Klingt die Platte auch deshalb thrashiger?

Wir wussten im Vorfeld schon, dass wir es thrashiger haben wollten. Vor dem letzten Album hatten wir auch schon eine Diskussion. Ich bin immer noch stolz auf "Dark Roots Of Earth", aber im Nachhinein hätte es weniger Midtempo-Songs und mehr Auf-die-Zwölf vertragen können. Außerdem gehen unsere Fans live bei den alten Thrash-Nummern wie "Over The Wall" am meisten ab. Wir beschlossen, mehr Zeug dieser Art zu schreiben, Sachen mit mehr Energie und Thrash. Wir zielten auf einen fetteren Schlagzeugsound und ich für meinen Teil wollte weniger death-mäßig growlen, sondern den Gesangsanteil etwas erhöhen.

Wie habt ihr das Album aufgenommen?

Eric und ich haben die meiste Arbeit gemacht, aber wir hatten einen Tontechniker als Hilfe dabei. Juan Urteaga, ein netter Typ aus der Gegend. Er hat schon mit Robb Flynn von Machine Head und einigen Bay-Area-Bands gearbeitet - und wir nehmen seine Dienste auch schon eine Weile in Anspruch. Juan arbeitet schnell und zuverlässig. Außerdem kommt Andy (Sneap, Produzent - Anm. d. Red.) gut mit ihm klar. Wir hatten im Vorfeld überlegt, dieses Mal komplett auf Andy zu verzichten. Einfach, um mal etwas Abwechslung reinzubringen und vielleicht einen neuen Sound zu finden. Also haben wir rumprobiert. Die erste Nummer, die fertig aufgenommen war, ist "Brotherhood Of The Snake". Das haben wir dann von Randy Staub mixen lassen. Der hat früher schon mit Metallica gearbeitet, aber seine letzen Sachen waren Mixe für Avril Lavigne, Nickelback, solche Leute. Sein Sound ist cleaner und kommerzieller, wir wollten wissen, ob das zu uns passt. Er hat einen guten Job abgeliefert. Als wir die Sachen dann an Andy schickten, um dessen Meinung dazu einzuholen, hat er uns viele Änderungsvorschläge gemacht. Und letztlich sind wir dann auch wieder zu seinen Ideen zurückgegangen. Er kennt uns einfach am besten.

Macht es eigentlich einen Unterschied, ob Andy Sneap produziert oder ob er "nur" mixt?

Für mich bedeutet Produzieren, Songs zu erschaffen und zu arrangieren. Also das, was Eric und ich machen. Für "Dark Roots" kam Andy nach San Francisco und nahm Gitarren und Schlagzeugspuren selbst auf. Das war schon mal ein großer Schritt in die richtige Richtung. Aber dieses Jahr dachten wir: Juan schafft das auch alleine. Die beiden haben sich dann getroffen, damit Juan die Spuren auch so aufnimmt, wie Andy sich das vorstellt. Klappte problemlos, die liegen auf einer Wellenlänge.

"In einer Stunde wird das Gras geliefert"

Erzähl mir mal was zu den Texten der neuen Platte. Du hattest im Vorfeld angedeutet, dass es eine Menge an Themen geben würde.

Für die letzten paar Platten hab ich Texte geschrieben, die "real" waren. Texte über den Verlust eines Elternteils oder darüber, krank zu werden und Krebs zu bekommen - einfach Dinge, die jeden betreffen. Für Eric war einiges wohl zu nahe. Jedenfalls schlug er vor, davon wieder wegzugehen und andere Metaltexte zu schreiben. Texte, die Metal sind, ohne die üblichen Klischees zu bedienen. Zu dem Zeitpunkt sah ich gerade eine Doku-Reihe namens "Ancient Aliens". Da ging es um den Zusammenhang von Außerirdischen und Religion, ich wurde neugierig. Schon in alten Schriftrollen der Weltreligionen und in antiken Wandmalereien tauchen diese Zeichnungen von Aliens mit langen Armen und großen Köpfen auf. Ich fragte mich, was es damit auf sich hat. Vielleicht ist an dem ganzen Ding mit Außerirdischen, die uns überwachen und kontrollieren, ja was dran.

