laut.de-Kritik

Fantasy-Metal mit wohlplatzierten Stromstößen.

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Opernhäuser stehen für feine Anzüge und Kostüme mit Lackschuhen, für unverständlich affektiert geträllerte Texte, Geigen, Celli, Violas, Bratschen. "Arcanum (Da Vinci's Enigma)" würde im Opernhaus genauso funktionieren wie in Wacken. Nicht nur dieses Stück, das an den italienischen Opernkomponisten Giuseppe Verdi anknüpft, sondern auch andere Tracks wie "Amata Immortale" eignen sich dafür, auch klassikferne Menschen zu überzeugen. Zudem kreieren Rhapsody hier auch Metal für Metal-Abstinente.

Eine Live-Platte wäre angesichts des Drama-tauglichen Materials sicher passend gewesen, aber die Herren Turilli und Lione zogen es vor, jeden Ton im Studio unzählige Male zu optimieren, bis nun ein beeindruckendes symphonisches Spektakel vorliegt. Nicht jeder Nummer steht der überkandidelte Perfektionismus gut zu Gesicht, aber die meisten Tracks liefern vorbildlichen Fantasy-Metal mit wohlplatzierten Stromstößen und eingängigen Melodien. Ohne Drumherum und Einleitung landet "D.N.A. (Demon And Angel)" mitten im Power-Gebratzel.

Als Gast ist die Schwedin Elize Ryd von der schwedischen Band Amaranthe dabei, die im Januar 2020 zusammen mit Sabaton einige deutsche Hallen erschüttern. Elize verziert den Titelsong in einigen Passagen in ätherischer Tonsicherheit, die fast zum Ariengesang Tarja Turunen aufschließt. Als besonders starker Track fällt dann aber ein eher Progressive Rock-Metal-Hybrid auf, "Fast Radio Burst". In der basslastigen Abmischung steckt unmittelbare Wucht, das lockere Power-Metal-Schlagzeugspiel Alex Holzwarths steckt zum Headbangen an und die Ekstase von Dominique Leurquins Gitarre entfaltet sich hier ungehindert von irgendwelchem Opern-Plüsch.

Raum zum Durchatmen lässt die Platte wenig. Angesichts der Professionalität braucht es aber auch keine Oasen aus Zartheit und Ruhe. Das Pendel schlägt von der dick aufgetragenen Symphonic-Seite zum trockeneren Schlagzeug-Stakkato, wobei die vielschichtigen Melodie-Konstrukte klar überwiegen. Im A-capella-Break während der fünften Minute von "Decoding The Multiverse" liefert die Combo kurz die Erklärung, warum Rhapsody als Wort natürlich auf der "Bohemian Rhapsody" von Queen aufbaut, dem Urmutter-Song solcher Rock-Opern. Ein ähnliches Déjà-Vu bietet die fünfte Minute von "I Am".

Um ein bisschen Struktur in die vielen Besetzungen zu bringen, die sich nun Rhapsody nennen: In Wacken trat die Band in etwas anderer Besetzung auf und zog die Menge am 5. August 2011 in ihren Bann. Elf Tage nach dem fulminanten Auftritt erklärte die Gruppe ihre Trennung. Die verschiedenen Mitglieder wurstelten jeder für sich weiter, der Gründungs-Keyboarder musiziert unter dem Namen Rhapsody Of Fire mit einer neuen Crew. Das Resultat "The Eigth Mountain" erntete Anfang 2019 ein diverses Meinungsspektrum von völlig grauenvoll bis überragend und errang Platz 22 der deutschen und 25 der Schweizer Album-Charts.

In ihrer Heimat Italien erwartet man dagegen schon längere Zeit einen neuen großen Wurf von Ex-Gitarrist Luca Turilli. Das Intro zu "Multidimensional" klingt schon ein bisschen nach Filmmusik, Videospielmusik oder ähnlicher Funktions-Dramatik. Turilli verdiente als Produzent sein Geld, organisierte cineastische Begleitmusik für verschiedenste Multimedia-Produkte. Den starken, beinahe kitschigen Schlusstrack "Oceano" könnte man sich gut als Film-Score vorstellen. "Amata Immortale" nutzt wie "Oceano" zudem die italienische Sprache – eine gute Entscheidung für diese bombastische Inszenierung aus kraftvollen Choralgesängen und leisen Passagen voller Leidenschaft.

So virtuos Turilli, Lione und ihre reinkarnierte Rhapsody-Formation diese und manchen Titel vortragen: Von einer Suche nach "indischer Folklore", wie es der PR-Text verspricht, bemerkt man nichts, genauso wenig wie von "tibetanischen Schwingungen und persischen Einflüssen". "Zero Gravity (Rebirth And Evolution)" überzeugt als nettes, unermüdliches Spiel voller Freude an den Melodien.

Trackliste

  1. 1. Phoenix Rising
  2. 2. D.N.A. (Demon And Angel)
  3. 3. Zero Gravity
  4. 4. Fast Radio Burst
  5. 5. Decoding The Multiverse
  6. 6. Origins
  7. 7. Multidimensional
  8. 8. Amata Immortale
  9. 9. I Am
  10. 10. Arcanum (Da Vinci's Enigma)
  11. 11. Oceano

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