7. Juni 2018

"Es ist Zeit für politische Texte"

Interview geführt von

Basstard, Tamas, G-Ko und MaXXi.P sprechen über ihr Album "Gott Ist Tot", Trumps Iran-Politik, den Echo-Skandal, "Die Satanische Bibel" und deutsche Bürokratie.

Die Zombiez erheben sich aus ihren Gräbern, um mit Friedrich Nietzsche zu verkünden: "Gott Ist Tot". Seit einem Jahr bildet DJ Zombie Gr€¥ mit den Rappern Purple Z, Zombie Whytte, Zombie Red und Zombie BlΔck das Horrorcore-Kollektiv. Gemeinsam haben sie sich aufgemacht, mit düsteren Doubletime-Passagen und geshouteten Hooks über Dark Trap den viel zu heißen Frühsommer zu verdunkeln.

In einer einstündigen Telefonkonferenz zwischen Berlin, Hagen und Hannover entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch mit den Wiedergängern von Basstard, Tamas, G-Ko und MaXXi.P über die Gründung und Arbeitsweise des Projekts, fehlendes Abstraktionsvermögen des hiesigen Publikums sowie politische und religiöse Bezüge in ihren Texten. Zum Ende hin weicht die Lebhaftigkeit dem andächtigen Schweigen, wenn Purple Z über "menschliche Gesten", seinen neu gewonnen Status als Deutscher Staatsbürger und den gekündigten Iran-Deal spricht.

Ihr preist euch selbst an als "fresheste Rap-Band, die es je gab". Woran macht ihr das fest?

Purple Z: Am verfaulten Mundgeruch, keiner stinkt so wie wir. Deswegen sind wir die Freshesten. Die Kiefer hängen zwar schon runter, aber wir rappen halt trotzdem doppelt so schnell wie alle anderen.

Seit einem Jahr fungiert ihr nun als Zombiez. Purple Z und Zombie Whytte sind, besser bekannt als Basstard und Tamas, ja etablierte Szene-Größen. Dazu kommen noch Zombie Red und Zombie BlΔck, die als G-Ko und MaXXi.P auch das Duo Dick & Doof bilden, sowie euer DJ Zombie Gr€¥. Wie kam diese Konstellation zustande?

Zombie Whytte: Ich hatte Bock mal wieder Hip-Hop zu machen, anstatt nur Menschen zu fressen. Crystal F von Ruffiction hat zu mir gesagt, ich solle mich doch mal bei Purple Z melden. Der habe auch keinen Bock mehr, nur noch Menschen zu essen. Setzt euch doch mal zusammen. Zufällig waren BlΔck und Red auch da. Da dachten wir uns so: 'Wir sind ja komischerweise alle Zombies. Lass uns doch mal eine Gruppe aufmachen und alle Menschen zusammen essen.' Und dann haben sie gesagt: 'Ja, OK, machen wir das.'

Zombie Red: Wir haben Basstard vor langer Zeit schon mal nach einem Feature gefragt. Der Song heißt "Kreaturen" und ist auf dem Dick-und-Doof-Album. Das hat uns so toll gefallen, dass er meinte, er hätte Bock mal was zu dritt zu machen.

Purple Z: Die haben mir diesen Song geschickt und ich fand den wirklich übertrieben krass. Wenn mir normalerweise jemand einen Song schickt, sage ich: 'Bei 1.200 € bin ich dabei.' Als sie mir den Song geschickt haben, meinte ich: 'Darf ich da mit drauf? Ich will unbedingt mit darauf, egal was ihr macht.' Das war auf jeden Fall etwas Besonderes. Ich hab‘ selten etwas bekommen, von dem ich total überzeugt war. Da hat es sich eigentlich schon ein bisschen abgezeichnet, dass wir in Zukunft öfter was machen werden.