Und über die Brotherhood Of The Snake bin ich auch gestolpert. Das ist ein über 6000 Jahre alter Geheimbund, der aus der Zeit der Sumerer stammt. Die Geschichte ging so: Anu, König der Aliens, erschuf die Menschheit und verdammte sie dazu, auf der Erde nach Gold und Bodenschätzen zu graben. Ich dachte: Super, das ist ein hervorragender Ausgangspunkt für mich, um was über Religon, Außerirdische und all diese Dinge zu schreiben. Daraus wurden dann die Songs "The Pale King" und "Seven Seals". Letztlich sind diese Themen alle mit der Erde verbunden. Auch "Cana-Business", es geht schließlich um etwas, das aus dem Boden wächst.

Da reden wir dann aber von anderen Aliens.

(Lacht). Ein anderer Song heißt "Stronghold", da geht es um Macht. In unserer Gesellschaft geht es ständig nur um Macht. Außerdem hab ich mich mit Symbolismus beschäftigt, mit Pyramiden auf Dollar-Scheinen und Schlangen, die sich um Stangen winden und als Zeichen für Ärzte herhalten. Das ist alles direkt vor unseren Augen. Vielleicht existiert die Brotherhood heute immer noch. Naja, jedenfalls kam der Ball mit diesen Themen ins Rollen.

Da du "Cana-Business" gerade erwähnt hast: Ihr hattet eine Marihuana-Legalisierung in einigen Bundesstaaten?

Ja. In Colorado kannst du jetzt in einen ganz normalen Laden gehen, deinen Ausweis vorzeigen und du bekommst Gras.

Was für ein Ausweis ist das?

Dein Führerschein, der reicht da vollkommen aus. In Kalifornien musst du dir eine Medical Card besorgen, die du vom Arzt bekommst. Ich hab meine seit letztem Jahr. Und dann hast du eine App auf deinem Telefon, die dir sagt, wer in der Nähe was zu rauchen liefern kann. So ähnlich wie Uber. (lacht) Da poppt dann eine Speisekarte auf und du bestellst, was du willst. Innerhalb einer Stunde wird dir das Zeug ins Haus geliefert. Und ich denk nur so: Was für ein Geschäftsmodell! Wenn man sich anschaut, welche Geldmengen in Colorado seitdem umgesetzt werden, ist es beachtlich.

Aber hier geht's ja nicht nur um den finanziellen Aspekt. Dass da beispielsweise fünf Brüder Gras anbauen, das zu medizinischen Behandlungszwecken und in Forschungsprojekten verwendet wird, hätte vorher auch keiner gedacht. Wenn du dir anschaust, dass du vorher Kinder mit Anfällen hattest, denen jetzt viel leichter geholfen werden kann, dann ist das eine tolle Sache. Seitdem ziehen viele Familien nach Colorado. Es ist traurig, dass Menschen wegen solcher Dinge entwurzelt werden und ihre Heimatgegenden verlassen, nur weil ihre Regierungsvertreter Marihuana für eine Teufelsdroge halten. Dabei ist Alkohol viel gefährlicher. Ich hab noch nie von einem Kiffer gehört, der sein Auto zu Schrott gefahren hätte. Oder paranoid wurde.

Man wird allerdings schneller fett von der ganzen Fresserei.

(lacht dreckig) Stimmt, haha. Aber das Ganze wird allmählich besser, immer mehr Staaten schließen sich an. Und dann erzählen dir unsere Volksvertreter was vom Haushaltsloch. Alter, deine Lösung liegt direkt vor dir, sie wächst hier aus der Erde! Alleine in Colorado gab es durch Marihuana Steuereinnahmen in Höhe von 200 Millionen Dollar. Wenn man das auf alle Bundesstaaten übertragen würde, hätte man keine Haushaltsprobleme.

Den "Pale King" hast du vorhin bereits erwähnt. Wer ist das?

Hat auch mit der Brotherhood zu tun. Als ich die Geschichte von Anu zum ersten Mal hörte, hab ich mir sofort ein großes, weißes Alien vorgestellt. Und Textideen entworfen, er würde auf die Erde kommen und dort die Kontrolle an sich reißen. Wie ein galaktischer Herrscher. Wenn du "brotherhood of the snake" googelst, wirst du auf diese sumerische Geheimorganisation stoßen. Es ist eine interessante Geschichte, ich hab mich von meiner ersten Assoziation treiben lassen. Ist doch geil, ein weißes Wesen, das aus dem Nichts erscheint, um die Menschheit zu unterjochen.

