laut.de-Kritik

"Zwei Legenden aus Südhessen wie die Lochis."

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Als Texter mag er zu den begabtesten im Deutschrap zählen, doch immer wieder erweist sich Yassin auch als ungeheurer Opportunist. An der Seite von Audio88 tritt er scharfkantig auf, solo vollführt er einen Seelenstriptease, und auf "Isso" wanzt er sich nun eben an den drollig verpeilten Mädness heran. Dieser bedankt sich zum spleenigen Instrumental von "Oke Oke" dann auch pseudoselbstironisch für den Nonsens: "Für Yassin rapp' ich auf dem Album sogar paar Mal funny, weil er mir beim Schreiben hilft. Nächstes Album dann wieder der alte Film, wenn ich alleine noch Reime find'."

Vereinzelt finden die Rapper gelungene Ansätze. Wenn sie sich etwa in lebensfroher Atmosphäre von "Du Kannst Alles Schaffen" an skrupellosen Coaches abarbeiten. Es trifft die Richtigen, doch statt mit spitzer Feder geschrieben, klingt es eher so, als sei der Text in der Viertelstunde U-Bahnfahrt zum Studio entstanden. Auch das Trübsal blasende "Drama" klingt wie begonnen, aber nicht zu Ende gebracht. Sie bestätigen damit indirekt den Vorabeinblick, "zwei bis drei Songs pro Tag geschrieben" zu haben, sodass "Isso" im Schnellverfahren "innerhalb einer Woche" entstanden sei.

Da erscheint es beinahe putzig, wenn sich die beiden Kurzschluss-Rapper über ihre Mitstreiter erheben. "Rap-Mucke so dumm, es ist kaum zu begreifen. Wenige, wo mehr Hate, mehr Streitigkeiten, keine Szene so eitel", moniert Mädness in "WGNO", als bewege sich sein Schlurfi-Rap auf Grim104-Niveau, "Keine Artists so wahnsinnig scheiße, kein Business so dreckig, keine Bühne vor Schmutz so groß, keine Anhänger so ätzend." Singer-Songwriter seien ein positives Gegenbeispiel zum toxischen Hip Hop. Genau, denn deren Reihen sind bekanntlich frei von Missgunst, Einbildung und Scheinheiligkeit.

Wenn sich die beiden nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, rappen sie aneinander vorbei. "Gegen Die Wand" beginnt mit einem nett krächzenden Streicher-Intro, bevor Yassin sich mit Autotone-Gesang eben jenes Mittels bedient, das seine persönlichen Soloalben prägt. So fängt er mit seinem betrübten Part die eigene Überforderung ein. Mädness erklärt hingegen die Wahrhaftigkeit zur Pose. "Komm', wir saufen uns wieder mal Depressionen an", reduziert er psychische Probleme zu Lifestyle-Entscheidungen, "Endlich wieder Katastrophen, die Therapie muss sich auch lohnen."

Eigentlich müsste sich Yassin daran stören, doch mit Blick auf "Fake" scheint es ihm gänzlich egal sein. Zur Boom-Bap-Unterlage setzt er zur umfassenden Distanzierung an. "Alles, was ich mache, ist fake", erklärt er achselzuckend im Refrain, "Jeder Song, jede Platte ist fake." So albern das ganze Authentizitätsgehabe im Genre schon immer war, wirft dieser Widerruf einen Schatten auf sein fantastische Frühwerk. Wenn er in "Genau Wie Du" dann kleinlaut und aufrichtig klingen möchte, wirkt es um so verlogener, zu insistieren: "Meine es ernst, auch wenn es fake für dich klang."

Zahnlos klingen auch die Gäste Audio88 und Döll in "Mamas Bauch" sowie Moses Pelham in "Moses Freestyle". "Zwei Legenden aus Südhessen wie die Lochis", witzeln sie im letztgenannten Song über ihre Ähnlichkeit zu den einstigen YouTube-Stars. Doch der vermeintliche Scherz unterstreicht letztlich den Substanzverlust, der sich bereits auf Yassins letztem Album "Für Immer" angedeutet hat. Er selbst redet sich diesen in "Scheißegal Weil" indes damit schön, nun mal "endlich erwachsen" zu sein: "Welt geht unter, doch ich schlafe wie ein Baby, wenn die Zahlen stimmen."

Trackliste

  1. 1. Oke Oke
  2. 2. Gegen Die Wand
  3. 3. Du Kannst Alles Schaffen
  4. 4. Warso
  5. 5. Drama
  6. 6. WGNO
  7. 7. Moses Freestyle (mit Moses Pelham)
  8. 8. Fake
  9. 9. Genau Wie Du
  10. 10. Mamas Bauch (mit Audio88 und Döll)
  11. 11. Scheißegal Weil

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