Zombie Red: Wenn Purple Z Komplimente macht, in dem er sagt, dass der "Kreaturen"-Song ihn geflasht hat, dann werde ich immer sehr rot. Deswegen heiße ich Zombie Red. Dieser Horrorcore-Style von ihm hat mich früher fasziniert. Er und DeineLtan waren auch eine der ersten in Deutschland, die Doubletime-Rap gebracht haben. Ich kannte das vorher auf Deutsch gar nicht.

Beschreibt doch mal wie die Aufnahmen für das Debüt abgelaufen sind.

Purple Z: Die Aufnahmen waren einfach so ein krasser Fluss. Teilweise haben wir drei bis vier Songs am Tag gemacht. Das ging so schnell vonstatten. Ich habe vorher noch nie erlebt, dass es so rausschießt wie eine Blutfontäne bei "Shining" im Hotel vor dem Fahrstuhl. Innerhalb von Sekunden sind diese Hooks entstanden. Manchmal hört man es auch, weil es meistens nur ein Satz ist, aber genau so wollten wir es auch. Wir wollten einfache und prägnante Hooks, die man schnell mit grölt. Genauso haben wir auch gearbeitet. Wir haben gesagt: 'Leute, die Hook zu schreiben darf nicht länger als fünf Sekunden dauern.' [Lacht] Sonst wird die schlecht. Dann haben wir ein bisschen herumgealbert und dann kam es einfach herausgeschossen. Die Arbeit war sehr intuitiv. Ich glaube, das Ding ist auch, dass wir alle schon so eine Erfahrung haben, auch mit den Doubletime-Parts, dass wir nicht groß darüber nachdenken müssen.

Zombie Red: Wir können uns manchmal gegenseitig ein bisschen helfen, wenn es an Reimen fehlt. Dann denken vier Leute auf einmal nach und es geht schneller.

Zombie BlΔck: Eigentlich schreibt Zombie Red ohnehin alles allein.

Purple Z: Er ist der Ghostwriter für alle. Was wir oft machen ist, dass einer seinen Part fertig macht, und dann der nächste da reingeht, zum Beispiel mit dem Reim oder der Flow-Struktur erstmal da anschließt und dann weiter macht und dann der nächste kommt. Also, dass wir tatsächlich Stück für Stück, einer schreibt seinen Part zu Ende, dann ist der nächste dran, dann ist der nächste dran, so, dass diese Parts ineinander übergehen und am Ende es wirklich so herüberkommt, als wäre das ein zusammenhängender Part, als hätte das nur einer geschrieben. Das haben wir ganz oft gemacht und das hat auch immer gut funktioniert.

Zombie Whytte: Ich war öfter leicht im Rückstand und musste noch was abliefern, der Letzte im Bunde. Zombie White, man nennt mich auch den weißen Geist, den Langsamen. Aber wenn wir zusammen gearbeitet haben, haben wir uns gegenseitig immer irgendwie gekickt. MaXXi am meisten, weil er immer am schnellsten fertig war und die geisteskrankeste Scheiße gemacht hat. Und dann hat Purple Z noch einen Part gemacht und dann war sowieso alles geistesgestört. G-Ko und ich konnten dann machen, was wir wollen, es wurde dann nicht geisteskranker.

Neben der Musik habt ihr euch eine sehr schlüssige Inszenierung für das Projekt überlegt. Angefangen natürlich bei den Social-Media-Kanälen über die Maskierung bis zu den neuen Pseudonyme. Wie habt ihr Zombiez konzipiert und wer ist für welches Element zuständig?

Zombie Whytte: Basstard und ich sind sowieso Zombie-Fans. Da waren Zombies wirklich das naheliegendste, weil wir nicht so ein Image haben wollten. Zombies haben halt kein Image. Die sind nicht cool, die tragen keine dicken Ketten, die sind nicht auf der Suche nach großartigem Ruhm, die wollen immer nur essen. Das war uns das Wichtigste. Außerdem war auch wichtig, dass wir uns keinen Crew-Namen geben wie Die Beginner oder Die Zombiez, sondern, dass das einfach ein kurzes und knappes Wort ist.

