laut.de-Kritik
Vielleicht sollten The Prodigy mal in Hannover reinschauen.
Review von Alexander CordasHannover. Kaum eine andere Stadt (vielleicht abgesehen von Bielefeld, Wanne-Eickel und Sprockhövel) gilt stellvertretend fürs langweilige Mittelmaß wie die niedersächsische Landeshauptstadt. Kein Wunder, dass die nach Mario Barth zweitunwitzigste Labertasche Oliver Pocher ausgerechnet von dort stammt.
Es gibt aber Kreativlinge in Hannover, die weit Interessanteres zustande bringen. Transmitter etwa, die mittlerweile ihre dritte Groove-Bombe aufs Volk loslassen. "Overloader" heißt das Teil und bietet ein großartiges Konglomerat aus programmierter Elektronik mit Rockismen und dem teils hip hoppenden Organ von Jeff Ogle.
Ziemlich düster und noisig kommt Album Nummer drei daher, ohne aber catchy Hooklines auszulassen, die anno 2010 aber weniger denn je im Pop-Kosmos verhaftet sind, sondern direkt und ohne Umschweife auf die Fresse geben. Die Single "Fall To The Floor" bringt die Quintessenz der aktuellen Transmitter auf den Punkt. Supersonisch baut sich die Wall of Sound auf, bis der Hörer am Ende die Waffen streckt. Passend dazu fadet der Song mit einer Flatline aus.
Neben diesem mit gebrochenen Beats durchsetzten Klopfer überzeugt vor allem das straight im Midtempo gehaltene "Never Mess", das eine paranoide Stimmung aufbaut und mit unwiderstehlichem Kopfnickerbeat für Verspannungen im Nackenbereich sorgt. So könnte es sich anhören, wenn man in der dunklen Seitenstraße einer Großstadt verdächtige Schritte hinter sich hört. Das passiert vielleicht sogar in Hannover.
Hört man sich Tracks wie das unwiderstehlich bollernd und sägende "Pull The Trigger" an, kommt man nicht umhin, einem Liam Howlett zu raten, mal Mo Heidrich auf die Finger zu gucken. Aus Niedersachsen knallt es bestimmt dreimal so heftig durch die Lande wie zuletzt im Prodigy-Hauptquartier.
"Kick And Rush" ist eine Nummer, die ihrem Titel gerecht wird und die kompromisslose Marschrichtung des Albums fortsetzt. Einzig und allein "Hong Babylon" fällt gegenüber seinen Tracklisten-Kollegen etwas ab. Eine Ballade gefällig? Das wär in Sachen Transmitter eher Monthy Python-mäßig. Also nix da. Druff uff die Wurst und gut ist.
3 Kommentare
ich strecke hier ehrlich gesagt einzig und allein die waffen des guten geschmacks. aber jedem das seine. ich sehe hier absolut nur auf dem papier ähnlichkeiten zu the prodigy.
Ja. Klingt auch für mich weniger wie The Prodigy - vielmehr wie Suicide Commando oder X Marks the Pedwalk. Gefällig düstere EBM für zwischendurch.
prodigy? will haben!