laut.de-Kritik
Zwischen Bluesparty, Hip Hop-Club und Rave.
Review von Eberhard DoblerAdrian Thaws fühlt sich auf dem eigenen Label offenbar pudelwohl. So wohl, dass nur anderthalb Jahre nach "False Idols" das nächste Album erscheint. Benannte er erstgenanntes noch nach dem Label, trägt das neue nun seinen bürgerlichen Namen.
Beides, der für Trickys Verhältnisse recht kurze Zeitabstand sowie der Plattentitel, könnte man auch als Ausdruck der eigenen Zufriedenheit deuten: "Keine Disziplin, ich habe viel Mist gebaut", bewertet er die eigene musikalische Vergangenheit schon seit längerem.
Heute dagegen werde seine Musik stärker, je weiter sich seine Persönlichkeit entwickle. Fans und Kritiker teilen diese Sicht auf den Backkatalog angesichts von Krachern wie "Blowback" (2001) nur eingeschränkt.
Natürlich bleiben gewisse Grundkonstanten bestehen: Neben dem altbekannten Genremix sind das beispielsweise Trickys Doppelvocal-Ansatz bzw. die vielen Gastbeiträge. Mit der irisch-italienischen Sängerin Francesca Belmonte - eine der stärksten weiblichen Tricky-Stimmen - kollaboriert er schon seit 2008.
Auf "Adrian Thaws" fallen zudem wieder die entschlackten Arrangements auf, die den Vorgänger kennzeichneten: Eher wenige und strukturierte Spuren mit klar verorteten Sounds, der gewisse Hang zum Chaos scheint noch mehr der Vergangenheit anzugehören.
Im Umkehrschluss geben aber weder das wunderbar butterweiche, fast meditative "Someting In The Way" noch die housige Elektropop-Single "Nicotine Love" (beide im Duett mit Francesca) so etwas wie einen Radiohit her.
Das clubbig deep pumpende "Right Here" oder das von einem bluesigen Akustiklick getragene "Keep Me In Your Shake" (eine weitere Kollabo mit Nneka) ebenso wenig. Früher oder später durchbricht Thaws fast jede aufkommende Harmonie mit einem irritierenden Sound bzw. kurzen Part. Oder bleibt gleich bei bedrohlich mäandernden Nummern wie dem kratzigen Polittrack "Palestine Girl", in dem er eine Beziehung mit einer Palästinenserin verarbeitet.
Tricky bezeichnet "Adrian Thaws" als Club/Hip Hop-Album - zumindest nach seiner Definition. Dafür stehen auch das London Posse-Cover "Gangster Chronicle" und der Gitarren-Breakbeat "Why Don't You": Beiden Tracks verleiht Bella Gotti die toughen weiblichen Raps. Gerade bei diesen Stücken tönt die Old-School aus jeder Pore.
"Ich wuchs mit Blues-Partys, Hip Hop-Clubs und Raves auf." Das fasst die Eckpfeiler der Platte ebenfalls recht gut zusammen. Vergessen hat Thaws in der Aufzählung höchstens Rockmusik. Gleichwohl setzt er besagte Genres nur fragmentarisch ein und puzzelt die einzelnen Elemente nach eigenem Gusto zusammen. Als Ganzes läuft die Platte dann gewohnt locker herunter: Die Deluxe-Ausgabe hat noch zwei Tracks mehr drauf.
1 Kommentar mit 26 Antworten
Alter... was is das fürn geiles Album? hab einfach mal im iTunes Store ne Hörprobe gemacht und mich hats gerade weggehauen. Habs gekauft.
Kanntest du den noch gar nicht? Dann check auf jeden Fall sein Album "Maxinquaye"!
Eigentlich nur das.
Leider nur das.
Naja, in das neuste könnte ich wenigstens noch reinhören.
Die wenigen "Headz", die ich zu der Zeit kannte, fanden mit dem "musikalischen Cousin" DJ Shadow ja zumindest temporär noch ein weiteres schnuckelig-vertracktes Heim. Dessen Platte "Endtroducing" darf man wohl im gleichen Atemzug mit Trickys "Maxinquaye" nennen, nicht jedoch mit Portisheads "Dummy" oder Massive Attacks "Mezzanine", imho.
Eigentlich darf man gar nichts im selben Atemzug mit Endtroducing nennen.
... und wenn dann "Deadringer" von RJD2, weil sich das noch am ehesten vergleichen lässt.