Zombie BlΔck: Ich glaube, der erste Arbeitstitel war "Kreaturen", aber damit waren wir noch gar nicht down und dann hat irgendwer Zombiez in den Raum geworfen und das hat einfach gepasst. Unsere Gesichter zu zeigen fanden wir eigentlich gar nicht geil, wir wollten erstmal so ein Mysterium daraus machen. Dann haben wir haben ein bisschen gescribbelt. Ich habe ein paar Entwürfe gemacht und Steve Bielke, ein Kollege von mir, hat das richtig krass ausgearbeitet. Dann haben wir in Amerika so einen Dude gehabt, Mike Skaggs, der hat uns die Masken nach Vorlage ausgearbeitet und umgesetzt hat

Zombie Whytte: Das Grundgerüst hat MaXXi gemacht, um nochmal auch deinen Schwanz zu lutschen, Digger.

Zombie Red: MaXXi macht diesen ganzen Artwork-Kram. Zombie Gr€¥ ist unser DJ, ich habe das ganze Album gemixt und noch zwei Beats beigesteuert. Tamas kümmert sich auch um Booking-Angelegenheiten und der Purple Z ist ja eh berühmt.

Purple Z: MaXXi organisiert auch sehr viel. So haben wir das alles ein bisschen aufgeteilt, das jeder seinen kleinen Bereich hat. Das macht auch echt viel Spaß mit den Jungs. Das ist richtig cooles, kollegiales Arbeiten.

Man sieht schon, dass das Konzept durchdacht ist.

Purple Z: Eigentlich haben wir uns gar nicht so den großen Kopf gemacht. Es ist wirklich natürlich entstanden. Da war kein großes Konzept hinter. Es hat einfach gepasst. Zu diesem Zombie-Ding hat jeder eine eigene Interpretation. Bei mir war es zum Beispiel so, dass ich halt so ein bisschen das politische Thema mit reinbringen wollte. Zombies stehen für mich für eine Art Kommunismus, weil der Zombie nicht individuell ist und immer in der Gemeinschaft arbeitet. Für mich ist das Zombie-Sein auch eine Art Sozialismus und das haben wir dann auch in ein paar Songs verarbeitet. Ich glaube, so wie ich hat jeder seinen eigenen Bezug zum Untotsein. Das hat einfach perfekt gepasst, weil jeder damit etwas anfangen und sich identifizieren konnte.

"Die Kirche ist ein Wirtschaftsimperium und kein Gotteshaus."

Das Zombie-Motiv war ja schon immer politisch aufgeladen, vor allem in den Filmen von George A. Romero. Bei "Dawn oft he Dead" ist der Zombie zum Beispiel der hirnlose Konsument, während er bei "Land of the Dead" die wachsende Unterschicht in einer Zweiklassengesellschaft symbolisiert. In dieser Tradition seht ihr euch auch?

Purple Z: Definitiv, wir sind schon leicht politisiert. Zwar würde ich uns nicht als Polit-Rap-Gruppe bezeichnen, aber wir machen sehr viele politische Texte. Das machen wir auch bewusst so. Ich finde, es ist auch einfach jetzt die Zeit dafür. Es ist wichtig, dass man sich positioniert und das tun wir auch definitiv.

Ihr sprecht auf der einen Seite vom Sozialismus und auf der anderen nutzt ihr mit "Gott ist tot" ein Friedrich-Nietzsche-Motiv. Wie interpretiert ihr diesen Satz für euch?