Welches Stück von der neuen Platte gefällt dir am besten?

Schwierig. Ich würde wahrscheinlich "Seven Seals" wählen, denn dieser Song kam spontan dazu. Eric hatte plötzlich noch dieses Stück, eine Woche, bevor ich mit den Gesangsaufnahmen anfangen wollte. Er gab mir ein Tape, ich hörte es im Auto rauf und runter und hab dann am gleichen Abend noch den Text geschrieben. Eine "Seven Seals"-Idee hatte ich schon länger. Es geht im Kern um die biblische Geschichte aus der Offenbarung. Ein Kampf zwischen Christus und Satan entbrennt, Jesus gewinnt schließlich. Durch diesen Sieg verdient er sich das Recht, die sieben Siegel zu brechen. Der Rest ist bekannt, unsere Welt endet. Also dachte ich: Das passt doch gut zu dem neuen Song. Am nächsten Tag haben wir das Stück aufgenommen und ich finde, es ist sehr stark geworden. Wenn Songs so spontan entstehen und man sich auf sein Bauchgefühl verlässt, bedeuten sie einfach mehr und werden etwas Besonderes für einen selbst.

"Labels verdienen mit Alben besser"

Deine Gesangsleistung ist ziemlich beachtlich, deine Stimme klingt immer noch so stark. Du bist ja nun auch nicht mehr der Jüngste, also interessiert mich: Machst du ein Gesangstraining?

Ich habe keinen Gesangslehrer, wenn du das meinst. Als wir mit Testament angefangen haben, bin ich aber für Gesangsstunden auf ein College gegangen und hatte jahrelang private Stunden. Ich war ja früher Gitarrist. Mein jüngerer Bruder hatte da diese Band, zu deren Proben ich immer aufgetaucht bin. In dieser Band sang jeder mindestens einen Song. Eines Tages gaben sie mir plötzlich Texte und meinten: Hey, du singst heute. Also sang ich an diesem Tag und sie meinten, ich sei jetzt der neue Sänger. Und ich so: Öh, ich hab doch gar keine Ahnung, was man als Sänger so machen muss. Deshalb habe ich dann die Stunden genommen, ich wollte schließlich einen guten Job machen. Dann bin ich zu einer Audition gegangen und wurde schließlich Sänger von Legacy (ursprünglicher Name von Testament - Anm. d. Red.). Es war mein erstes Vorsingen und ich war gleich erfolgreich. Seitdem mache ich das hier.

Ich hab allerdings eine Kassette von Judy Davis, einer meiner Gesangslehrerinnen von damals. Sie war 75 Jahre alt und rauchte wie ein Schlot, aber sie unterrichtete Leute wie Eric Martin, Steve Perry oder die Schauspielerin Lucille Ball. Auf der Kassette ist jedenfalls ein einstündiges Aufwärm-Programm, das ich jedes Mal benutzte, bevor ich irgendwo sang. Auch heute noch. Ich brauche es eigentlich nicht mehr, es ist mehr eine mentale Sache, eine Routine. Wenn ich's wegließe, hätte ich ein komisches Gefühl. Heute mache ich es auch, um eine bessere Leistung abzuliefern auf der Bühne. Als wir anfingen, war ich jung. Ich wollte Rock'n'Roll, Party, Frauen, Joints rauchen und die ganze Nacht wachbleiben. Die Zeiten sind vorbei. Ich finde, dass ich heute besser und stärker singe und mit mehr Selbstvertrauen.

Du erwähntest deine Anfänge. Wolltest du immer schon harte Musik machen?

Ich wollte vor allem Gitarre spielen. Und ich war älter als die anderen in der Band, hörte Bands wie Ratt und Dokken. Also mehr die Hardrock-Schiene mit mehr Melodie beim Gesang.

Hattest du schönes lockiges Haar?

