laut.de-Kritik
Im Westen nichts Neues.
Review von Philipp GässleinTitelseite der Juice, Titelseite der Backspin: Man könnte fast meinen, die vier Frankfurter Rapper Azad, Jeyz, Chaker und Sezai bieten ihrer Szene die krasseste Innovation seit Erfindung des Gangsterraps. Dabei unterscheidet die Crew rein inhaltlich wenig vom den durchschnittlichen Berliner Output der vergangenen Jahre.
Sicherlich, das Viertel, in dem alle Leute Waffen tragen, sinn- und grundlos Uppercuts verteilen und es immer nur regnet, heißt in dem Fall nicht Neukölln oder Wedding, sondern Frankfurt Nordweststadt. Doch das Verhältnis der Rapper zu ihrer Wahlheimat erscheint mir auf volle Distanz leicht paradox: Zum einen wird minutiös darauf hingewiesen, wie unfassbar hart das Strugglen um Cash für die Familie in der deutschen Kriminalitätsmetropole Nummer Eins ist - zum anderen scheint man tierisch stolz darauf zu sein, an Frankfurts Pole Position mitwirken zu dürfen. Aber gut, für die Erkenntnis, dass sich die meisten Probleme in Luft auflösten, wenn die Menschen nur einfach mal nett zueinander wären, wurden schon schlauere Leute als ich bekanntlich auch außerhalb der Mainmetropole ans Kreuz genagelt.
Im Westen also nichts Neues. Außer natürlich dem politischen Aspekt, auf den die Promomaschinerie derart aufbaut, als sei Politrap in Deutschland bislang ein Fremdwort gewesen. Sicher ist es lobenswert, Missstände anzukreiden, aber bei anderen funktioniert das auch ohne das Hochhalten ausgelutschter alternativer Stammtischparolen.
George Bush ist wahlweise Hitler oder nur eine Marionette seiner Lobbies? Amerika fühlt für Öl einen Krieg? Das alles wirkt, als ob in Frankfurt Nordweststadt in den vergangenen vier Jahren Tag für Tag der Zeitungsjunge erschossen wurde, bevor er seinen Job ausüben konnte.
Wenn der Kapitalismus wirklich so böse ist, gab es vor kurzem in Heiligendamm genug Möglichkeiten, seinen Protest kund zu tun. Zumal sich der Kopf der Gruppe in seinen Videos ja auch gerne mal schwarz vermummt zeigt. Und angesichts der vertonten Liebe zu Schusswaffen erscheint der Aufruf zur Unterstützung von Amnesty International wie ein leicht durchschaubarer Promomove.
Auch in punkto Rapskills bieten zumindest Chaker, Sezai und Jeyz wenig mehr als die Kollegen der zweiten Garde von Ersguterjunge oder Optik. Selbst Azad bleibt streckenweise ungewöhnlich blass. Allerdings kann sich die Produzentenriege der Frankfurter durchaus sehen lassen: Hausproduzent Sti, Blanco, M3 und Noyd sowie die Durchstarter phreQuinzy und Shuko zementieren für "Betonklassik" einen homogenen Klangteppich, der die verzweifelte Grundstimmung astrein transportiert.
Hören wir auf "Betonklassik" die ersten legitimen Nachfolger von N.W.A. in deutscher Sprache? Oder ist es doch nur eines von unzähligen Streetrapalben ohne weiteren Nährwert? Die Wa(h)rheit liegt wie so oft irgendwo dazwischen. Musikalisch hält die Platte den Hörer problemlos stundenlang bei der Stange. Geht man allerdings auf die proklamierten Weisheiten ein, die die Rapper in ihren Texten verbreiten, hebt sich das mit 13 Tracks auch recht kurze Album weder inhaltlich noch technisch von der grauen Masse ab. Daran ändern auch die Titelseiten der Backspin und der Juice nichts.
73 Kommentare
Review passt, ist ein ziemlich aussageloses Album und die "politische Message" ist arg dümmlich.
Eher kein N.W.A.-Niveau.
Und ich glaube sie rappen kein einziges Mal davon wie viel sie doch kiffen um das Leben in der harten Nordweststadt (die übrigens gar nicht so hart ist, bin mal durchgefahren und wurde nicht erschossen, Azad-Jünger in Rebook-Classis und Trainingshose hab ich zwar gesehen aber die waren alle Minderjährig) ertragen zu können. Könnte man wohlwollend als Steigerung sehen...
Ich sag ja immer: Wegziehen ist auch ne Option. Lässt sich natürlich nicht so optimal verkaufen.
Freut mich, dass Ihr die nicht sehr subtile und ausgelutschte Message der Frankfurter aus- und unschädlich macht:D
Antiamerikanismus ist soooooo öde!
Ab Polit-rap könnt ich kotzen.
So als alter Frankfurter kann ich sagen... die Stadt rockt. Im positiven Sinne. Von übermäßiger Gewalt oder gar ghettoesken Zuständen keine Spur (zumindest nicht mehr, als in jeder deutschen Großstadt) - In keinem Stadtteil...
ich find es ne schande, dass das album so schlecht bewertet wurde von laut.de, denn ich komme aus frankfurt und natürlich hat die kriminalität auch mit dem flughafen zu tun aber wenn man von hier kommt schreckt einen nichts mehr ab und nur weil einer hier mal mit dem auto durchgefahrn is, kann er nich über die nordi urteilen, nicht mal ich kann das, weil ich höchstrens einmal in der woche dort bin und nachts ist das leben auch nochmal anders außerdem, in frankfurt gibts natürlich viele schöne ecken, aber eben auch sehr viel elend nicht umsonst war bis letztens die taunusanlage in frankfurt der größte drogenpark von ganz europa, also erstmal informieren statt zu urteilen und zum album kann ich sagen, seeeehr hammer das ding, die wollten auch keinen roten farden im album haben, was auch mal cool ist und natürlich wird ab und zu mal übertrieben mit abschiessen, aber das macht jeder mal aber das album ist hammer und bekommt von mit 5 punkte
Ich selber bin sehr enttäuscht von dem Warheit Album, hatte sehr viel mehr erwartet. Verpeilte Lines, in die die Jungs versuchen was politisches zu zwingen und dadurch nur noch wie Clowns auf mich wirken. Gut gegen die musikal. Untermalung kann ich nicht sagen, aber der Rest ist nicht zufriedenstellend, leider.
Ich selber bin sehr enttäuscht von dem Warheit Album, hatte sehr viel mehr erwartet. Verpeilte Lines, in die die Jungs versuchen was politisches zu zwingen und dadurch nur noch wie Clowns auf mich wirken. Gut gegen die musikal. Untermalung kann ich nicht sagen, aber der Rest ist nicht zufriedenstellend, leider.