laut.de-Kritik

FDP-Erstwähler-Trap für Fortgeschrittene.

Review von

Was für ein schräger Typ Ufo361 doch ist; er macht ja überhaupt keinen Hehl daraus, sich für die integralste Figur im deutschen Trap-Game zu halten, den Vorreiter von überhaupt jedem und vermutlich auch den Erfinder der 808. Womit er seinen Status als Vize-Fler begründet, bleibt aber schwammig.

Klar, mit dem trendy Sound des letzten Jahrzehnts war er für unsere Verhältnisse früh dran, aber trotz eimerweise Alben fällt es schwer, eine musikalische Innovation zu sehen, die über das Bedienen eines Spotify-Knopfes hinausgeht. Aber auch wenn jeder, der Untergrund-Künstler wie Travis, Kanye oder Future kennt, sich den Sound selbst hätte zusammenklauen können, nennt er sein neues Album doch kackendreist "Destroy All Copies". Es finden sich auch wirklich ein paar inspirierte Momente auf dem Ding. Aber das hält nur so lang, bis es unter irgendeiner Stufe der dramatischen Ironie als Selbstzerstörungsknopf hochgeht.

Definitiv knüpft "Destroy All Copies" an "808" an, es klingt düster und intensiv und man spürt, dass hier eine ganze Menge Denkarbeit in die Produktion geflossen sind. Der 808 Mafia-Groove auf dem eröffnenden Titeltrack schlägt hart auf, die aufpeitschende Delivery am Ende von "Homerun" überzeugt, wenn sie in eine schräge, "Life Of Pablo"-eske Sample-Passage überleitet. "Too Much Money" flippt nokturnale Drake-Opulenz, und "Daniel Lee" baut instrumental verdammt viel Ambiente auf. Musikalisches Highlight bildet eindeutig der Beatswitch in einen wunderschönen House-Beat, der am Ende von "Engel" von einer Sängerin ausgefüllt wird. Einen so hellsichtigen und stark ausgeführten musikalischen Switch-Moment hat man in Deutschland noch selten gehört.

Es lässt sich allgemein sehr smooth durch die Laufzeit von "Destroy All Copies" hören. Die Mischung aus kleinen Momenten musikalischer Experimentierfreude und vielen Momenten von extrem kompetentem Genre-Schwarzbrot rechtfertigen seine Lines darüber, dass seine Kunst ihm wichtig sei – man bleibt definitiv mit dem Gefühl zurück, dass Ufo sich hier deutlich mehr reingehängt hat als auf "Stay High". Gerade bei einem Artist, dessen Mixtape-Inflation durchaus manchmal ein bisschen zynisch gewirkt hat, ist das nett. Das Herzblut ist in den Tapes nämlich definitiv ungleich verteilt.

Wenn es an die Texte geht, dann hat Ufo trotzdem einen schrägen Weg gewählt, seine Liebe für die Musik auszudrücken. Ein Gefühl von Schmerz, Missachtung und Melancholie liegt definitiv an der Wurzel des Projekts, stimmlich klingt das am besten, wenn er in die türkisch inspirierten Melodie-Läufe einhakt. Aber selten spricht er die Struggles explizit aus, stattdessen fordert er Ankerkennung auf die einzige Weise ein, für die er fähig ist: Mit einer brachialen Metrialismus-Orgie.

"Geh' jede Woche zu Prada, als wäre es Nahkauf / So viel Porsche in der Garage, ich brauch' ein Parkhaus", rappt er auf "Bauhaus", später dann "meine Scheine ziehen deine Frau aus". Dutzende Fashion-Namedrops muss man erwarten, immerhin unterhält Ufo inzwischen ja auch sein eigenes Modelabel und führt Interviews nach eigener Aussage nur noch mit Modemagazinen. Seine Leidenschaft für Fashion Weeks bleibt aber selten mehr als eine Leidenschaft für die Preisschilder. Kein einziges Mal verkörpert er hier ehrliche Wertschätzung für Mode als Kunstform oder eine Kenntnis über Marken, die nicht auch deine Tante kennen würde. Genau wie die Autos, die Frauen und die Drogen bleibt alles nur Stellvertreter für den Einkommens-Flex.

Da bleibt ein bisschen das Gefühl von Musik für FDP-Erstwähler im Mund zurück; Früher war er sad, jetzt ist er rich, als wären das genaue Gegenteile zueinander. Reichtum ist gleich Erfolg, ist gleich Glückseligkeit, ist gleich Erfüllung. So steht's im Text, auch wenn der emotionale Status Quo verrät, dass auch ganz viele Zimmer voller Taschen und Freundinnen (die sein Geld lieben) ihn nicht krass happy machen. Vielleicht ist das die Tragödie von "Destroy All Copies" und das "rich and sad"-Motiv wäre für den Trap-Kosmos ja auch keine Neuigkeit, aber wenn es die Pointe ist, dann wirkt Ufo darin nicht eingeweiht.

Songs wie "Keine Gnade", "Favourite Artist" oder "Flip$" klingen, als würde Ufo erwarten, dass er mit seinem Reichtum nun objektiv und unwiderlegbar unseren immerwährenden Respekt und mehr verdient. Eine schräg manipulierte Frauenstimme sagt ihm zwischendurch "Ich liebe dich, Ufo, ich liebe deine Autos, dein Geld, deinen Schmuck, einfach alles an dir" - und das fasst das Ding dann ja eigentlich auch ganz gut zusammen.

