laut.de-Kritik
Energiegeladenes Doppelpack zum Powerpreis.
Review von Giuliano BenassiDie AC/DC-Preisoffensive geht in die nächste Runde. Nachdem es im Herbst 2003 all ihre Alben für unglaubliche 1,99 EUR bis 4,99 EUR zu kaufen gab, legen sie mit diesem DVD-Doppelpack nun auch preisgünstige Videosequenzen vor. Eine Aktion, die um so erstaunlicher scheint, da AC/DC nach wie vor zu den internationalen Top Acts gehören. Wie die vorliegenden zwei Livemitschnitte eindrucksvoll beweisen.
1996 gastieren die Australier mit dem Studioalbum "Ballbreaker" in Madrid. Die Stimmung ist eindrucksvoll: Vor der riesigen Bühne in der lokalen Stierkampfarena quetschen sich tobende Massen, die Nähe der Tribünen zum Geschehen erzeugt einen geschlossenen Raum, aus dem die Begeisterung nur so spritzt. Nachdem eine gigantische Abrissbirne einen Papmachépalast platt gemacht hat, erscheinen die Mitglieder der Band in den Trümmern und bringen mit "Back In Black" das Publikum sofort hinter sich. Es folgt eine zweistündige Show, die von einem Höhepunkt zum nächsten eilt. Darunter Angus Youngs Striptease bei "Boogie Man" und seine Soloeilage in "Let There Be Rock", bei der er auf den Schultern eines Roadies auch mal auf der anderen Seite der Arena erscheint. Wie er so präzise und fetzig spielen kann, obwohl er wie von der Tarantel gestochen Kilometer auf der Bühne abspult, bleibt sein Geheimnis.
Die vier Auszüge aus dem damals neuen Album ("Hard As A Rock", "Boogie Man", Hail Caesar und "Ballbreaker") fügen sich gut in die Reihe der beliebtesten Stücke ein, von denen sie kaum eines auslassen. Mit "Whole Lotta Rosie" und einer riesigen aufblasbaren Puppe beginnt der finale Showdown, der mit dem Kanonenfeuer von "For Those About To Rock" ihren letzten Höhepunkt findet.
Ein tolles Konzert, das duch die gelungene Regie auch im Wohnzimmer gut rüberkommt: Etliche Kameras halten das Geschehen auf der Bühne und im Publikum fest, der Schnitt ist dynamisch und abwechslungsreich. Brian Johnson verliert zwar zunehmend seine Stimme, angesichts der Gitarrensalven von Angus Young stört das aber kaum. Schon eher die Aufnahmequalität der Musik, die erstaunlich platt rüberkommt. Höhen und Tiefen sind schlecht abgemischt, immer wieder ist ein Griff zur Fernbedienung nötig, um die Lautstärke zu regulieren. Ein Problem, das beiden Videos anhaftet, bei entsprechendem Bierkonsum aber bald in den Hintergrund tritt.
Dass die Güte eines Konzerts nicht unbedingt von der Anzahl der Zuschauer abhängt, beweist "Stiff Upper Lip Live". 2001 im Münchener Olympiastadion aufgenommen, sind nach offiziellen Angaben 67.000 Menschen anwesend. Die Stimmung ist ebenso ausgelassen wie fünf Jahre zuvor in Madrid, bei der Größe des Austragungsortes ist sie aber schwerer einzufangen. Obwohl die technischen Möglichkeiten noch vielfältiger sind - ein langer Steg führt von der Bühne ins Publikum, ein Hubschrauber liefert beeindruckende Bilder von oben, - kommt die Begeisterung nicht so gut rüber.
Ein riesiger bronzefarbener Angus ziert den Hintergrund der Bühne, der Gitarrist in Fleisch und Blut zappelt trotz kurz und spärlich gewordenem Haar wie eh und je in der Gegend rum. Noch mehr als in Madrid gerät das Konzert zur Best Of-Veranstaltung: Das einzige Stück aus ihrem 2000er-Werk "Stiff Upper Lip" ist der Titeltrack. Dafür gibt es die selten gespielten "What Do You Do For Money Honey" und "Up to My Neck In You". Angus entledigt sich seiner Schuljungenuniform in "Bad Boy Boogie" und zeigt wie gewohnt seinen Arsch, diesmal von einer Deutschlandfahne bedeckt. Es fehlen auch nicht die Glocke zu "Hells Bells", die Puppe zu "Whole Lotta Rosie" und die Kanonen zu "For Those About To Rock", dem klassischen Abschluss eines AC/DC-Konzerts. Das Publikum fordert so laut eine Zugabe, dass die Band sogar mit der Tradition bricht und sich für ein abschließendes "Shot Down In Flames" noch mal auf die Bühen begibt.
Zusätzlich zu zweimal zwei Stunden Konzert enthält das Paket auch ein Backstage-Interview im Olympiastadion und das Video zu "Ballbreaker" inklusive eines lustigen "Making Of". "I am coming from Bavaria ... AC/DC iz ze best in all my life" erzählt ein angereister Fan mit Matte und Schnurrbart. Mehr ist für den Preis also kaum zu verlangen. Schade nur, dass "Let There Be Rock" mit dem verstorbenen Bon Scott nicht auch Teil der Box ist. Leider ist dieser Film immer noch nicht als DVD zu haben - nicht mal zum gewöhnlichen Preis.
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