laut.de-Kritik

Wer zu lange träumt, verschläft.

Review von

Villagers, also der Ire Conor O'Brien mit wechselnden Gehilfen, legen mit "Fever Dreams" ein Album mit tollem Cover vor. Das schöne Bärchenbild unterstreicht, dass die Fieberträume nach eigener Auskunft eine Flucht vor der Realität bieten sollen. O'Brien will weniger luzide Klarträume, als vielmehr versponnene Schimären auffahren. Angesichts der unverbrüchlich guten Qualität der Vorgängeralben startet der eskapistische Ausflug natürlich guter Dinge.

Nach dem langweiligen Opener-Halbskit "Something Bigger" begrüßt einen mit "The First Day" eine der Singles des Albums. Mit der anderen, "So Simpatico", hat sie die maximal langweiligen Videos gemein, ebenso wie qualitative Probleme im Songwriting. "So Simpatico" fällt mäandernde drei Minuten zu lang aus, quält einen noch dazu mit dümmlichen Feelgood-Texten. "The First Day"s Probleme springen einem nicht dermaßen ins Gesicht, ein guter Song ist es aber auch nicht, trotz einem gewissen Schmiss.

Villagers waren schon immer gut in den Zwischentönen, in der Grauzone zwischen Mut zum Wagnis und Angst vor der eigenen Unsicherheit. Die Fanfare steht O'Brien nicht, er ist zwar stimmlich überaus besser ausgestattet als ein Refrainschmetterer wie Brandon Flowers, seine Stimme verliert aber ungemein an Spannung in den beiden Powerpopsingles und erinnert an die von Zach Condon. "So Simpatico" ist abgesehen davon flach wie eine Scheibe, "The First Day" reitet seine eine Melodieidee tot und ersäuft sich selbst im Wall of Sound.

Der deprimierende Beginn setzt eine niedrige Messlatte, die gottlob bald übersprungen wird: "Song In Seven" hat tatsächlich was von einem Fiebertraum. Herrlich verschrobener, reicher Folk, schraubt sich das Stück immer tiefer und fasziniert mit schönem Kontrast zwischen klaren Bläsern und verstörtem Schifferklavier. O'Briens so lange bewährtes Talent als Texter macht sich auf "Fever Dreams" leider rar, hier scheint es aber kurz durch die Fieberwolken; "It was a very good sea / ... / It answered me".

"Momentarily" ist ein feines, etwas zu entspanntes Stück. Aus der Schläfrigkeit holt einen "Circles In The Firing Line" wieder heraus, mit übersteuerter Stimme und feinem Loop. Der Song erinnert am meisten an die bisherigen Alben der Iren, gerät aber wiederum mindestens drei Minuten zu lang und in dieser Zeit viel zu handzahm. "Fever Dreams" krankt durchgehend an einer entspannten Stimmung, die gezwungen wirkt, konzeptionell überkandidelt. Als gäbe es erste Versionen der Songs, nach deren Fertigstellung sich Conor dachte: "Warte, das soll doch verträumt sein".

Man mag kaum glauben, dass O'Brien noch keinen Song mit dem Titel "Restless Endeavour" geschrieben hat, so sehr klingt der Name nach Villagers. Diesen einen hätte er sich aber sparen können. Diese "Ode To Human Spirit", wie sie in einer früheren Version des Albums im Titel genannt wird, ist schlicht kitschig. Das textlich stärkste Stück, "Inner Peace", in den Albumvorankündigungen samt Lyrics noch enthalten, fiel weg. Ein langes Lied über Zweifel, "Have I got some weird disease or is this inner peace?", hätte es dem etwas eindimensionalen Album wohl gutgetan.

"Full Faith In Providence" gibt sich verträumt, schön, aber auch ziellos. Eine Steppdecke auf der Veranda, die zu dünn ist, eine Reise ohne Sehenswürdigkeiten. Der Titeltrack "Fever Dreams" schafft den träumerischen Strudel, durch windschiefes Glockenspiel & etwas, das sich anhört wie ein Harmonium, aber wieder über drei Minuten zu lang. "Deep In My Heart" bietet ein tolles Spiel zwischen Piano, Stimme und einem Drone-Sound und somit einen versöhnlichen Abschluss.

"Fever Dreams" ist keinesfalls ein schlechtes Album, aber ein gutes eben auch nicht. Man verzweifelt als Hörer an den Restriktionen, die O'Brien seinem Talent unnötigerweise aufbürdet. Gemischt wurde das Album von David Wrench, der mit "Swim" und "Process" schon Großwerke verfeinert hat. Das und die lange Produktionszeit, die O'Brien investierte, hört man merklich heraus, handwerklich sitzt alles im oft komplexen Soundbild. Nur: Träume sind halt eher Gefühlssache.

Trackliste

  1. 1. Something Bigger
  2. 2. The First Day
  3. 3. Song In Seven
  4. 4. So Simpatico
  5. 5. Momentarily
  6. 6. Circles In The Firing Line
  7. 7. Restless Endeavour
  8. 8. Full Faith In Providence
  9. 9. Fever Dreams
  10. 10. Deep In My Heart

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