laut.de-Kritik
Everyday-Atlanta-Trap mit Schleifchen.
Review von Yannik GölzWäre die Musik von Yung Kafa und Kücük Efendi doch nur halb so interessant, wie der Diskurs um sie es glauben macht. Das anonyme Trap-Duo mit dem schrillen Stimm-Gimmick wurde in den vergangenen Jahren mit Sachen verglichen, da möchte man vom Glauben abfallen: Mit Daft Punk, den Gorillaz, sogar Salvador Dali wurde zum Fan erklärt. Hört man ihr neues Tape, hört man davon aber nicht viel. Im Grunde ist ihr Sound auf "Yin Und Yang" einfach nur Everyday-Atlanta-Trap mit Schleifchen.
Gut, vielleicht ist das nicht ganz fair. Es gibt die Momente, in denen YKKE ihren Art Hoe-Bag aufblitzen lassen und durchaus künstlerische Ambition zeigen. "Baum Im Wald" bringt ein interessantes Bild auf, wenn Yung Kafa sagt, er ritze seinen Kontostand in eine Baumrinde.
Auch die Schlusslines auf "Unantastbares Feng Shui" machen Stimmung, gerade wenn die Zeile "die Flut kehrt vor meiner Tür" wiederholt wird. Es hat etwas für sich, die kopflose Materialismus-Assoziationskette des übrigens Textes ab und zu durch wehmütige Bilder aufzubrechen, sich trotzdem nicht darum zu bemühen, einen Pulitzer-Preis zu gewinnen und einfach einen Fick darauf zu geben, was die Hörer groß von den Texten denken.
Der Appeal all ihrer Mixtapes ist einfach: Die Beats sind geil, die Performances kopflos und intuitiv. Dass diese Stärke jetzt aber zum großen surrealistischen Kunstgriff erklärt wird, erinnert an die dreitausend Feuilleton-Artikel zu LGoony, Haiyti und Yung Hurn, die allesamt für die selben Stärken zur Dadaismus-Renaissance ausgerufen wurden. Dabei ist die Wahrheit, dass genau diese Stärken auf so ziemlich jeden Trap-Künstler seit Young Thug zutreffen. Ups.
YKKE haben natürlich noch ihr Vocal-Ding. Wer weiß, ob das in Zeiten von Playboi Carti, 645AR und SahBabii noch die Rebellion ist, für die es gehalten wird, aber musikalisch haben die beiden auch hier durchaus ihre Momente. Die Hook auf "Don" ballert, "Sumatra" baut eine stabile, warme Atmosphäre auf und auch "Moment" kommt gegen Ende noch einmal stimmig und einleuchtend daher.
Aber über neunzehn Tracks gerät der Hörgenuss mit diesem Konzept anstrengend. Ein bisschen Stockholm-Syndrom braucht es schon, um sich Track für Track wieder einzureden, dass das gerade ein nicht anders erzeugbarer Vibe sei. Kann man wirklich bestreiten, dass die Vocals zwischen gerade angemessen und völlig sperrig pendeln? Es ist weniger die Tonlage als die teils spürbare Anstrengung, darin ihre minimalen Drei-Ton-Melodien abzurufen. Auch ihr typischer Mix mit dem völlig überladenen Reverb schmiegt sich manchen Instrumentals besser an als anderen, des öfteren klingen die Songs überladen und unintuitiv.
Der Anspruch auf das große Kunstschaffen geht spätestens dann verloren, wenn man ernsthaft auf die Beats hört. Es gibt die Ausnahmen, wie das Fantasy-lastige Geklampfe auf "Baum Im Wald" oder den überaus stabilen House-Beat auf "Yoga", aber fast die Gesamtheit von "Yin Und Yang" könnte bedenkenlos auf ein Ufo-Album, ein Summer Cem-Album oder ein Mero-Album geschoben werden, und man müsse schon sehr pedantisch sein, um zu sagen, es würde einen großen Unterschied machen.
Die Einflüsse stechen einfach zu klar hervor, und es sind nicht die Elektro-Pionere, Vaporwave-Punks oder Synthwave-Klassiker, die ihnen nachgesagt werden. Das Album klingt ganz einfach nach Gunna und nach Travis Scott, und allein die Vorstellung, man hätte Ersterem den Beat von "Fibonacci Bres" geben können, macht ein bisschen mürbe, stattdessen nur das holprige Geplärre von YKKE zu kriegen.
Aber das ist ja auch nicht schlimm, dass sie nicht wie die Besten im Genre klingen. Vielleicht ist es einfach Geschmackssache, wie sehr man sich auf die Vocals des Duos einlässt. Aber selbst, wenn man es maximal genießt, hebt sie nüchtern betrachtet relativ wenig vom internationalen Trap-Standard ab. Sie sind eben ein weiterer Act mit einer etwas schrägeren Stimme. Die Anmeldungen zum künstlerischen Anspruch verstecken sich manchmal im Detail, aber der House-Song, die Pop-Anleihen auf "Zweiter Frühling" oder der verstrahlten Atmosphöre auf "Baum Im Wald" retten nicht über eine relativ generische Stunde 808-Getaumel auf dem Rest der Platte. Dass dazu traditionelle Deutschrap-Features von Celo & Abdi über SSIO bis Xatar relativ deplatziert klingen, lockert die Tracklist auch nicht auf.
Es gibt diese seltsame Aufspaltung in der Aufnahme von YKKE, dass man es entweder extrem gut findet oder noch nicht versteht. Aber "Yin Und Yang" entzaubert das Duo dahingehend, dass man ihre Idee durchaus verstehen und wertschätzen kann, ohne fundamental davon weggeblasen zu sein. Viele Sounds auf "Yin Und Yang" sind nicht die Zukunft, sondern schon sehr lange die Gegenwart. Mit ein paar Highlights und viel Playlist-Kost von der Stange bleibt dann von ihnen nicht viel mehr als Stimmen, die man mögen kann und ein relativ durchschnittliches Projekt.
6 Kommentare
Hässlichste Cover Liste, here we come.
Höre ich gerne rein
Diamonds war superbe
Musik und die dazugehörigen Artworks sind sehr ästhetisch und bilden ein schönes Gesamtpaket. Zudem ist der Materialismus nicht auf Gucci Gucci beschränkt, sondern greift etwas tiefer.
Ebenfalls erzeugen die Songs eine gewisse Atmosphäre, die durch Wortwahl und Vortrag gut unterstützt wird. Daher definitiv Musik, die man nicht jederzeit mal nebenbei laufen lassen kann. SUV zum Beispiel wirkt nachts auf der Autobahn definitiv anders, als morgens auf dem Weg zur Arbeit. Insgesamt ist es natürlich nicht die Revolution im Business, aber 3,5/5 würde ich mind. vergeben. Die Review wirkt eher so, als hätte man nicht die Musik an sich beurteilt, sondern lediglich anhand der geschürten Erwartungen geurteilt.
Keine Ahnung warum die gerade so gehypt werden. Unfassbar schlimmes Gejaule auf jedem Track. Absolut unhörbar! 1/5
Selten ein so unfassbar subjektives Review gesehen. Das finde ich schon sehr unpassend.
versteh den rant nun auch nicht so. ist halt lgoony-style im auf mainstream-niveau. für mich 3/5, weil zu lang, aber einzeltracks zwischendurch sind immer nice.