laut.de-Kritik
Bühne frei für zahlreiche Poprock-Klassiker mit Kulturerbe-Format.
Review von Yan VogelFür eine zünftige Geburtstagsfeier eignet sich Amsterdam allemal, zumal es hier nicht nur Rausch- und Schaufensterwaren zu konsumieren gibt, sondern auch sehenswerte Konzertlocations wie den recht neuen Entertainment-Tempel Ziggo Dome oder das altehrwürdige Melkweg. Das dachte sich auch die amerikanische Rock-Instution anlässlich ihres Vierzigsten. Da Stadionrock wie bei den Plüschfaust-Rock-Kollegen von Journey auch als Synonym für Toto steht, schlägt die Band um die Gründungsmitglieder Steve Lukather, David Paich und Steve Porcaro im Ziggo Dome mit einem Fassungsvermögen von 18.000 Zuschauern auf.
Ein weiterer Anreiz, die Stadt zu beehren, war laut Frontmann Joseph Williams der erste Nr. 1 Hit weltweit im Land der Tulpen und Vize-Weltmeisterschaften. Entsprechend fungiert "Hold The Line" als prima Eisbrecher. So schlimm der Name der Location auch klingt, so großartig spielt die um zahlreiche Gastmusiker verstärkte Formation hier auf: Bühne frei für zahlreiche Klassiker mit Poprock-Kulturerbe-Format, die trotz Radio-Tauglichkeit große songwriterische Finesse offenbaren.
Wer sich zum Jubiläum schon die Best-Of "40 Trips Around The Sun" ins Regal gestellt hat, erfreut sich an diesem wesentlich aussagekräftigeren Geburtstagsgeschenk. Keine Frage stehen die Megaseller "Rosanna" und "Africa" auf der Setlist. Die Versionen fallen äußerst hörenswert aus, gerade der letztgenannte Klassiker gewinnt durch Percussion-Parts und Mitsingspielchen an Facetten und ist auch dank des mehrstimmigen Jahrhundertrefrains immer eine akustische Reise wert.
Der flotte Rocker "Lovers In The Night" von "IV" beweist darüber hinaus, dass nicht immer die Klassiker als Highlight herhalten müssen. Mit "Alone" und "Spanish Sea" haben Lukather und Co. auch zwei neue Stücke von der letztjährigen Best Of in petto, die zwar nicht ganz an die Qualität der letzten Studioplatten "XIV" und "Falling In Between" heranreichen, aber letztlich keine Ohrenfeinde abgeben.
Die zweistündige Werkschau gewinnt durch den gelungenen Spannungsbogen der Live-Platte. Vielen Versionen spendieren Toto instrumentale Leckerbissen, gerade Lukather brilliert auf den sechs Saiten. Ein Vergleich der Lukather-Version des Beatles-Evergreens "While My Guitar Gently Weeps" mit der aktuellen Yngwie Malmsteen-Missinterpretation zeigt, wer hier den Kürzeren zieht bzw. wer von beiden über den Längeren verfügt. Aber auch Sax ("Make Believe"), Piano ("I Will Remember") und Percussion ("Jake To The Bone") erhalten ihre Spots.
Für Kurzweil sorgt die Middle-Section in der die Gruppe in Medley-Manier kürzere Versionen von "Georgy Porgy" oder dem Michael Jackson-Track "Human Nature", das aus Steve Porcaros Feder stammt und erstmals auf "Thriller" erschien, abspult. Auch das Debüt-Doppel bestehend aus der funkigen Hardrock-Blaupause "Girl Goodbey" und dem zwischen Schmacht und Fetzen pendelnden "Angela" beweist eindrücklich den Stellenwert der Amis, die aus dem Stand mit ihrem Erstling ein Level erreichten, an dem viele andere Bands lange stricken mussten.
Der Sound ist ausgewogen, die Instrumente und Stimmen transparent im Mix platziert und ein spielerisch merklicher Abfall wie bei Rushs "R 30" zu "R 40" nicht feststellbar. Da auch die Setlist merklich Variation erfährt, trotzt "40 Tours" der Tatsache, dass der letzte Live-Release zum krummen 35. Jahrestag noch nicht lange zurückliegt.
1 Kommentar
Die in meinen Ohren mehr gelungene "While My Guitar Gently Weeps" Version ist von Regina Spektor vom Kubo and the two String OST.