laut.de-Kritik

An Reife gewonnen, an Faszination nichts verloren.

Review von

"Für 'Coexist' sind wir in allen Belangen enger zusammengerückt. Wir verstehen den Begriff als halbpessimistische Zukunftsvision. Oder halboptimistisch", so Sängerin Romy Madley Croft. Wie jetzt, ist für The XX das Glas halb leer oder eher doch halb voll? Schwer einzuschätzen, denn die drei Londoner glänzen noch immer mit Zurückhaltung und Minimalismus.

Gleich zu Anfang präsentiert die zum Trio geschrumpfte Formation mit "Angels" ein wahres Goldstück. Romys Stimme paart sich mit den gewohnten Gitarrenzupfern und haucht die Zeilen "And With Words Unspoken / A Silent Devotion / I Know You Know What I Mean" - subtile Romantik vom Feinsten. Das Gegenstück bildet "Fiction", worin sich nur Oliver Sims Stimme mit Gitarre und Drum-Maschine unterhält. Viel mehr aber fesselt "Chained": Romy und Oliver stehen hier wieder im Dialog miteinander, unterstützt von Jamie Smiths Beats. Das Duo wirkt nun viel weniger zerbrechlich als noch vor drei Jahren.

Die Kunst der XX besteht bekanntlich darin, mit wenig Aufwand viel Aufmerksamkeit zu erreichen. Der maximale Minimalismus spiegelt sich nicht nur in ihren Songtiteln wieder. Ruhige, verhallende Keyboard- und Gitarrenklänge stehen im Einklang mit kurzen, schnörkellosen Sätzen. Dieses Konzept sorgte 2009 mit dem gleichnamigen Debütalbum für einen riesigen Überraschungserfolg. Nach drei Jahren auf Tournee, der Selbstfindung und dem Ausstieg von Keyboarderin Baria Qureshi lag die Vermutung nahe, die Gruppe klinge nun vielleicht anders.

Doch das Trio aus London ist dem alten Konzept treu geblieben – zum Glück! Große Gefühle in kleine Worte verpackt, die dennoch genügend Tiefe bieten. Romys und Olivers Stimmen mangelt es zwar an Vielseitigkeit, jedoch nicht an Ausdrucksstärke. Gerade der sehr lässige (teilweise nur gesprochene) Gesang und die Mühelosigkeit bezaubern immer wieder aufs Neue.

Dabei klingt beim ersten Hören alles noch ziemlich ähnlich und etwas eintönig. Doch auch das gehört zum Rezept der XX: Je häufiger man sich ihrer Musik aussetzt, desto mehr öffnen sich die Melodien. Besonders Jamie Smith trägt einen großen Teil dazu bei. Der Herr über den Drum-Computer machte sich in letzter Zeit nicht nur als Jamie XX solo einen Namen, erstmals war er auch am Songwriting beteiligt.

Sowohl bei "Reunion" als auch bei "Swept Away" setzt der pulsierende Beat genau an der richtigen Stelle ein, bei "Sunset" stolpert er anfangs fast genauso schön wie in "Heart Skipped A Beat" von 2009. Nachdem in zehn traurigen, hoffnungsvollen und nachdenklichen Texten emotionale Zerwürfnisse thematisiert wurden, kehrt mit "Our Song" schließlich Zuversicht und Ruhe ein.

Folglich ist es schwer zu sagen, ob wir es hier mit Opti- oder Pessimisten zu tun haben. "Coexist" erscheint niemals wirklich trostlos oder düster, die große Euphorie vermisst man aber auch. Vielleicht steht der Albumtitel ja einfach für die Koexistenz dieser beiden Begriffe, findet man doch Hoffnung direkt neben Schwermut.

Generell ist es noch immer die Art von Musik, die man gerne in nachdenklichen, stillen Momenten bevorzugt alleine hört. Zwar etwas reifer und sicherer, leben die XX aber noch immer in ihrem eigenen, selbstkreierten Kosmos. Und sie machen weiterhin das, was sie am besten können: Mit geheimnisvollen, unterkühlten Klängen bezaubern und eine gelungene Fortsetzung des großartigen Debüts vorlegen.

Trackliste

  1. 1. Angels
  2. 2. Chained
  3. 3. Fiction
  4. 4. Try
  5. 5. Reunion
  6. 6. Sunset
  7. 7. Missing
  8. 8. Tides
  9. 9. Unfold
  10. 10. Swept Away
  11. 11. Our Song

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22 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Ich kann der Review nur bedingt zustimmen. "xx" war eine geniale Neuheit, "Coexist" ist eine weitere gute Platte, die jedoch nicht mehr so stark überraschen kann - und bei weitem nicht solche tollen Innovationen wie der Erstling mit bringt. Meine Review zum Album: http://klack-klack-sounds.blogspot.de/2012…

  • Vor 11 Jahren

    Habe das Werk erst einmal gehört und nur zwei Lieder sind mir positiv aufgefallen. Der Rest plätscherte dahin.
    Aber vielleicht muss man sich da mehr reinhören.
    Schlecht ist das Album nicht wirklich, nur im ersten Moment etwas unauffällig/schlicht.

  • Vor 11 Jahren

    Bin ich der einzige dem die Musik etwas langweilig ist ??? Also das erste Album war OK, das hier geht auch in Ordnung, aber sicher nicht weltbewegend oder Platte des Jahres wie von einigen Medien dargestellt. Immer wen ich das neue Album höre, wünsche ich mir sie würden mehr aus sich rausgehen, einfach energischer sein. Mehr Bloc Party oder Editors Richtung.