Ich hatte Locken, eine Dauerwelle, das volle Programm. Auch noch ein paar neckige Strähnchen. Bevor ich Legacy beitrat, war noch Steve Souza der Sänger. Er stieg dann aus, um bei Exodus anzufangen, und schlug mich als Ersatz vor. Ich hörte mir also das Legacy-Demo an und war erstaunt, wie erwachsen die Songs klangen. Die Jungs waren so zwischen 15 und 19 und schrieben schon diese technisch komplizierten Nummern. Metallica und Exodus hatten sich bereits einen Namen gemacht, aber für mich war die ganze Thrash-Geschichte noch neu und ich verstand sie nicht. Ich merkte nur, dass es weniger um Melodie als um Einstellung ging und die Frontleute schneller sangen als ich. Die erste Platte war da schon fertig geschrieben, inklusive Zets (Steve Souza - Anm. d. Red.) Texten. Ich musste also seine Texte und seinen Stil lernen. Eric half mir dabei, vor allem beim Timing. Die ersten paar Jahre in der Band waren für mich eine Art Schnelllehrgang in Sachen Thrash. Als "The New Order" erschien, hatte ich es verinnerlicht. Trotzdem hab ich mich immer etwas abgehoben, weil ich gerne etwas Melodie dabei habe.

Als Hörer ist das auch nicht anders. Als ich zum ersten Mal mit Metal in Berührung kam, war das eine total fremde Welt.

Ja, man muss sein Gehör erst trainieren. Dir ist die Musik fremd, die Strukuren und Harmonien. Wenn ich zurückdenke, gab es in der Bay Area vor der Thrash-Welle vor allem Punkrock, dafür war die Gegend bekannt. Punk ist in erster Linie eine Frage der Einstellung, genau wie Metal. Nur weniger melodiös. Metal hat ein bisschen was von beiden Welten. Richtig verstanden habe ich die Musik erst, als ich sie selbst machte. Dann ging es aber umso schneller.

Wir müssen leider zum Schluss kommen, daher noch ein kurzer Themenwechsel. Leidet ihr eigentlich als Metalband unter illegalen Downloads und Streaming? Metalfans kaufen ja weiterhin eher physische Tonträger.

Stimmt, der Metalfan hat gerne was in der Hand. Ich bin ja noch mit Vinyl aufgewachsen, in den letzten Jahren hat das ein Comeback erlebt. Freut mich, denn ich hab gerne die großen Artworks und das Gefühl, etwas vor mir zu haben. Was du ansprichst, betrifft die Metalszene also in geringerem Ausmaß. Ich schätze mal, als Popkünstler dürftest du mehr Probleme haben. Es sind auch einfach andere Zeiten. Leute, die streamen oder downloaden, interessieren sich meist nicht für ein ganzes Album, sondern nur einzelne Stücke. Die Single, die sie aus dem Radio kennen, für zwei Dollar. Vielleicht verändert das die Musikbranche etwas, vielleicht nehmen Bands in Zukunft weniger Alben auf und konzentrieren sich auf Singles oder EPs. Für einige Bands könnte das sogar positiv sein. Wenn du mehr Musik über das Jahr verteilt veröffentlichst, hast du auch mehr Aufmerksamkeit über den ganzen Zeitraum. Nirvana haben für jede Tour, auf die sie gingen, eine neue Single gepresst. Ich fand das brillant von ihnen, immer was Neues in Arbeit zu haben, worauf sich die Fans freuen konnten.

Die Mentalität hat sich momentan wieder Richtung Single verschoben. Das ist schlecht für die Labels. Die wollen Alben, weil sie damit mehr Geld verdienen können. Für uns ist es natürlich besser, physische Tonträger zu verkaufen, weil da bei uns auch mehr hängen bleibt als beim digitalen Download.

Selbst, wenn ihr wolltet, könntet ihr gar nicht mehr Vinylexemplare pressen lassen, weil die Presswerke schon hoffnungslos überfordert sind.

Oh ja. Früher bekamen wir ein Datum, bis zu welchem wir mit den Aufnahmen fertig sein mussten, damit das Vinyl rechtzeitig gepresst werden konnte. Heute geht es nur noch darum, wann das Presswerk Zeit und Kapazität hat. Vorher geben wir gar keine Veröffentlichungsdaten bekannt. Das Vinyl wurde Anfang Juli bestellt, damit es rechtzeitig zu Ende Oktober ausgeliefert werden konnte. Oder wir hätten die Platte erst nächstes Jahr veröffentlichen können. Und das war schon äußerst knapp kalkuliert.

Ich hab zuerst gedacht: Warum warten wir auf Vinyl? CDs werden doch viel mehr verkauft. Aber wenn du dir die großen Ketten in den USA anschaust, wo heute noch Musik verkauft wird, dann wollen die gerne Vinyl in die Läden stellen. Finden sie wohl repräsentativer.

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