laut.de-Kritik

Mit dem Chevy in die Waschanlage.

Review von

Zeitgenössische Classic-Rock-Bands haben es heute oft schwer. Oft als ideenlose Nachmacher verschrien, gehört schon etwas dazu, sich eine gewisse Eigenständigkeit bzw. gar Wiedererkennbarkeit zu erarbeiten. The Answer aus Nordirland gehören zweifellos zu den erfahrenen Künstlern dieses Genres. Der ganz große Durchbruch auf internationaler Bühne blieb dem Quartett aber bisher verwehrt.

Vielleicht haben sich The Answer auch deshalb geschlagene sieben Jahre für "Sundowners" Zeit gelassen. Sieben Jahre, in denen im Retro-Rock viel passiert ist. Bands wie die Rival Sons oder die Blues Pills übernahmen in dieser Zeit die Vorreiterrolle. Erstere kommen einem beim Hören des Openers und Titeltracks sofort in den Sinn. Ein unaufhörlich marschierender Track, gespickt mit bluesigen Riffs und Cormac Neesons Gesang – das erinnert stark an die Kalifornier. Einen leichten U2-Vibe wage ich ebenfalls herauszuhören.

Die Vorab-Single "Blood Brother" ist dagegen ein ordentlicher Stampfer im Stile der Black Keys. Das Quartett garniert
den Track mit kleinen Claps und Orgel, die Produktion lässt allerdings ein bisschen Dreck vermissen. Der Chevy in der Wüste Nevadas, aber eben gerade frisch aus der Waschanlage. Die Boots an den Füßen, aber gerade frisch gekauft.

"California Rust" zeigt einen weiteren großen Einfluss der Nordiren: Gitarrist Paul Mahon schießt ein knackiges Riff aus dem Sechssaiter, zusammen mit Neesons Gesang bleibt der Vergleich mit den Black Crowes unvermeidlich. Mit dem erdigen Sound und der großen Hook bildet der Song eine der wenigen Ausnahmen auf "Sundowners", auf eingängige und massentaugliche Refrains verzichten The Answer nämlich weitgehend.

Klassische Riffs und eine Prise Blues: Nach diesem Motto verfahren auch "Want You To Love Me" und "Oh Cherry". The Answer wissen definitiv um ihre Einflüsse und ihr eigenes Können. Die Songs verkanten sich aber manchmal ein bisschen im Gehörgang. "No Salvation" nimmt einen mit in die Zeit, in der Männer mit langen Haaren und engen Hosen noch echte Balladen spielten. Mit Mundharmonika und Gitarrensolo schwingt ein ordentlicher 80s-Vibe mit. "Cold Heart" und "All Together" bewegen sich dann wieder im bewährten Blues-Riff-Muster, bleiben aber nicht so wirklich hängen.

Hier dümpelt die Platte ein wenig vor sich hin, bevor mit "Livin On The Line" wieder eine echte Bluesrock-Hymne durch die Boxen groovt. In diesen Momenten gefallen mir The Answer am besten. Weniger bemüht rohe Riffs, sondern sauber geschriebene und komponierte Songs, die sich frei entwickeln dürfen. "Get Back On It" nimmt die Hörerschaft noch einmal mit in den Hardrock der 80er, bevor sich The Answer mit "Always Right" zum Abschluss von ihrer gefühlvollen Seite zeigen. Trotz kleinerer Lückenfüller ist "Sundowners" ein Album geworden, bei dem Liebhaber des klassischen Bluesrock bedenkenlos zugreifen können.

Trackliste

  1. 1. Sundowners
  2. 2. Blood Brother
  3. 3. California Rust
  4. 4. Want You To Love Me
  5. 5. Oh Cherry
  6. 6. No Salvation
  7. 7. Cold Heart
  8. 8. All Together
  9. 9. Livin' On The Line
  10. 10. Get Back On It
  11. 11. Always Alright

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