laut.de-Kritik

Seine Seele hat er in all den Jahren nicht verloren.

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In den letzten Jahren ist so viel über den Nordiren geschrieben worden, dass es schwer fällt, dem etwas hinzuzufügen. Nun liegt also das 41. Studioalbum des brillanten Musikers vor, das sechste in vier Jahren. Kein Wunder, dass weder Journalisten noch sein (bemitleidenswertes) Label Schritt halten können.

Das geht Van Morrison vermutlich am Hintern vorbei. Diesmal verzichtet er auf erlauchte Gäste wie Joey DeFrancesco oder Jeff Beck. Dafür lud er den Gitarristen Jay Berliner ein, der schon 1968 auf seinem Meilenstein "Astral Weeks" zu Werke ging, und singt ein Duett mit Bill Medley von den Righteous Brothers ("Fame Will Eat The Soul").

Morrison verzichtet diesmal auch auf Coverversionen, die in den letzten Jahren einen beachtlichen Teil seiner Tracklisten ausmachten. Die 14 Stücke sind allesamt neu und stammen aus der eigenen Feder, mit Ausnahme von "If We Wait For Mountains", das zusammen mit dem Liedtexter Don Black entstand. Auch nicht gerade ein Unbekannter, da er für viele Musicals und James Bond-Filme geschrieben hat. Einen Oscar hat er auch gewonnen, 1966 für "Born Free" des Komponisten John Barry.

Das Wesen des Albums besteht aber eher aus Morrisons grummeliger Stimme und der Band, die ihn seit Jahren begleitet. Wie gewohnt hört es sich an, als hätten sie die Stücke locker aus dem Ärmel geschüttelt. "Ich habe mich vom Gefühl leiten lassen. Wenn sie spielen, fühlt es sich an, als würden sie meine Gedanken lesen", erklärt Morrison. Was auf seiner Webseite freilich etwas kryptischer klingt: "You're just plugging into the feeling of it, more the feeling of it… when they're playing… It's like reading me. So, I think there's more of that connection".

Wie so oft gilt auch für "Three Chords And The Truth": Zurücklehnen und genießen. Überraschend, dass Morrison und Band nicht der Versuchung erliegen, das bereits Bekannte wiederzukäuen. Klar, jazzig angehauchter Rhythm And Blues ist und bleibt ihr Metier. Dank Berliner fällt dieses Album aber leicht gitarrenlastiger aus als zuletzt. Wenige Bläser, dafür mehr Klavier und Hammond-Orgel. "Early Days" bietet sogar klassischen Rock'n'Roll.

"Fame will eat the soul, until just you can't take it no more", erklärt Morrison im zweiten Track, gefühlvoll begleitet von Medley. Eine Erkenntnis, die bei ihm nicht zutrifft: Berühmt ist er, unverkennbar sogar, seine Seele hat er in all den Jahren aber nicht verloren. Obwohl ihn das Thema offenbar beschäftigt. Wie der Titel des folgenden Stücks ("Dark Night Of The Soul") verdeutlicht, hat er es im zarten Alter von 74 nicht mehr nötig, sich zu verkaufen. Die 'Gefahr' besteht eher darin, dass er in den nächsten Jahren einen weiteren Stapel an seelenreichen Alben aufnimmt.

Davor geht es aber erst mal auf Tour. Unter anderem spielt er zum Jahreswechsel im heimatlichen Belfast, Ende Januar/Anfang Februar 2020 an fünf Abenden in Las Vegas, im März dann an weiteren fünf in London.

Trackliste

  1. 1. March Winds In February
  2. 2. Fame Will Eat The Soul
  3. 3. Dark Night Of The Soul
  4. 4. In Search Of Grace
  5. 5. Nobody In Charge
  6. 6. You Don't Understand
  7. 7. Read Between The Lines
  8. 8. Does Love Conquer All?
  9. 9. Early Days
  10. 10. If We Wait For Mountains
  11. 11. Up On Broadway
  12. 12. Three Chords And The Truth
  13. 13. Bags Under My Eyes
  14. 14. Days Gone By

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