laut.de-Kritik
Neues von den Emo-Alternative-Heulsusen.
Review von Mathias MöllerEinen klangvollen Namen haben sich Two Gallants in den letzten zwei Jahren längst erspielt. Die Gigs, die sie nach der Veröffentlichung ihres phänomenalen "What The Toll Tells" spielten, ließen wohl niemanden unbeeindruckt zurück. Nun waren sie erneut im Studio und nach der Vorfreude weckenden EP "The Scenery Of Farewell" erscheint das selbstbetitelte dritte Album.
Das mal zärtliche, dann wieder impulsiv ausbrechende "The Deader" lässt den Hörer fast sofort wieder in den Schwelgemodus verfallen. Wie die beiden rauen Stimmen von Stephens und Vogel von einer Verflossenen singen, herrlich. Und wenn es in "Miss Meri" heißt: "Mama come and save me, nothing's sacred any more", dann weiß man auch, bei Two Gallants ist alles beim Alten. Es geht immer noch um die Zweifel, ob man auch das richtige Leben führt, um Desorientierung in der modernen Welt, um Enttäuschungen und Verachtung.
Der Anachronismus, den ihre Musik ausstrahlt, untermalt das Ganze vorzüglich. Musikalisch spielt das Duo nach wie vor in einer eigenen Liga, Nörgler mögen bemängeln, dass "Two Gallants" etwas zu sauber klingt für den old-time Hobo-Alternative-Bluegrass-Sound der Kalifornier (besonders gut zu hören in "Fly Low Carrion Crow"). Dennoch gilt: "We've got ways to numb your pain!" Oh ja!
Und so lässt Stephens seine Gitarre laufen, Vogel untermalt Gesang und Six-String mit seinem unaufdringlichen, aber trotzdem alles andere als simplen Drumming. Außerdem fällt auf, dass sich Two Gallants mittlerweile an eine Art Songgerüst halten. Es gibt Hooklines und kein Stück ist länger als sechs Minuten.
Auch in der Intonation scheinen sie gereift, zumindest sind Veränderungen eingetreten. Weniger Noiseausbrüche (wie beispielsweise auf "16th St. Dozens" von "What The Toll Tells"), dafür mehr leisetreterische Sounds ("Trembling Of The Rose"). Gleichzeitig versichert Stephens: "I'm as full of hate as I used to be."
Ich bin mir nicht sicher, ob der "Emo Country Song" witzig gemeint ist, aber: "If I could ever love myself I'd stop loving you" passt auf jeden Fall ins Emo-Schema. Und doch gleichzeitig so gut zu den Zwei Gentlemen. Sind sie das etwa? Die beiden Emo-Heulsusen des Alternative Country? Nun, wenn ich so schöne Musik zu hören bekomme wie die auf "Two Gallants, lasse ich mich gerne auch weiterhin von den Kollegen als Emo-Möller bezeichnen.
10 Kommentare
Stimmt schon, dass punkige fehlt halt diesmal.
aber nach heavyrotation erschließt sich einem ein doch wieder großartiges Album. Man solle es halt einfach nicht mit "What the toll tells" vergleichen!
"My baby's gone" und "The hand that held me down" sind einfach traumhaft!
Ich bin eigentlich nur mit den ersten beiden Titeln ("The Deader" und "Miss Meri") ein wenig uneins mit mir selbst. Nicht nur Hooklines sondern (besonders im Intro von "Miss Meri") einige ziemlich ausgeleierte Standard-Country-Figuren (auf den tiefen Gitarren-Saiten) meine ich da zu hören. Und wenn etwas auch nur den Hauch in Richtung Gunther Gabriel geht, ist es bei mir sofort vorbei.
Aber der gesamte Rest ab "The Hand That Held Me Down" ("Reflections of a Marionette" mit Abstrichen) verbreitet nach einigen Durchläufen wiederum die unnachahmliche Two Gallants-Magie. ""Fly low carrion crow" zum Beispiel: Unheimlich!
geile interviewsituation, die sich mir da vor dem inneren auge darstellt: "hey guys, do you know gunter gabriel? you sound just like him!"
Und warum genau hat die Band jetzt "Emo"-Ansätze?
ich bin mittlerweile ein ziemlich alter knacker, habe schon viel gehört und mute mir vieles wirklich nicht mehr zu, weil es einfach nur fade oder gewollt "anders" ist.
die beiden jungs hier sind einfach gut, originell, haben stil und konsequenz ohne sich zu wiederholen. mainstream ist glücklicherweise was anderes.
es macht spaß, ihnen zuzuhören, auch wenn man früher nur led zeppelin, the who, steve marriott, dylan, velvet underground und ähnliche ans trommelfell ließ.
wer sie nicht gehört hat, hat wirklich was verpasst. stark, wie selbstbewusst die beiden aufspielen, grenzen zwischen genres ingnorieren, das nehmen, was angebracht und zielführend ist: ohrwürmer außerhalb des mainstreams, es zeigt nur, dass sie unabhängig sind.
Nach oftem Hören hat sich bei mir eine Ernüchterung eingestellt. Das Album ist eine mittelgroße Enttäuschung. Zuviel Lücken-Country-Gedudel innerhalb einzelner Songs (sogar das sonst großartige My Baby's gone leidet auf Dauer doch zu sehr davon). Zu wenig Energie. What the toll tells ist und bleibt eines der top 3 Alben für meine ganz kleine, subjektive Musikwelt, aber das hier? Schlecht ist was anderes, aber großartig ebenfalls.