Purple Z: Wir haben auch im Intro das komplette Zitat von Friedrich Nietzsche aus "Der Tolle Mensch". Das haben wir im Zombie-Style mit düsterer Musik unterlegt. Im Endeffekt ist eher eine Gesellschaftskritik. Wir sagen, dass die Leute Gott so oft missbrauchen, dass es schon schlimm ist, wenn man sagt, man sei religiös, weil man sich dann auch in einer Richtung positioniert, in die man vielleicht gar nicht gehen will. Ich sage jetzt IS oder extremistische Christen. Es gibt ja in jede Richtung Religion, die schief gegangen ist. Wenn man sich alleine die Kirchen in Europa ansieht, in Italien oder in Deutschland, die Unmengen von Geld verdienen und so viele Besitztümer haben. Denen gehört halb Deutschland an Immobilien und das ist halt gar nicht der Sinn der Kirche. Das ist ein Wirtschaftsimperium und kein Gotteshaus. Deshalb ist diese Kritik eher an die Kirche und die Gesellschaft gerichtet, als an Menschen, die gläubig sind.

Zombie Red: Ich glaube, die Leute, die sich über den Titel aufregen, sind diese Pseudoreligiösen. Die sind auch viel schlimmer als wir, denn sie hassen uns dafür, dass wir nicht gläubig sind. Aber wir haben doch nichts gegen die.

Nietzsche stand moralischen Systemen kritisch gegenüber, wie im Prinzip "Jenseits von Gut und Böse", das auf dem Album auch anklingt. Aber gleichzeitig seid ihr hochmoralisch, wenn ihr vom Sturz des ungerechten Kapitalismus sprecht oder euch zwischen den Zeilen für die Armen und Schwachen einsetzt. Wie passt das zusammen?

Purple Z: Wir sehen das auch so. Es gibt nicht dieses Gut und Böse. Jeder hat gute und jeder hat schlechte Seiten. Wir wollen auch nicht die Moralapostel raushängen lassen und sagen: Wir sind die besten und alle anderen sind scheiße, sondern wir sagen auch, wir sind genauso vergammelt wie der Rest der Menschheit. Wir sehen das wenigstens und wir reden darüber. Das ist das, was uns von der Masse unterscheidet, auch von der Hip-Hop-Szene, die halt größtenteils wirklich nur dieses ganze Bling-Bling-Ding repräsentiert. Ich würde auf jeden Fall sagen, dass ich damit nichts anfangen kann, wenn jemand die ganze Zeit über Klamotten oder fette Karren erzählt. Da versuchen wir auch ein Gegenpart zu sein.

Zombie Whytte: Aber es gibt schon politische Rapper. PTK ist glaube ich das beste Beispiel.

Ihr geht mit der Konkurrenz auch hart ins Gericht. In "Friss Dein Geld" heißt es: "Hirnlose Kiddies fressen die ekelige Grütze, die man ihnen auftischt. Eine Scheibe Trap-Beat mit 'ner Portion Autotune als Aufstrich". Haben Spongebozz oder Zuna bislang einfach nicht verstanden wie man hörbare Musik kreiert?

Purple Z: Die machen auf jeden Fall gut hörbare Musik, aber es ist immer ein zweischneidiges Schwert.

Zombie BlΔck: Wir meinen damit mehr diese Fließbandproduktion von Musik, weil Musik heutzutage nur noch Konsum ist. Genauso hört sich die Musik auch an. Davon wollen wir uns einfach entfernen. Man hört es auf dem Album auch raus. Da sind viele musikalische Facetten, komplett genreübergreifende Produktionen. Das wollten wir einfach damit ansprechen.

Purple Z, du hast Pionierarbeit für Horrorcore in Deutschland geleistet. Wo siehst du die stilistischen Unterschiede zwischen deinen Soloalben und Zombiez?