Deadringer ist schon grandios, aber zu "fröhlich", als dass ich es mit Endtroducing vergleichen würde. Wird wohl ne rein subjektive Sache sein, aber Endtroducing empfinde ich durchgehend (auch in seinen schnelleren Momenten à la Number Song) als sehr düster. Mein Soundtrack für nächtliche Fahrten in leeren, grellen U-Bahnen.
Das einzige Album, das von der Grundstimmung eine ähnliche Kerbe einschlägt, sehe ich in "Psyence Fiction" von UNKLE. Aber, welch Wunder, da war ja auch DJ Shadow dran beteiligt.
DJ Krush, anyone?
Okay, ich meinte eher von der handwerklichen Seite her: Instrumental, ein Produzent, Sampling. Aber verstehe was du meinst. Bei mir ist das übrigens "Untrue" von Burial.
Achso. ^^
Untrue könnte ich nochmal ne Chance geben. Hab ich nur vage als "ganz gut" in Erinnerung.
Mit DJ Krush hab ich mich jetzt nie so ausgiebig befasst... Was kann man sich von dem mal geben?
Ach, wenn wir schon bei instrumentellen, sampelnden, produzierenden Soundnerds sind: Amon Tobin spielt für mich mit seinen Alben "Permutation" und "Supermodified" ebenfalls in aller oberster Liga.
Nacht und Einsamkeit un zu anderen Zeiten stets belebten Orten?
Ganz klar noch zwei Gänge runter und Bohren & der Club of Gore, aus persönlicher Bindung am ehesten "BlackEarth" oder "Midnight Radio"
...letztere wäre übrigens eine meiner ersten Nennungen in dem noch zu erstellenden Thementhread "Alben, die genauso klingen, wie ihr Titel suggeriert".
"Bands, die genauso klingen, wie ihr Name suggeriert" wär in dem Zuge auch interessant. OCEANSIZE! First, bitch!
*in zu anderen...
@Morpho: "Bridge" von der Permutation konkurriert in meinem Kopf seit Jahren mit "The enemy guns" von Devotchka als eröffnungsmelodie für einen pseudo-Tarantino Kleingangsterfilm über meine Wahlheimatstadt.
Bridge wäre eher die Ocean's Eleven-Nummer, Devotchka schreien recht laut danach, doch noch von Tarantino (oder trashiger: Rodriguez) geehrt zu werden.
Bohren ist mir schon wieder fast zu reduziert. Mehrere Sekunden auf den nächsten Ton zu warten ist nichts für ungeduldige Menschen, wie mich.
Alben, die genau so klingen, wie ihr Titel suggeriert:
"James Last: Non Stop Dancing Vol. 3"
http://www.youtube.com/watch?v=6lC0PbK12pM stammt auch aus Trickys Feder.
Alben, die genauso klingen, wie ihr Titel suggeriert: "Nevermind".
@Morpho: Von Krush ist definitiv "Zen" mein Liebling, ist aber halt eher Rap-lastig.
Anspieltipp: "Vision of Art" mit Company Flow.
Und zu den Alben, die genauso klingen, wie ihr Titel suggeriert:
El-P: "I'll Sleep When You're Dead"
Alben, die genauso klingen, wie ihr Titel suggeriert:
"My love is like a bulldozer" von den Venetian Snares.
Ist sogar aus 2014
"Bands, die genauso klingen, wie ihr Name suggeriert" wär in dem Zuge auch interessant. OCEANSIZE!“
Zumindest im Hinblick auf die ersten beiden Alben und die beiden Ep's kann ich da nur zustimmen.
Alben, die genauso klingen, wie ihr Titel suggeriert:
Opeth: “Blackwater Park“
My Love IS a bulldozer, Verzeihung. Das cover dazu ist auch nicht schlecht, die darauf befindliche Musik i.Ü. auch nicht
http://www.planet.mu/image/discography/ZIQ…
Venetian Snares haben was Neues? Danke für den Hinweis!
Ich empfehle noch Tricky & Southrakkas Crew. Sein bestes Album nach Maxinquaye.
Doch klar kannte ich Tricky, hab irgendwann mal n paar Songs von dem auf YouTube gehört, war davon aber nicht sonderlich beeindruckt. Scheinbar hab' ich die falschen gehört ^^
@Morpho
DJ Krush - Jaku
Booo Haaa, Jaku gefällt mir auf Anhieb richtig gut. Danke!
Werd mehr von dem Herrn Krush checken.