laut.de-Kritik

Das "Happy" des Progrock.

Review von

The Tangent sind einfach anders als die meisten Progbands. Der Titeltrack könnte auch "Alf Returns" heißen. Quasi das "Happy" des Progrock. Ein flotter, schnörkelloser Opener mit knackigen Breaks und einer ultrakitschigen Keyboard-Hook aus dem Final Countdown-Plug-In für gruselige Sounds.

Dieser Song gibt in etwa die Marschrichtung vor: Spontaenität schlägt konzeptuelle Strenge. Was auf dem Vorgänger noch einen roten Faden generierte, ufert auf "A Spark in The Aether" in einen kaleidoskopischen Derwisch-Tanz um Jazz, Prog, Rock, Impro, Funk, Pop, Big Band und Ethno aus.

Das Nebeneinander der Stile wirkt wie eine Revue. Quasi eine Posse auf den aktuellen Prog-Betrieb mit seiner verkrampften Wir machen Kunst-Haltung. Doch genau diesen reflexiven Blick auf das Genre behandelte das Debüt, das als Sequel im Untertitel der neuen Platte wieder aufgegriffen wird: "The Music That Died Alone, Volume Two".

Dem Zusammenspiel und der musikalischen Themenfindung nicht abträglich war die Tatsache, dass das Line-Up der Europatour 2014 dasselbe geblieben ist. Bassist Jonas Reingold (The Flower Kings), der von Steven Wilsons Solo-Alben bekannte Flötist und Saxofonist Theo Travis, Luke Machin (Gitarre) und der ehemalige Zappa-Drummer Morgan Agren stehen Frontkauz und Multiinstrumentalist Andy Tillison zur Seite.

Die Band arbeitet mit melodischen Streiflichtern, die an TV-Serien und Filme der 70er und 80er erinnern. Der überlange und überragende Track "Celluloid Road" liest sich auf lyrischer Seite wie ein Coast to coast-Trip durch Amerikas bekannteste Filme und Serien und schlägt mitunter genau diesen Ton musikalisch an. Vorbei der symphonische Grundgedanke von "Le Sacre Du Travail", hier hangelt sich eine fünfköpfige Band, aufgemotzt durch Big Band-Brass, durch ein imaginäres Amerika.

Mit einem Augenzwinkern, aber sicherlich auch mit einem funken Wahrheit versehen, umschreibt Tillison die Musik, als wäre der Tourbus von Gentle Giant in den von Earth, Wind & Fire gekracht. Der britische Humor blitzt an vielen Stellen durch, gibt es auf dem bandeigenen Blog doch ein schönes Foto des rothaarigen Tillison neben seinem Lookalike, dem Maskottchen einer bekannten Fastfood-Kette. Canterbury Sound as its best!

Hier hört man keine Hi-Fi-Produktion à la Wilson, sondern ein liebevoll ineinander geschachteltes Puzzle von Old School-Sounds und Instrumenten voller Dynamik und klanglicher Vielfalt. The Tangent waren nie Arenakings oder Megaseller - kaum eine der großen Prog-Bands nahm wirklich Notiz von ihnen. Und doch überzeugen sie mit ihrer abwechslungsreichen, nie anbiedernden Musik und sind aktuell das beste Bindeglied, um der allmählich verblassenden Hintergrundstrahlung der Prog-Heroen der 70er neue geistreiche Funken einzuhauchen.

Trackliste

  1. 1. A Spark In The Aether
  2. 2. Codpieces and Capes
  3. 3. Clearing The Attic
  4. 4. Aftereugene
  5. 5. The Celluloid Road
  6. 6. A Spark In The Aether (Part 2)
  7. 7. San Francisco Radio Edit (Bonustrack)

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