Purple Z: Bei meinen Soloalben ist alles immer sehr ernst, episch und muss auch sehr durchdacht sein. Bei Zombiez muss das nicht unbedingt so sein. Da bin ich viel freier. Wir machen einfach, worauf wir Bock haben. Bei Basstard war ich schon ziemlich eingeschränkt, was das angeht. Ich habe mir selber voll viele Grenzen gesetzt. Bei Zombiez ist es halt Freiheit. Du kannst machen, was du willst. Ich glaube, das hört man auch. Es macht einfach viel mehr Spaß. Man kann über jeden Scheiß rappen und es ist geil. Es ist auch immer mit einem Augenzwinkern. Man nimmt das jetzt nicht so ernst. Ich glaube, das ist alles sehr wichtig, weil wenn man sich selber immer diese Grenzen setzt, wird die Musik irgendwann kacke. Deswegen ist es ganz geil, da mal auszubrechen und irgendwas ganz Wildes zu machen.

Zombie Red: Ich finde, dieses Zombiez-Ding macht auch insofern frei, als dass man es vielleicht nicht so übel nimmt, wie wenn das wer anders rappt. Zum Beispiel bei Dick & Doof haben sich immer richtig viele aufgeregt: 'Oh, er kann doch nicht rappen, dass er 'nem Kind den Arm abreißt.' Aber jetzt, wo wir Zombies sind, ist es irgendwie nicht mehr so schlimm, weil Zombies sowas ja machen.

Es ist ein interessanter Punkt, dass die Leute schlecht abstrahieren können. Wenn du als "du selbst" auftrittst, erkennen sie nicht, dass das ebenso eine Inszenierung ist wie bei Zombiez.

Purple Z: Genau, das wurde immer sehr ernst genommen. Die Leute haben auch erwartet, dass ein Massenmörder hinter dieser Musik steckt. Jetzt bei Zombiez ist es einfach klar. Die Leute wissen, dass das Leute sind, die Masken auf haben. Wir haben letztens sogar vor Kindern gerappt. Sogar die haben es verstanden, dass alles Spaß ist. Ich glaube, das ist schon sehr gut so, dass man jetzt alles sagen kann und die Leute nehmen das gar nicht ernst. So kann man viel mehr schlimme Sachen sagen. [Lacht]

Ist das ein deutsches Phänomen, dass die Leute nicht in der Lage sind, das zu begreifen?

Zombie Red: Auf jeden Fall, das Paradebeispiel ist gerade der Echo. Kollegah und Farid, zwei Gangsterrapper, sagen etwas Antisemitisches. So wird es ja dargestellt. Aber wenn es in einer Zeichentrickserie wie "South Park" vorkommt, ist es nicht schlimm, weil es ja Zeichentrick ist.

Zombie BlΔck: Genauso wie mit Gewaltdarstellungen oder religiösen Sachen, muss man sich mal "South Park" angucken. Wenn man das öffentlich sagen oder rappen würde, würden sich auch alle einscheißen. Das ist ja auch sehr politisch, ein gutes Beispiel auf jeden Fall.

Zombie Whytte: Wenn wir früher unser Album rausgebracht hätten, dann wäre wegen uns der Echo abgesagt worden! Wir haben das alles so ein bisschen belächelt, aber sowas interessiert uns auch gar nicht. Das ist halt so unwichtig, was daraus in der Medienwelt Deutschlands gemacht wird. Das ist so unsinnig. Alle berichten darüber, machen damit Geld. Die schaffen den scheiß Echo ab, um dann zwei Tage später irgendeinen neuen Scheiß-Preis zu erfinden. Alle so: 'Oh, Marius Müller-Westernhagen hat seinen Echo zurückgegeben. Oh, ich muss jetzt meinen Echo auch zurückgeben. Wenn ich das nicht mache, bin ich auch Antisemit.' Wie behindert das ist!

"Einerseits verstehe ich Trump sogar..."

Auf Nietzsche kamen wir bereits zu sprechen. Ihr habt auch Anton Szandor LaVey, dem Verfasser des Grundlagenwerks der Church of Satan "Die Satanische Bibel", einen Song auf dem Album gewidmet. Wieso?

