laut.de-Kritik

Mehr als ein musikalisches "Atomkraft, nein Danke"-Transparent.

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Wenn die Menschheit sich ob ihrer Ignoranz eines Tages selbst zugrunde gerichtet hat, dann wird sich dieses Quartett hier vermutlich bereits in Sicherheit gebracht haben. Denn der Name der in Portland, Oregon beheimateten Band nimmt Bezug auf den Song "Wooden Ships" von Crosby, Stills & Nash respektive Jefferson Airplane. Dieser handelt vom Überleben eines Nuklearkriegs und der anschließenden Flucht im Boot aus Holz.

Mit jenen Bezugnahmen auf Naturalismus und Hippietum spielen die Wooden Shjips auf ihrer fünften Platte "V." bewusst. Denn nicht nur der Bandname ist schon einmal dagewesen, auch die Songtitel sind aus universellen Versatzstücken der Rock- und Pop-Geschichte collagiert: "Staring At The Sun" (13 Wikipedia-Treffer) oder "Ride On" (sieben Treffer) dienen an dieser Stelle nur als zwei willkürliche Beispiele, zu denen jedem gleich irgendein anderer Song einfallen dürfte.

Auf den ersten Blick scheint die Platte also eher müde zusammengeklaut. Dazu noch das zwar bunte, aber eher unspannende Albumcover, auf dem eine Hand das Peace-Zeichen formt. Hat "V." also nur den Anspruch, mit dem nicht zu leugnenden Psychedelic-Charme den Weltfrieden – zumindest innerhalb der Pop-Kultur – zu propagieren? Oder ist es mehr als ein musikalisches "Atomkraft, nein Danke"-Transparent?

Schon klar, dass man vom Gesang, den Mastermind und Sänger Ripley Johnson zwischen massiven Effekt-Walzen hervorbringt, keine intellektuellen Quantensprünge erwarten kann. Ein wenig mehr als die oben genannten Phrasen aus dem Baukasten hätte es dann allerdings schon sein können. Beispiel "Staring At The Sun": "I was feeling alone / staring at the sun / crowds of people walk on by / what a feeling to rise above clouds / ashes falling around the town / burning up", hören wir Johnson unvermittelt seine Beobachtungen während der Waldbrände in Portland letzten Sommer von sich geben.

Entwickelten die Wooden Shjips nicht dieses Hypnotische, man könnte wohl getrost beim Moon Duo, ein anderes Projekt Johnsons, bleiben. Doch genau darin liegt der Punkt: "V." erschafft einen Flow, der meditativ ist wie das Durchscrollen einer Facebook-Timeline. Man versinkt zwangsläufig, ungeachtet der Tatsache, dass man eigentlich immer schon weiß, was als Nächstes kommt. Selfie hier, Foodporn da – genauso verhält es sich auf "V." mit Bassgitarre und Drums, die minutenlang repetitiv ihrer Arbeit nachgehen. Man kann dann irgendwann einfach nicht mehr weghören. Und im Gegensatz zu Facebook fühlt es sich nicht schmutzig an, sich hiervon einlullen zu lassen.

Dazu kommt, dass diese vier Psych-Rock-Altmeister das Spiel mit der Song-Struktur blind beherrschen. Natürlich werden Refrains gezielt ausgelassen und durch zarte, riffartige Melodien umschifft (beispielsweise bei "Already Gone") und schließlich fransen die Songs in der Delay-Unendlichkeit aus. Schlussendlich ist ein Song wie "Ride On", der als verqueres Springsteen-Zitat durchgehen kann, einfach gutes Handwerk inklusive ausuferndem Gitarrensolo. In diesen Momenten löst sich die Band dann von den starren Konventionen der Neo-Psychedelia und man spürt wirklich die Freiheit, die die Wooden Shjips hier im Vorfeld versprochen haben.

Trackliste

  1. 1. Eclipse
  2. 2. In The Fall
  3. 3. Red Line
  4. 4. Already Gone
  5. 5. Staring At The Sun
  6. 6. Golden Flower
  7. 7. Ride On

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