laut.de-Kritik
Kitschige New Age-Texte mit durchgeknallten Instrumenten.
Review von Giuliano Benassi"Dieses Licht ist für die Welt". "Ich werde dich zwei Mal anschauen, bis ich den Christus in dir sehe". "In stiller Freundschaft sitzen wir still im morgendlichen Gold". "Jeder Atemzug gehört dir, meine Liebe, jeder Atemzug gehört dir". "Suche das Licht, finde das Licht, spüre das Licht, sei das Licht". Aha. Wie haben wir Mike Scott, den Autor der zitierten Zeilen, gefunden, wie haben wir ihn verloren, um das Lied "Always Dancing, Never Getting Tired" zu zitieren?
In den 80er Jahren tat der schottische Songwriter alles, um den großen Erfolg zu vermeiden. Erst verscheuchte er interessierte internationale Labels, anschließend stieß er Fans und Bandmitglieder mit immer wechselnden Besetzungen vor den Kopf. Mittlerweile lebt er auf einer spirituell-ökologischen Lebensgemeinschaft in der Heimat und scheint Frieden mit sich und der Welt geschlossen zu haben.
Verloren gegangen ist ein feiner Kritiker gesellschaftlicher Verhältnisse. Geblieben ist ein Exzentriker, der nach wie vor alle Fäden seiner Band in der Hand hält und ein Gefühl für Melodien und Atmosphären hat. Gewonnen ist der Geiger Steve Wickham, der die Band 1990 entnervt verließ und nun wieder für etwas Stimmung sorgt.
Denn das Einzige, was an diesem Album halbwegs hängen bleibt, ist die musikalische Begleitung der allzu kitschig geratenen New Age-Texte. Ein stampfender Fuß begleitet Klavier und Gitarre im folkigen Opener "This Light Is For The World". Eine klagende Geige trägt das zarte "Christ In You". Neben bekannten Instrumenten kommen auch exotisch klingende Tonerzeuger zum Einsatz. In "Silent Fellowship" spielt Scott "earth resonator, waterkeys, rotosphere", was auch immer das sein soll, in "Seek The Light" kommen dagegen ein Didjeridoo und ein Sandawa zum Einsatz.
"Auf mathematische und astrologische Berechnungen gegründet, spiegelt das Sandawa die Vibrationsfrequenzen der Planeten und Sterne bei ihrer Reise durch das All. Auf 'Seek The Light' gibt es die Frequenz der Lichtgeschwindigkeit wieder." Das hört sich auf dem Papier recht durchgeknallt an, auf CD aber leider nur nach 80er Pop mit verzerrten Stimmen und Gitarren. Dieter Bohlen als Klangmeister des Universums?
Schon besser sind das nostalgiegeladene, von einem Klavier getragene "I've Lived Here Before", das lebendige Instrumental "The Dance At The Crossroads" und die einfühlsame Ballade "Peace Of Iona". Frieden, der von einer Insel im schottischen Meer stammt - ob Scott endgültig reif für einen Rückzug aus dieser Welt ist, wie es aus diesem Album hervorzugehen scheint, dürfte sich bei den anstehenden Liveauftritten seiner Waterboys zeigen.
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