Purple Z: Anton Szandor LaVey hat wirklich auf den Punkt gebracht, dass alles mit dieser Religiosität fake ist. Der hat gesagt: Leute, ich mache jetzt auch einfach eine Religion, Da geht es aber nur um die schönen Sachen, da geht es nur um Lust und das, was der Mensch wirklich mag. Das soll alles nicht verboten werden wie bei anderen Religionen, sondern sogar extra ausgelebt. Das ist viel ehrlicher als Religionen. Ihr wollt das? Euer Körper sagt, ihr braucht das? Dann macht es doch einfach, anstatt so zu tun als bräuchtet ihr das gar nicht.

Zombie BlΔck: Anton hat in der Satanischen Bibel gesagt, dass der Mensch seine von Grund auf natürlichen Triebe verdrängt. Er lebt dadurch in Schande, schämt sich für alles und fühlt sich sein Leben lang schlecht, obwohl man es sowieso macht. Die Zehn Gebote wurden von ihm quasi umgedreht. Das behandeln wir in dem Song. Natürlich gibt es auch Sachen in der Satanischen Bibel, die wir nicht unterstützen wie den Materialismus. Auch das Manipulative kann ich nicht gutheißen. Aber man kann sich immer die guten Dinge rausnehmen. Man muss ja nicht das ganze Buch vertreten. Aber es stehen viele Sachen drin, die uns ansprechen.

Aber ist es nicht generell ein Problem bei Religionen, dass du alles mit kaufst, sobald du dich einmal anschließt?

Purple Z: Es kommt darauf an. Es gibt ja Leute, die ultrareligiös sind und jeden Scheiß mitmachen. Und es gibt Leute, die sagen: 'Naja, ich glaube an Gott, aber ich muss jetzt nicht fünfmal am Tag in die Moschee gehen oder jeden Sonntag in die Kirche, sondern glaube für mich an Gott'. Ich glaube, das ist der vernünftige Weg. Wenn du ultrareligiös bist, landest du schnell in Gruppe oder Strömungen, die das ganz leicht ausnutzen können. Man sollte auch die Politik und die Religion trennen. Du siehst ja was zum Beispiel im Iran sonst passiert. Da wird das einem so krass aufgezwungen, dass die Leute das hassen, die da aufwachsen und damit nichts mehr zu tun haben wollen. Das ist auch schade, weil so viel Kultur verloren geht. Im Endeffekt sind wir auch ziemlich pro religiös. Wir sagen: Religion ist eigentlich eine gute Sache, aber nicht so wie das von vielen gelebt wird. Wenn man sagt: 'Ich glaube halt an Gott.' Dann glaub an Gott, das ist dein Ding, das ist deine Privatsache. Aber wenn das aufgezwungen wird, ist das immer falsch.

Im Booklet hebt ihr ein Zitat besonders hervor: 'Alle scheinheiligen Frommen behaupten, ihre Feinde zu lieben, und wenn ihnen Unrecht widerfährt, trösten sie sich damit, das Gott sie schon bestrafen wird.' Welche Bedeutung hat das für euch?

Purple Z: In dieser Gesellschaft ist es einfach so: Sobald du zu nett bist und Sachen mit dir machen lässt, werden auch Sachen mit dir gemacht. Die Leute nutzen das gnadenlos aus, so ist halt unsere Gesellschaft. Das Nettigkeit nicht als Nettigkeit wahrgenommen wird, sondern immer als Schwäche. Ich persönlich habe viele solche Erfahrungen gemacht. Ich war immer sehr nett war und am Ende immer der Angearschte, weil die Leute das gar nicht respektieren oder schätzen, wenn man nett ist. Ich finde, das ist richtig schlimm. Das ist einfach falsch. Nettigkeit ist keine Schwäche, sondern eine menschliche Geste. Wenn man das ausnutzt, ist man auf jeden Fall ein ziemliches Arschloch. In der Satanischen Bibel steht viel davon, dass man sowas nicht mit sich machen lassen soll. Das ist wirklich etwas, das in dieser Gesellschaft leider notwendig ist, dass man zurückschlägt, bevor man selber untergeht. Das ist leider so.

