laut.de-Kritik
Still got love for the streets.
Review von Thomas Haas"Chronic 2001, 50’s GRODT, Biggie’s Ready… and Doggystyle". Es gibt wahrlich bescheidenere Einflüsse, mit denen man sein Debüt-Album umschreiben könnte. Nicht so Young Gangsta alias YG, der in kongenialer Zusammenarbeit mit seinem Produzenten DJ Mustard eindrücklich beweist, dass auf Comptons Straßen weiterhin die Hölle los ist.
"Keenon Daequan Ray motherfucking Jackson/ I hope you ain't outside hanging with them gangbangers/ You gon' end up in motherfucking jail, like your damn daddy". Die Rufe der verzweifelten Mutter verhallen ungehört, YG hat es auf die Straßen gezogen. Dorthin, wo die ganzen Geschichten ihren Ursprung haben, die nicht nur die Hip Hop-Welt seit Jahrzehnten fasziniert – und dank Alben wie "My Krazy Life" auch nicht langweilt.
Von dem Moment an, als im Opener "BPT" die G-Funk-Synthesizer einsetzen, gilt nur noch eines: das Gesetz von Bompton. Genauer gesagt 400, Spruce Street, Herrschaftsgebiet der Tree Top Piru Bloods. Die Tradition vieler Westcoast-Klassiker weiterführend, lenkt das Album den Fokus sehr auf die Produktion. Anders, als Vorab-Singles wie "My Nigga" oder "Left, Right" vermuten lassen, ist diese tief verwurzelt in Großtaten früherer Helden wie Snoop Dogg oder Eazy-E.
"Bicken Back Being Bool" mit seinem bedrohlichen Outro, die von benebelten Synthie-Klängen geprägte Hook von "Meet The Flockers" oder das treibende "Really Be (Smokin' N Drinkin')" sind dafür nur die dringlichsten Beispiele. Natürlich lebt der Sound von DJ Mustard aber alles andere als nur in der Vergangenheit. Wäre wohl auch nur halb so spannend. Um dem entgegenzuwirken, mischt Mustard dem Ganzen eine mächtige Prise Stripclub-Sound à la "Rack City" unter.
Eine fast schon lächerlich deplatziert wirkende Violine in "Left, Right" auf monströsem Bass? Funktioniert! Die Standartrezeptur setzt sich hingegen aus der Mustard Trademark-Snare und unterkühlten Piano-Loops zusammen. Ein Sound, der zwar trivial klingen mag, auf der anderen Seite aber wie kein zweiter ins Ohr geht und tatsächlich hängen bleibt. "Mustard on the beat, hoe!", eben.
YG setzt am Mic allerdings ebenfalls Maßstäbe. Eine Präsenz, die ihresgleichen sucht, ein außergewöhnlicher Sinn für melodische Flows, einprägsame Phrasierungen und ein unverwechselbarer Slang (bloß kein "C"(rips), eingebettet in die glaubwürdigsten Hoodtales seit langem. Logisch, YG erfindet die oft bemühte Gangsta-Story nicht neu. Die Richtung der Platte geben unverkennbar Gewalt auf den Straßen Comptons, Frauen, Drogen und Gang-Interna vor.
"My Krazy Life" erzählt einen 24 Stunden-Plot, der den perfekten Mittelweg zwischen Eindimensionalität und verstrickter Metaphorik findet. Den besten Einblick in das Leben des Keenon Jackson erhält man in entwaffnend radikalen Tracks der Fremdgeh-Hymne "Do It To Ya" inklusive Tha Dogg Pound-Einschüben oder der vertonten Hausfriedensbruchs-Anleitung "Meet The Flockers". Wie zerbrechlich das Gesamtkonstrukt in Wahrheit ist, zeigen "Me & My Bitch" respektive "1AM".
Besonders Letzteres ist an Dramatik kaum zu überbieten. Auf trägem Instrumental rollen YG und Konsorten "on dubs durch die Straßen und zollen Dr. Dre Respekt. Doch dann geht plötzlich alles ganz schnell. Die Bande stürmt den nächstbesten Donutladen und räumt die Kasse aus. In völligem Überschwang über das Erbeutete werden die Jungs unvorsichtig. "Let's hurry up and leave/ I feel the police near us". Zu spät. Zumindest für YG. Die Kollegen lassen ihn zurück, während bei ihm die Handschellen klicken.
So kann es eben laufen in Compton. Der berühmt-berüchtigten Stadt, die sich spätestens seit Kendricks "good kid, m.A.A.d city" wieder zum Brennpunkt in Sachen Rap aufgeschwungen und nun durch YG und DJ Mustard gekrönt hat.
4 Kommentare
Einfach mal ein halbes Jahr zu spät, 5 Sterne vollkommen berechtigt! Album des Jahres
Gerade zweiter Durchlauf, sehr nice
Kein Rich Homie feature? Schade. Hat das Ding so Hits wie "My Nigga"?
damals zu Tode gehört