"Destroy All Copies" ist ein todtrauriges Album, und alle verstehen es, die Grafiker, die Hörer, allen voran die Produzenten – und Ufo versteht es wahrscheinlich auch, aber hält sich weiter vehement in der Rolle des heiligen Geldausgebers, ein Stück nutzlose Opulenz nach der anderen anhäufend, als würde er es alles mit ins Grab nehmen und im ewigen Pfandhaus dafür eine Seele kaufen können. Und das ist vermutlich irgendwo recht nahe an der archetypischen Trapper-Tragödie: Selbstzerstörung durch Materialismus, um es allen gezeigt zu haben. So ist zumindest eine Kopie am Ende von "Destroy All Copies" kaputt gemacht.

Trackliste

  1. 1. Destroy All Copies
  2. 2. Ryu
  3. 3. Keine Gnade
  4. 4. Favourite Artist
  5. 5. Homerun
  6. 6. Engel
  7. 7. Neue Sphäre
  8. 8. Bauhaus
  9. 9. Daniel Lee
  10. 10. Flip$
  11. 11. Too Much Money
  12. 12. Kobosil (feat. Kobosil)
  13. 13. Porsche

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8 Kommentare mit 40 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Auf einer stufe mit richrich und somit beste platte so far. Tolle experimente (too much money, engel, flips, kobosil) eingängige hitsingles (daniel lee, porsche,favourite artist) und dann noch die puren banger (homerun, bauhaus)

    Nahezu makelloses album.

    9/10

  • Vor 3 Jahren

    Das beste Ufo Album seit Rich Rich. Für mich 4/5 weil man merkt dass er sich dieses mal mehr Gedanken gemacht hat. „Engel" ist einfach ein Brett. Würde mir dennoch wünschen dass er wieder so wie 2018 rappt und nicht nur in wie jetzt häufig nur in dieser einen monotonen Stimmenlage.

    • Vor 3 Jahren

      Wundert wohl niemand, dass Du Lurch diesen Kernschrott feierst. :D

    • Vor einem Jahr

      DerWeißeHai deine komplette Internet Präsenz besteht daraus andere Leute aufgrund ihres Musikgeschmacks zu beleidigen du erbärmlicher Wurm

    • Vor einem Jahr

      Naja, nicht nur aufgrund ihres Musikgeschmacks.
      @wingo: Paralysiert durch das komplette fehlen von Interpunktion? :lol:

    • Vor einem Jahr

      bagatellisierst du gerade ne Behinderung, um mir eins auszuwischen? :angry:

    • Vor einem Jahr

      Welche Behinderung eigentlich?

    • Vor einem Jahr

      Na, Paralyse.

    • Vor einem Jahr

      Habe ich Paralyse geschrieben? Nein, ich schrieb paralysiert. Was synonym zu handlungsunfähig ist, zumindest in einer seiner Bedeutungen. Und der medizinische Begriff Paralyse ist an sich keine Behinderung, sondern ein Oberbegriff. Paralysen können durch Medikation induziert sein, können vorübergehend sein, oder sogar eine normale und wünschenswerte Sache. Du meinst eine Lähmung oder Plegie.

    • Vor einem Jahr

      Was Wingo eigtl meint ist, dass er einfach rummeldumm ist. :)

    • Vor einem Jahr

      "Habe ich Paralyse geschrieben? Nein, ich schrieb paralysiert."

      Und paralysiert ist ne Derivation welchen Wortes...?

      "Was synonym zu handlungsunfähig ist, zumindest in einer seiner Bedeutungen."

      Wenn du handlunsgunfähig meinst, dann schreib doch direkt das Wort. Und warum sollte mich jemandes Mangel an Interpunktion handlungsunfähig werden lassen? Wie könnte ich handlungsunfähig sein, wenn ich zwar nichts geschrieben, aber zumindest nen Emoji gepostet habe?

      Alles rhetorische Fragen, freilich. Die Antwort ist, du wolltest halt ein bisschen sticheln (weil du das eben nicht anders kannst) und hast dir ne unglückliche Wortwahl ausgesucht.

      "Und der medizinische Begriff Paralyse ist an sich keine Behinderung, sondern ein Oberbegriff. Paralysen können durch Medikation induziert sein, können vorübergehend sein, oder sogar eine normale und wünschenswerte Sache."

      Danke, google.

      "Du meinst eine Lähmung oder Plegie."

      Jo, und ne Lähmung und ne Plegie haben fast immer ne Behinderung zur Folge.

      @Craze: Ein sehr schwacher Provokationsversuch. Lösch dich einfach.

    • Vor einem Jahr

      Ich beginne langsam zu denken, dass craze da vielleicht einen Punkt hat. Als ob die Benutzung des Wortes "paralysiert" irgendwie problematisch oder diskriminierend wäre. Nix unglückliche Wortwahl. Und Fuck Google.

  • Vor 3 Jahren

    Bin eigentlich vor Jahren aufgrund des für mich zu häufigen und gleichförmig wirkenden Output aus dem Ufo ausgestiegen, das Album gefällt mir aber tatsächlich sehr gut. Gerade die experimentelleren Tracks heben das Album aus dem Trap-Album-mit-30-2-Minuten-Tracks-Sumpf hervor. 4/5