Du hast vorhin den Iran erwähnt. Du wurdest in Teheran geboren und bist früh als politischer Flüchtling nach Berlin gekommen. Bestehen heute noch Verbindungen zum Iran?

Purple Z: Naja, ich bin ja mit zwei Jahren nach Deutschland gekommen. Da war ich noch nicht politisch, aber mein Vater war der politische Flüchtling. Ich habe immer noch Familie im Iran, zu denen ich auch Kontakt habe. Es ist also immer noch eine Verbindung da. Ich höre auch gerne iranische Musik.

Welchen Blick hast du auf das Iran-Abkommen und die Aufkündigung durch die US-Regierung?

Purple Z: Ich bin da sehr zwiegespalten. Einerseits verstehe ich Trump sogar, wenn er sagt: Dieses Abkommen bringt uns nichts, weil der Iran in den Hinterzimmern immer weiter macht und Aktivitäten betreibt, die er eigentlich nicht machen sollte, obwohl es nicht wirklich in dem Vertrag festgehalten wurde. Aber andererseits denke ich mir, dass es für die iranische Bevölkerung scheiße ist, weil die am Ende unter den Sanktionen leiden und nicht unbedingt das Regime. Die werden weiter ihre Geschäfte mit China oder Russland machen. Im Endeffekt wird die Bevölkerung darunter leiden. Ich mag das Regime auch nicht unbedingt, aber man kann es nicht übers Knie brechen. Also ich würde es auf jeden Fall falsch finden, wenn die USA da einreiten und versuchen würden, einen Regime-Change herbeizuführen. Das würde in einer Katastrophe enden wie in Afghanistan, Irak oder Syrien.

Die EU sagt im Grunde ja auch, dass sie sich in einem Dilemma befindet. Einerseits versuchen sie die Sanktionen zu umgehen, andererseits wollen sie weder die Geschäfte mit noch die diplomatischen Beziehungen zu den USA gefährden.

Purple Z: Aber das ist das Krasse. Ich finde, die EU sieht eher die geschäftliche Seite. Sie schieben immer vor, Sicherheitsinteressen zu haben, aber im Endeffekt sind das ganz deutlich Wirtschaftsinteressen, die sie dort verfolgen. Israel ist auf jeden Fall gefährdeter als Deutschland.

Aber wenn es nur um die Wirtschaft ginge, wäre die Entscheidung ja klar. Dann würde die EU den Iran nicht weiter unterstützen und sich auf die Seite der Vereinigten Staaten stellen, weil mit denen mehr Handel betrieben wird.

Purple Z: Aber sie haben schon ziemlich viele Geschäfte am Laufen. Die wollen natürlich nicht, dass diese im Sand verlaufen. Ich weiß aber auch nicht, in welchem Umfang bereits Deals abgeschlossen wurden. Nachdem die Sanktionen aufgehoben wurden, waren die Deutschen ja auch einer der Ersten, die direkt in den Iran gefahren sind, um Deals abzuschließen. Die haben da bestimmt eine Menge am Laufen. Aber das ist halt Insider-Wissen.

Du selbst hattest jahrelang gar keinen Pass und bist jetzt endlich Deutscher. Wie ist es dir gelungen, dich durch den bürokratischen Dschungel zu schlagen?

Purple Z: Ey, das war richtig hart! Ich habe dafür fast zehn Jahre lang gekämpft. Dazu könnte man ein eigenes Interview zu machen. Es ist halt echt eine lange Geschichte. Aber im Endeffekt hat alles geklappt. Ich bin mega happy und endlich frei. Ich konnte zum ersten Mal wirklich reisen. Ich kann so viele Sachen machen, die ich vorher nicht konnte. Megageil, das kann ich jedem empfehlen. Ein Deutscher Pass ist echt topp! [Lacht]

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